Mit erfolgreichen Formaten wie „LOL“, „Perfekt verpasst“ oder „Die Discounter“ hat sich Prime Video längst einen ausgezeichneten Ruf als Spezialist für humorvolle Unterhaltung erarbeitet. Mit „Gerry Star“ geht es ab 10. Januar nahtlos weiter (hier unsere SPOT-Besprechung). Wir haben uns mit den jungen Kreativköpfen dahinter, Max Wolter & Tom Gronau, unterhalten.
Ihr seid beide Schauspieler, habt an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF studiert. Mit „Gerry Star“ legt ihr eure erste Serie vor, die ihr nicht nur geschrieben, sondern auch inszeniert habt. Und das gleich für Prime Video. Wie kam es dazu?
Max Wolter: Tom und ich haben uns tatsächlich an der Filmuni kennengelernt und sind beste Freunde geworden. Ein bisschen Regieerfahrung habe ich bereits mit einer YouTube-Serie gesammelt. Interesse an der Arbeit hinter der Kamera, vor allem am Schreiben und Inszenieren, war bei uns beiden gegeben. Wir wollten an der Filmuni in einer größeren Gruppe am RTL-Storytellers-Wettbewerb teilnehmen. Daraus wurde dann zwar nichts, weil allein schon die Terminfindung bei acht Leuten echt schwierig war. Aber Tom und ich hatten Lust, zu zweit weiter an Ideen zu spinnen. Und so entstand „Gerry Star“.
Tom Gronau: Max und ich teilen denselben Humor. Das hat sehr bei der Stofffindung geholfen, bei den Geschichten und Figuren, die uns interessieren …
„Pyjama Pictures ist einfach genau die perfekte Firma für junge Leute, die Lust haben, Comedy zu machen.“
Der titelgebende Held eurer Serie, „Gerry Star“, ist ein alter weißer Mann, der als Musikproduzent mal erfolgreich war, dann aber gescheitert ist und nun in einer Bowling-Bahn aushilft, aber natürlich immer noch davon träumt, wieder durchzustarten… Wie seid ihr auf diese Ausgangsidee gekommen?
Max Wolter: Wir haben einen ähnlichen Traum wie Gerry, nur eben als Schauspieler und Filmemacher. Auch wir wollen es schaffen. Gleichzeitig beschäftigt uns auch das Thema oder besser gesagt treibt uns die Angst um: Was passiert, wenn wir es nicht schaffen, wenn wir nicht von unserem Beruf leben können? Und wie Gerry mit 50 merken: oh, Mist, irgendwie klappt das alles nicht so, wie erhofft.
Tom Gronau: Ausgangspunkt ist ja auch, dass es Gerrys Partner zu was gebracht hat. Der wurde ein Star und hat mega Karriere gemacht. Nur Gerry eben nicht.
Sehr existentielle Themen…
Max Wolter: Total!
Tom Gronau: Wie der Zustand der Entertainment-Industrie ist, kriegt man ja überall mit, sei es an der Uni über die Dozent:innen oder in den Nachrichten. Nur wenige schaffen es und können wirklich gut davon leben. Es gehört einfach auch eine große Portion Glück dazu.
Ihr hattet offenbar eine große Portion Glück. Mit eurer Idee seid ihr gleich bei DEM Profi für Comedy-Formate in Deutschland gelandet, Pyjama Pictures…
Max Wolter: Im Rahmen meiner YouTube-Serie habe ich zufällig Carsten Kelber, Geschäftsführer von Pyjama Pictures, kennengelernt. Er gab mir seinen Kontakt. Als wir die Idee zu „Gery Star“ hatten, haben wir ihm einfach eine Mail geschrieben und nach einem Treffen gefragt. Lange Zeit kam nichts – doch irgendwann schrieb er zurück, war positiv angetan von unserer Idee und bekundete sein Interesse.
So einfach kann’s gehen…
Max Wolter: Wir wissen nicht, wie das alles noch mal so passieren könnte.
Tom Gronau: Es war Riesenglück. Pyjama Pictures ist einfach genau die perfekte Firma für junge Leute, die Lust haben, Comedy zu machen.
Und nicht nur Pyjama Pictures kam an Bord, sondern auch Prime Video, die gleiche Kombi wie beim Comedy-Hit „Die Discounter“ …
Max Wolter: Wir hatten die genau gleichen Ansprechpartner. Prime Video hat sich mit seinem ganzen Know-how eingebracht. Wir wurden im Buchprozess super dramaturgisch beraten, bekamen immer konstruktiven Input.
Tom Gronau: Für uns ist es der absolute Traum, die erste Serie mit Prime Video machen zu dürfen. Es ist ehrlich gesagt sogar ein Kindheitstraum.
Ihr habt zusammen die Drehbücher geschrieben. War von Anfang an klar, dass ihr nicht auch Rollen übernehmen werdet?
Max Wolter: Ganz ursprünglich wollten wir mal selbst mitspielen. Wir haben davon aber abgesehen, weil uns das Schreiben so großen Spaß gemacht hat und wir unseren Fokus zu 100 Prozent hinter der Kamera halten wollten. Das war noch, bevor wir damit zu Pyjama Pictures gegangen sind.
Tom Gronau: Im Prozess haben wir uns wie automatisch sukzessive selbst rausgeschrieben. Weil wir die Figuren anders immer viel lustiger fanden und die Charaktere sich verändert haben. Als Schauspieler:in kann man einfach nicht jede Rolle spielen. Das wurde uns auch beim Casting bewusst.
„Casterin Peti Misaila ist einfach die Allerbeste. Sie hat ein super Gespür, die richtigen Leute zu finden.“
„Gerry Star“ kann man genremäßig als Mockumentary einordnen. Inwiefern waren die Dialoge fix geschrieben? Oder seid ihr auch dem „Die Discounter“-Prinzip gefolgt, wo stets nur festgehalten wird, was passieren soll und dann Impro an der Tagesordnung steht?
Max Wolter: Bei uns ist nur sehr wenig improvisiert. Wenn ein Schauspieler anstatt „Hallo“ lieber „Moin“ sagen wollte, ok…
Tom Gronau: Wir haben alles im Drehbuch festgehalten. Auch die Interviewsequenzen. Wobei wir da gemerkt, dass sie besser funktionieren, wenn man Fragen zu bestimmten Situationen stellt und die Schauspieler spontan, also improvisiert, darauf antworten. Nur so wirkte es authentisch.
Max Wolter: Ich würde sagen, 70 Prozent waren fest geschrieben, 30 Prozent entstand improvisiert.
Was war euch bei der Rollenbesetzung wichtig? Wie habt ihr eure Schauspieler gefunden?
Max Wolter: Dabei hat uns Casterin Peti Misaila geholfen. Sie ist einfach der Wahnsinn und die Allerbeste, weil sie ein super Gespür dafür hat, die richtigen Leute zu finden. Sascha Nathan als Titelheld war gesetzt, als wir sein erstes E-Casting gesehen haben. So ging es uns bei den anderen auch, Caro Cult, Noah Tinwa, Lars Rudolph, Andrea Sawatzki…
Und eure tolle Entdeckung Franziska Annekonstans Winkler…
Tom Gronau: Für die Rolle der Stella haben wir sämtliche Listen der Schauspielabsolventinnen durchforstet. Franzi entdeckten wir bei der Universität der Künste Berlin. Sie ist perfekt! Wie alle unsere Darsteller perfekt sind. Uns war es wichtig, eine Mischung aus bekannten Namen und Newcomern zu haben.
Wie habt ihr als Regiedebütanten die Dreharbeiten in Erinnerung? Lief alles problemlos?
Tom Gronau: Das Tolle war, dass wir von allen Beteiligten bestmöglich unterstützt wurden, sei es von der Produktion, aber auch von Prime Video, die vor allem im Buchprozess eine wichtige Stütze waren, von unserem Szenenbildner, der die Bowlinghalle umgebaut hat, überhaupt von unserem kompletten super professionellen Team.
Max Wolter: Uns war gar nicht bewusst, wie viele Leute wirklich konkret an einem Projekt mitarbeiten. Als Schauspieler kommt man ja meist nur ein paar Tage ans Set, man bekommt das ganze Drumherum nicht mit. Durch die Regieaufgabe haben wir gelernt, wie viele Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen mitarbeiten. Es ist ein Riesenapparat!
Wie funktioniert ihr als Duo in der kreativen Arbeit hinter der Kamera? Worin liegen eure jeweiligen Stärken?
Max Wolter: Das ist eine gute Frage. Wir haben das nicht wirklich analysiert, sondern machen einfach. Wir teilen uns auch nicht auf bei den Drehbüchern, schreiben alles zusammen. Manchmal ist es so, dass der eine vorprescht und losschreibt und der andere dann drüber geht, dann wieder andersherum. Am Set mussten wir uns manchmal zeitbedingt aufteilen, aber eigentlich haben wir alles zusammen gemacht. Ich würde sagen, Tom ist eher der ruhigere, ich bin der impulsivere.
Tom Gronau: Wir werfen uns gegenseitig die Bälle zu und halten sie gemeinsam in der Luft. Wir ergänzen uns super. Alleine hätten wir uns diese Serie nicht getraut.
„Das Schreiben hat so großen Spaß gemacht, dass wir auf alle Fälle weitermachen wollen.“
Wie seid ihr auf den Schauplatz Bowlingbahn gekommen? Seid ihr leidenschaftliche Bowlingspieler?
Max Wolter: Nein, gar nicht. Obwohl wir früher recht häufig mit Freunden Bowlingspielen waren und hin und wieder auch noch gehen. Aber wir sind immer die schlechtesten. Ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht sind wir zu nervös, zu unkonzentriert…
Tom Gronau: Zu verkrampft.
Max Wolter: Einer von uns beiden ist auf alle Fälle immer der letzte. Es ist dann eher ein Duell zwischen uns beiden, wer der Vorletzte ist und als Sieger vom Platz geht.
Habt ihr schön Pläne für die Zukunft?
Tom Gronau: Das Schreiben hat auf alle Fälle so großen Spaß gemacht, dass wir unbedingt weitermachen wollen.
Max Wolter: Wir haben schon eine neue Idee, an der wir mit Pyjama Pictures arbeiten. Mal schauen, was draus wird.
Ist es aktuell eine gute Zeit für junge Kreative?
Tom Gronau: Ich finde, es gibt in Deutschland sehr viel guten, jungen kreativen Output. Mittlerweile kann jeder, der Geschichten erzählen will, das auch tun. Sei es auf YouTube, Instagram oder sonst wo. Es gibt so viele Kanäle, wo es coole junge Leute gibt, die sich eine Reichweite aufbauen und ihr Publikum finden. Das ist für junge Kreative eine tolle Chance.
Max Wolter: Ich muss hier aber auch noch eine Lanze für Prime Video brechen: ich kenne nicht so viele Player, die No Names eine Chance geben. Die Kleinen Brüder waren vor „Die Discounter“ auch noch eher unbekannt. Dass jemand wie Prime als großer amerikanischer Konzern jungen deutschen Künstlern eine Plattform bietet, ist super.
Das Gespräch führte Barbara Schuster