Claudia Krebs und Volker Krappen von Krebs & Krappen Film starten am 13. September mit der neuen ARD-Reihe „Feuerwehrfrauen“ durch, bei der Nadja Becker und Katja Danowski die Hauptrollen spielen. Ein Gespräch darüber, was das Format im Erfolgsfall für solch eine kleine, aber feine Produktionsschmiede bedeutet.
Wie entstand die Idee für die neue „Endlich Freitag im Ersten“-Reihe „Feuerwehrfrauen“, bei der Sie, Herr Krappen, als Produzent auch die Drehbücher schrieben?
Volker Krappen: Vor fünf Jahren hatten wir das erste Mal den Gedanken, etwas über die Freiwillige Feuerwehr zu machen. Als Ausgang gab es die Perspektive auf Frauen in der traditionell männerdominierten Feuerwehr, und wir begannen mit der Idee, dass Frauen aus ihrer Ortsfeuerwehr ausscheiden, um eine eigene Wehr zu gründen. Je mehr wir aber recherchierten, desto komplexer wurde das Bild und der ursprüngliche Ansatz rückte in den Hintergrund, auch wenn der Frauenanteil bei der Freiwilligen Feuerwehr bis heute mit etwas mehr als zehn Prozent noch gering ist. Aber unsere Beobachtungen zeigten, dass das Ganze zunehmend eine gewisse Selbstverständlichkeit gewinnt, ohne offene Kämpfe. Umso mehr hat uns die Professionalität fasziniert, mit der die Frauen und Männer überhaupt freiwillig diese oft lebensgefährliche Arbeit machen. Und wie sie Ehrenamt, Beruf und Privatleben unter einen Hut kriegen. Hinzu kommt der Aspekt Land, weil die Freiwillige Feuerwehr natürlich vor allem dort, im ländlichen Raum, ein Phänomen ist, wo es keine Berufsfeuerwehr gibt und sie deren Aufgabe hat.
Die „Feuerwehrfrauen“ finden nicht im luftleeren Raum statt. Es gibt in Deutschland die populäre Doku-Reihe „Feuer und Flamme“ und die Reihe „Marie fängt Feuer“ oder die US-Beispiele wie „Seattle Firefighters“. Inwiefern setzten Sie sich damit auseinander, bevor Sie Ihr eigenes Format angingen?
Claudia Krebs: Formate wie zum Beispiel „Feuer und Flamme“ haben wir mit Begeisterung geschaut und viel über Einsätze gelernt. Uns war wichtig, die Feuerwehr und das Landleben zu zeigen, indem wir die Motive nach Möglichkeit so nehmen, wie es sie auch in der Realität gibt, ohne sie zu verschönern. Und zwar mit zwei Hauptfiguren, die wir in ihren Einsätzen erleben, und die dazu noch jede Menge Probleme haben. Unsere beiden Protagonistinnen sind ja auf eine Art auch selbst immer im Krisenmodus, machen aber trotzdem die herausfordernde Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Uns schwebte eine Mischung aus Komik, emotionaler Tiefe wie auch Actionanteilen vor. Pro Film erzählen wie immer drei größere Einsätze.
Volker Krappen: Dass zum Beispiel Bankfilialen auf dem Land dicht machen oder Gasthöfe sterben, haben wir nicht erfunden, sondern das passiert auch so in der Realität. Wobei sich der Strukturwandel oder auch das Phänomen der Vereinsamung nicht so sehr vom Stadtleben unterscheidet. Die Binnenkräfte wie die Kirche oder die Familie, die bei unseren beiden Protagonistinnen nicht gerade intakt sind, fehlen. Die Freiwillige Feuerwehr steht dagegen dafür, sich zusammenzuraufen: Man tut etwas für die Gemeinschaft und muss zusammenhalten, was in unserer Gesellschaft immer schwerer fällt. Nicht nur weil die Strukturen fehlen, sondern auch weil jeder individualisiert ist. Das mit einer gewissen Leichtigkeit unterhaltend zu erzählen, war die Herausforderung.
„Im Zentrum steht das sehr unterschiedliche Frauen-Paar, eine Female-Buddy-Geschichte.“
Claudia Krebs
Claudia Krebs: Shonda Rhimes‘ Serie „Seattle Firefighters“ wiederum ist ein eher soapiges Format, auch wenn es super gemacht ist und eine junge Zielgruppe hat. Mit unseren 90-Minütern können und wollen wir in der Dramaturgie nicht so seriell arbeiten, wie das in solch einer lupenreinen Serie geschieht. Zwar gibt es bei uns vergleichsweise viel Personal, aber im Zentrum steht das sehr unterschiedliche Frauen-Paar, eine Female-Buddy-Geschichte, bei der sich unsere beiden Protagonistinnen immer wieder zusammenraufen müssen.
Mit der Kombination aus Nadja Becker und Katja Danowski ist Ihnen auf jeden Fall ein Coup gelungen, weil diese eine sehr gute Chemie zusammen haben. Wie entstand die Konstellation?
Volker Krappen: Wir haben klassische Konstellations-Castings gemacht und uns wie immer Zeit dafür genommen und Aufwand betrieben, indem wir viel testen.
Claudia Krebs: Viele Darsteller sind ja schon langfristig gebunden, zum Beispiel in Krimi-Formaten. Und bei uns brauchte es ein Komödien-Gen, was auf vielen Showreels nicht unbedingt zu erkennen war. Zuerst fanden wir Nadja Becker und suchten dann die passende konträre Partnerin. Katja Danowski kannte wir schon aus einer unserer früheren Produktionen, in der sie mitgespielt hat.
Volker Krappen: Nadja Becker passte gut für den Charakter der etwas hibbelig-nervösen Frau, die als Bankangestellte auch einen gewissen Geltungsdrang mitbringt. Wir wollten nicht so tun, als würden bei der Freiwilligen Feuerwehr nur Superheldinnen und -helden und moralisch makellose Menschen arbeiten, die sich immer nur aus reiner Nächstenliebe hingeben. Die Tätigkeit beinhaltet natürlich auch, dafür bestätigt werden zu wollen, dass man etwas Wichtiges tut.
Claudia Krebs: Umso mehr haben die Charaktere mit ihren Schwächen aber auch etwas Sympathisches. Man versteht sie und mag sie und kann mit ihnen mitleiden, wenn sie sich selbst immer wieder in schwierige Situationen bringen.
Den Schauspieler Merlin Sandmeyer kennt man hauptsächlich aus der Prime-Video-Erfolgsserie „Die Discounter“ als schusseligen Sicherheitsbeamten. Bei Ihnen ist er als Chef der Feuerwehr diametral besetzt. Sollte das ein so bewusster Gegenpol sein?
Claudia Krebs: Merlin Sandmeyer so zu besetzen, war insbesondere ein Anliegen unseres Regisseurs Martin Busker, als es darum ging, den potenziellen Love Interest von Nadja Beckers Figur zu finden. Er wollte die Figur gegen das Klischee des kernigen und muskulösen Feuerwehrmannes besetzen.
Volker Krappen: Es war gut, das so zu machen. Merlin ist ein sehr guter Schauspieler. Er hat eine Souveränität, mit ganz wenig ganz viel zu machen. Und er hat dazu eine große Bandbreite, wenn es um den Beziehungsstress mit Nadja Beckers Figur geht oder darum, als gute Autorität im Einsatz zu überzeugen.
Von den „Feuerwehrfrauen“ laufen zum Auftakt gleich zwei Filme im Ersten. Wie wichtig ist solch eine Reihe, wenn sie denn erfolgreich angenommen wird, für Ihre kleine, aber feine Produktionsfirma Krebs & Krappen?
Claudia Krebs: Es ist schon für uns als kleine und unabhängige Firma sehr wichtig, weil wir uns von solch einer Reihe eine größere Kontinuität versprechen. Allerdings hängt es von der Einschaltquote der Erstausstrahlung ab, ob das Format weitergeht oder nicht. Aber wenn es gut läuft, wäre das schon ein Pfund, da weitermachen zu können. Wir befinden uns schon mitten in der Entwicklung vom dritten Film, ohne zu wissen, ob es weitergeht. Aber dann könnten wir im besten Fall im kommenden Jahr direkt daran anschließen und weiterproduzieren.
Volker Krappen: Zumal wir uns bei dem Format jetzt schon eine Infrastruktur aufgebaut haben. Die Hauptmotive stehen. Wir haben zum Beispiel einen starken Support durch die Freiwillige Feuerwehr in Reinbek-Ohe, wo wir die Feuerwehrwache drehen. Man weiß jetzt ein bisschen, wie es geht. Da wäre es schön, wenn man weiter ansetzen kann. Aber schauen wir mal.
„Wir merken, dass es zunehmend schwieriger wird, Projekte unterzubringen.“
Claudia Krebs
Wie sieht sich die Krebs & Krappen Filmproduktion ansonsten für die Zukunft aufgestellt? Sind Sie durch die angespannte Marktlage besonders herausgefordert?
Claudia Krebs: Wir merken, dass es zunehmend schwieriger wird, Projekte unterzubringen. Zumal wir immer noch eine unabhängige und kleine Produktionsfirma sind. Es gibt von uns hin und wieder die Überlegung, eine Kooperation einzugehen, um mehr Produktionen realisieren zu können. Das haben wir bislang aber noch nicht ausprobiert, weil uns unsere Unabhängigkeit gefällt. Durch den Ausbau der Mediatheken und die Produktionen, die vor allem für diesen Ausspielweg hergestellt werden, ist weniger Geld für die klassischen Sendeplätze da. Das ist ein bisschen schade, weil es so noch enger im Konkurrenzkampf wird. Wir lieben gut gemachte 90-minütige Formate. Und dafür werden die Sendeplätze rarer. Und es gibt auch deutlich weniger so kleine Produktionsfirmen, wie wir das sind. Viele sind schon Kooperationen mit größeren Unternehmen eingegangen.
Volker Krappen: Wir könnten uns strategisch darauf beschränken, Stoffe zu entwickeln und sie dann in eine Maschinerie abzugeben. Aber das wäre schade. Wenn man solch ein Baby wie die „Feuerwehrfrauen“ hat, will man es auch begleiten. Wir schätzen es, eine Produktion von Anfang bis Ende umzusetzen. Das kann abenteuerlich bis nervenaufreibend sein. Aber wir machen das gerne, vom Beginn, der Idee, über die Drehbuchentwicklung, das Casting, den Dreh bis zur Postproduktion. Die Herausforderung ist, dass das alles am Ende dann auch noch irgendwie rentabel ist. Wir haben bei den „Feuerwehrfrauen“ natürlich versucht, die Einsätze so aufwendig wie möglich zu machen, damit sie auch gut aussehen. Es gab viele SFX-Leute am Set, die eine Menge zu tun hatten. Und auch in der Postproduktion wurde im VFX viel gemacht. Gut war, dass unser Regisseur Martin Busker nicht nur inszenatorisches Geschick bei der Schauspielführung hat, sondern auch ein Faible für die Umsetzung gerade dieser aufwendigeren Szenen mit Action-Anteil.
Gäbe es jenseits der „Feuerwehfrauen“ ein kommendes Projekt, über das Sie gerne sprechen wollen?
Claudia Krebs: Wir haben u. a. zwei weitere Komödien-Stoffe in der Entwicklung. Das eine ist ein Einzelstück, das andere ein Reihenformat mit Spannungs- und Krimi-Elementen. Beide Projekte sind aber noch nicht spruchreif.
Das Interview führte Michael Müller