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Sol Bondy & Fred Burle von One Two Films: Eine neue Ära

2025 wird die Berliner One Two Films 15 Jahre alt. Weil aber ein ereignisreiches Jahr hinter der Firma von Sol Bondy und Fred Burle liegt und es aktuell gute neue Nachrichten gibt, greifen wir dem Jubiläum schon einmal in einem Gespräch mit den beiden Geschäftsführern vor.

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Sol Bondy und Fred Burle leiten One Two Films (Credit: Florian Liedel / One Two Films)

One Two Films wird im kommenden Jahr 15 Jahre alt. Aber auch über das Jubiläum hinaus verspricht 2025 ein spannendes Jubiläumsjahr vor Sie zu werden. Gebt Sie uns doch erst einmal einen kleinen Rückblick, bevor wir zum Ausblick kommen. Was waren die wichtigsten Meilensteine seit der Gründung in 2010 und wie seid Sie als Partner zusammengekommen?

Sol Bondy: Die Firma wurde im Oktober 2010 gegründet. Den Anstoß gab damals mein guter Freund Christoph Lange, der mich ermutigte: Lass uns eine Firma gründen. Ich kam frisch von der Filmhochschule und hätte im Traum nicht an eine Firmengründung gedacht. Aber Christoph, obwohl nicht aus der Branche, war nicht nur ungeheuer ansteckend, er war auch bereit zu investieren. Es war klar: Das ist eine einmalige Chance! Wir produzierten erst Debüts, und eines davon war „Youth“ des Israelis Tom Shoval – der Film lief auf der Berlinale im Panorama und war bei The Match Factory im Weltvertrieb. Da haben wir quasi das erste Mal die Luft auf der internationalen Bühne geschnuppert und die ungeheure Freude und Aufregung verspürt, wenn man das Plakat seines Films in mehreren Sprachen sieht. Für mich war damals klar: Davon will ich mehr – und habe es auch absolut legitim und genauso erfüllend empfunden, nur Koproduzent eines Films zu sein. 

Sie haben schnell Fuß gefasst auf dem internationalen Parkett…

Sol Bondy: 2015 und 2016 waren zwei besondere Jahre. 2015 lief unsere indische Koproduktion „7 Göttinnen“ in Toronto und wurde von dort in die ganze Welt verkauft. 2016 lief unsere finnische Koproduktion „Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki“ in Cannes, in der Un Certain Regard – und gewann dann den Hauptpreis! Später kam dann nach der Europäische Filmpreis als „European Discovery“ dazu, sowie die erste Oscarkampagne, Finnland hatte den Film für den Auslandsoscar ausgewählt. 2018 wurde dann noch besser: „The Tale – Die Erinnerung“ von Jennifer Fox wurde schlagartig zum Film der #MeToo Bewegung und wurde aus Sundance heraus für sechs Millionen Dollar an HBO verkauft. Nominierungen bei den Spirit Awards, Golden Globes und Emmys folgten. Und kurz danach, auf der Berlinale lief dann „Der Buchladen der Florence Green“ von Isabel Coixet, der später drei Goyas gewann und bis heute rund 14 Millionen Dollar am globalen Boxoffice eingespielt hatten. Variety wurde um diese Zeit auf uns aufmerksam und führte uns auf ihrer jährlichen „10 Producers to Watch“ auf. Man kann sagen, dass wir da auf dem internationalen Parkett angekommen waren.

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Ido Fluks „Köln 75“ mit Mala Emde (Credit: Alamode / One Two Films)

Fred Burle: Sol und ich haben uns Ende 2016 in der DFFB kennengelernt, da gab er einen viertägigen Workshop, mein letztes Seminar als Student. Er sprach darüber, dass die Firma bald jemand neues brauchen würde. Einen Monat später stellte er mich seiner damaligen Geschäftspartnerin Jamila über Skype vor, und ein paar Tage später bekam ich die Zusage, als Assistent der Produzenten einzusteigen. Ein paar Monate später wurde ich zum Project Manager umbenannt und nach etwa einem Jahr durfte ich als Junior Producer für die Firma reisen. Zwischen 2021 und 2022 übernahm ich dann erste Projekte als Produzent. Es hat sich alles so organisch entwickelt, dass sowohl Christoph als auch Sol und auch ich gleichzeitig zum Fazit kamen, es wäre Zeit, dass ich Partner werde. Das entsprechende Gespräch fand in Cannes 2022 statt, als unser nächster Meilenstein, „Holy Spider“ von Ali Abbasi, im Wettbewerb war, und im Januar 2023 habe ich dann unterschrieben. Mein erstes akquiriertes Projekt, bei dem ich auch im Lead war, ist „Armand“ von Halfdan Ullmann Tøndel. Er lief dieses Jahr in Cannes, wurde mit dem Camera d’Or ausgezeichnet, frischgebacken auf der Oscar-Shortlist und hat gerade eben erst den Europäischen Filmpreis als „European Discovery“ gewonnen. Das zweite Projekt, das ich allein betreut habe, ist „Peter Hujar’s Day“ von Ira Sachs, der im Januar Weltpremiere in Sundance feiert und nun auch für die Berlinale bestätigt ist – als einer von zwei unserer Filme. Und es kommen 2025 noch mehr Filme, auf die ich mich sehr freue.

„Dadurch, dass wir so viel auf internationalen Festivals, Märkten und Labs unterwegs sind, ergibt sich ein großes internationales Netzwerk.“

Fred Burle

Sie sind Spezialisten für internationale Koproduktionen. Woran liegt das, wie kam es dazu? 

Fred Burle: Ich denke, es liegt in unserer Natur, sich für internationale Projekte zu interessieren. Sol ist in England geboren, auf Mallorca aufgewachsen und erst dann nach Deutschland. Ich bin Brasilianer und wollte immer die Brücke zu dem europäischen Kino bauen, weshalb ich erstmal fürs Studium hergezogen bin. Wir lernen bei jedem Projekt auch so viel über verschiedene Länder und Kulturen. Das reizt uns. Dadurch, dass wir so viel auf internationalen Festivals, Märkten und Labs unterwegs sind, ergibt sich ein großes internationales Netzwerk, und über die jahrelang entstehenden Freundschaften kommen zum Glück viele tolle Projekte zu uns. 

Sol Bondy: Ich glaube, auch unsere Flexibilität ist hier sehr wichtig. Wir schauen uns jedes Projekt genau an und überlegen, wie unser optimaler Beitrag sein kann. Sei es die richtigen Cast- oder Crewmitglieder vorzuschlagen, inhaltliche Mitarbeit am Buch oder im Schnitt – und natürlich auch die finanzielle Beteiligung. Je mehr, desto besser in der Regel. „Holy Spider“ ist ein schönes Beispiel: Eigentlich sollten wir lediglich Koproduzent sein, etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Finanzierung stellen und uns um die Postproduktion kümmern. Dann kam Covid, und alles war anders. So wurden wir Hauptproduzent, übernahmen die komplette Verantwortung für Vorbereitung, Dreh und Postproduktion – und gingen mit etwa 45 Prozent auch finanziell in den Lead. Zu guter Letzt kann man vielleicht auch sagen, dass im Team, also mit Koproduzenten, alles leichter ist: Man teilt sich das Leid – aber die Freude wird verdoppelt!

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Renate Reinsve in „Armand“ (Credit: Eye Eye Pictures)

Wie sieht es mit Ihrem Bemühen um primär deutsche Stoffe aus?

Sol Bondy: Auch da sind wir aktiv, allerdings leider nicht so intensiv. Wir finden tatsächlich selten deutsche Stoffe, die internationales Potential haben. Das ist unser Maßstab: Wir wollen Filme produzieren oder koproduzieren, die ein Publikum auf der ganzen Welt ansprechen können. Das kann im Thema stecken, aber auch in der Machart oder Handschrift der Regie. Wir gucken sehr viele Filme – vor allem Fred! – und beschäftigen uns täglich intensiv mit dem internationalen Markt. So entsteht ein Gespür dafür, was sich verkaufen kann – und was vielleicht auch nicht. Leider haben es deutsche Filme im Ausland oft nicht einfach, das haben wir zum Teil am eigenen Leib schon erfahren. Der beste Indikator ist oft, ob sich in der Frühphase ein Weltvertrieb für das Projekt interessiert.

„Wir wollen Filme produzieren oder koproduzieren, die ein Publikum auf der ganzen Welt ansprechen können.“

Sol Bondy

Jetzt müssen sie von „Köln 75“ mit Mala Emde und John Magaro in den Hauptrollen erzählen, der zweite ihrer aktuellen Titel, der nach Berlin eingeladen wurde und Weltpremiere im Berlinale Special Gala feiern wird.

Sol Bondy: Vor etwa fünf Jahren wurden wir auf die unglaubliche Geschichte von Vera Brandes aufmerksam gemacht, die 1975 als 17-Jährige das berühmte „Köln Concert“ von Keith Jarrett auf die Beine gestellt hat – und fast gescheitert wäre! Ein großartiger Stoff, mit eingebauter Fanbase – Keith Jarrett hat unverändert Fans auf der ganzen Welt – und internationaler Schlagkraft – allein, weil das Doppelalbum sich weltweit fast vier Millionen Mal verkauft hat. Die Idee hatte der New Yorker Regisseur und Autor Ido Fluk, aber wir empfinden es trotzdem als deutsche Geschichte. Es ist jedenfalls ein deutscher Film geworden – zu 90 Prozent! Dass der Film auf der Berlinale laufen wird, fast exakt zum 50. Jubiläum des Köln Concerts, freut uns riesig!

Wie finden Sie Ihre Projekte?

Fred Burle: Die meisten Kooperationen ergeben sich über Freundschaften. Man lernt sich zuerst als Menschen kennen, und dann kriegt man Lust – oder eben nicht -, Filme zusammen zu machen. Sol war früher öfters auf Märkten und Labs unterwegs und hat sich ein großes Netzwerk gebaut, das uns heute noch Stoffe anbietet. Mittlerweile verreise ich meistens dafür. Manchmal findet man Projekte direkt auf Festivals und Labs. So liebe ich es, auf das Torino Film Lab zu fahren. Manchmal kommt das erst später. Ich bin ein großer Kinofan und habe schon eine klare Vorstellung davon, mit wem ich arbeiten möchte. Wenn ich unterwegs bin, nutze ich die Chance, diese Menschen aktiv anzusprechen, die ich bewundere. Wenn man sich gut versteht, dann kommen die Projekte. Ich liebe die Talents und die Partner, mit denen wir aktuell zusammenarbeiten, glaube an sie und habe vollsten Respekt vor ihnen. Das ist die beste Basis. Erfolg ist dann nur eine Konsequenz aus diesem Sich-Zusammentun.

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Kathrin Kohlstedde vom Filmfest Hamburg mit Sol Bondy (l.) und Fred Burle (r.) von One Two Films mit Halfdan Ullmann Tøndel von „Armand“ (Credit: Martin Kunze/Filmfest Hamburg)

Es wirkt so, als ob gerade eine neue Ära bei One Two Films eingeleitet wurde – aber gleichzeitig ist die Firma ihrer Handschrift treu geblieben. Kann man das so sagen?

Fred Burle: Wir bleiben dem World Cinema treu, das ist sicher. Und wir brauchen weiterhin Projekte, die internationales Potenzial haben. Früher hatten wir Koproduktionen mit Indien, Finnland, Island, Dänemark, Israel. Was als Nächstes kommt, sind einfach neuen Farben, die wir in unserer Palette noch nicht hatten: Brasilien, Marokko, Malta, Jemen, Palästina. Diese Kulturen sind mir besonders nah, sowie die Themen, die in diesen Filmen besprochen werden. Es ist wirklich aufregend! Und weiterhin haben wir einen Softspot für englischsprachige Projekte, haben Koproduktionen mit UK, Kanada und den USA. 

Sol Bondy: Neue Ära – das gefällt mir! Aber ich muss auch sagen: Es ist zum großen Teil Freds Verdienst. Er ist seit zwei Jahren Partner, und seine großartige Arbeit trägt jetzt Früchte. Ich kenne keinen Produzenten, der so viele Filme im Kino schaut wie er. Das ist ein unglaublicher Vorteil, weil er sich perfekt auskennt. Auch was Casting betrifft. Es ist schon oft vorgekommen, dass Fred die entscheidende Idee hatte, jemanden zu besetzen. Für mich ist das eine große Entlastung, nicht allein für die Stabilität der Firma die Verantwortung zu tragen. Es erlaubt mir dann auch, ein besserer Vater und Partner zu sein, denn meine Frau ist auch Regisseurin, und jeder von uns muss die Möglichkeit haben, die Kinder mal eine Zeitlang zu übernehmen.

„Wir bleiben dem World Cinema treu, das ist sicher. Und wir brauchen weiterhin Projekte, die internationales Potenzial haben.“

Fred Burle

Was erwartet uns und Sie in 2025?

Fred Burle: Wir haben fünf Filme in der Fertigstellung, darunter unsere Produktion „Köln 75“ von Ido Fluk, über den Sol bereits sprach. Ich habe „Peter Hujar’s Day“ von Ira Sachs mit Ben Whishaw und Rebecca Hall koproduziert, der Film wird wie gesagt in Sundance und auf der Berlinale laufen, worüber ich mich sehr freue! Hinzu kommen noch die neuen Werke von Kleber Mendonça Filho, „The Secret Agent“ mit Wagner Moura in der Hauptrolle, und Alex Camilleri’s zweiter Spielfilm „Zejtune“, nachdem er in Sundance 2021 mit seinem Debutfilm „Luzzu“ zweifach ausgezeichnet wurde. Maryam Touzanis dritter Spielfilm und gleichzeitig spanischsprachiges Debut „Calle Malaga“ wird im Moment in Tanger gedreht und soll auch im Laufe 2025 fertig werden. Es ist also ein vielversprechendes Jahr, das uns viele Freude bereiten wird. Davon bin ich fest überzeugt.

Sol Bondy: Es gibt auch zwei weitere Filme, die im Prinzip fertig finanziert sind und nächstes Jahr gedreht werden. Da wäre zum einen „Any Other Night“, eine englischsprachige romantische Komödie, die in Berlin spielt. Regie führt der Niederländer Michiel ten Horn, eine Koproduktion mit Kanada und Holland; zum anderen sind wir über ZDF/ARTE in einen großartigen Debütfilm der jemenitisch-schottischen Regisseurin Sara Ishaq eingestiegen. Der Film spielt im Jemen und ist eine wunderbare und herzzerreißende Geschichte über ein Land, das seit zehn Jahren im Krieg lebt.

Und wie geht es aus Ihrer Sicht mit der Branche weiter?

Sol Bondy: Im Moment ist etwas Unklarheit für 2025. Das ist natürlich ein massives Problem, denn die Reform sollte eigentlich Planungssicherheit bringen, jetzt haben wir genau das Gegenteil. Aber dadurch, dass die meisten unserer Filme nicht allein aus deutschem Geld finanziert werden, trifft es uns vielleicht nicht ganz so hart wie viele unserer Kollegen. Wir haben zum Glück schon zwei Filme so gut wie fertig finanziert, und beide werden nächstes Jahr gedreht. Und es gibt zwei bis drei internationale Koproduktionen, wo wir ähnliche Anteile wie unsere ausländischen Partner finanzieren wollen – der Sweetspot liegt bei Projekten mit einem Budget von vier bis acht Millionen Euro, gerne englischsprachig, gerne mit bekannten Darstellern.

Fred Burle: Die Herausforderung wird für uns sein, dieses Momentum trotz der schwierigen Lage in der Branche zu behalten. Wir sind im Gespräch für einige richtig tolle Projekte für die kommenden Jahre, aber aufgrund dieser Unklarheit in Deutschland kann es gut passieren, dass wir ein paar Züge verpassen. Das macht uns natürlich Sorgen. Außerdem gibt es die finanzielle Herausforderung, die Firma trotz dieser Umstände über Wasser zu halten, denn selbst bei einer kleinen Firma wie unserer – außer uns beiden gibt es noch unsere Kolleginnen Daniela Ramin als Herstellungsleiterin und Iuliia Kaplieva als Assistentin – sind die Overheads nicht zu unterschätzen. Ansonsten lassen wir uns überraschen, welche Türen unsere neuen Projekte öffnen.

Die Fragen stellte Thomas Schultze.