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REVIEW STREAMING: „Traum Studios“

Vierteilige Miniserie von Pixar aus dem „Alles steht Kopf“-Universum, in dessen Mittelpunkt die buchstäbliche Traumfabrik steht, die verantwortlich ist für die Träume der 13-jährigen Riley.

CREDITS:
O-Titel: Dream Productions; Land / Jahr: USA 2024; Laufzeit: 4 x 20 Minuten; Showrunner: Mike Jones; Plattform: Disney+; Start: 11. Dezember 2024

REVIEW:
Wer auch immer vor ein paar Jahren auf die verwegene Idee gekommen ist, parallel zu einem neuen „Alles steht Kopf“-Film eine kleine Miniserie aus demselben Universum zu entwickeln, 4 mal 20 Minuten, kurz, knapp, auf den Punkt, Pixars erster Ausflug abseits der großen Leinwand ins serielle Erzählen, er hat einen Orden verdient. Oder eine Beförderung. Oder zumindest einen Bonus. Weil der Release von „Traum Studios“ am 11. Dezember bei Disney+ vom Timing her perfekter nicht sein könnte, knapp ein halbes Jahr nach dem Kinostart von „Alles steht Kopf 2“, dem Überflieger des aktuellen Kinojahres mit unvorstellbaren (und unvorhersehbaren) 1,8 Milliarden Dollar Welteinspiel. Weil es nicht schaden kann, wenn es schon wieder zurückgeht in den Kopf von Teenager Riley, diesmal in den Bereich des Unterbewusstseins, in dem Träume entstehen. Ein bisschen hat man auch nachgeholfen und den eigentlich vorgesehenen Starttermin im Frühjahr 2025 mit einer anderen bereits fertiggestellten Pixar-Serie, „Win or Lose“, getauscht. 

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„Traum Studios“ von Pixar (Credit: 2024 Disney/Pixar)

Etwas besonders Witziges und Pfiffiges hat sich Mike Jones, Mitautor von „Soul“ und „Luca“, für dieses Interquel, also eine zwischen den beiden „Alles steht Kopf“-Filmen verortete Geschichte einfallen lassen, und das aus „Alles steht Kopf“ bekannte Filmstudio, die „Traum Studios“ eben (im Original: „Dream Productions“) in den Mittelpunkt gerückt, wo Tag für Tag neue Filme produziert werden, die Riley Nacht für Nacht einen süßen Schlaf bescheren sollen, damit sie am nächsten Tag ausgeruht und erholt in den neuen Tag gehen kann. Was einfach(er) war, als sie noch ein Kind mit simplen Bedürfnissen und Wünschen war. Und was sich jetzt als zunehmend schwierig(er) erweist, wo Riley an der Schwelle zum Teenager steht und sich die Pubertät ankündigt, ihre Gefühlswelt komplexer wird und sich nicht mehr einfach mit einem regenbogenfarbenen Einhorn befrieden lässt. Das war die Triebfeder der Handlung von „Alles steht Kopf 2“ und wird nun augenzwinkernd und mit Einfällen in Hülle und Fülle unterfüttert von dieser entzückend bissig-schnippischen Miniserie, die sich alle denkbaren Klischees der Traumfabrik (sic!) Hollywood vornimmt und im perfekten Stil von Pixar persifliert. 

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„Traum Studios“ von Pixar (Credit: 2024 Disney/Pixar)

Alle Filme und Serien, die Hollywood jemals über Hollywood gemacht hat, sind in „Traum Studios“ eingeflossen, von „Stadt der Illusionen“ und „The Player“ über „Hail Caesar“ und „Babylon“ hin zu „Hacks“ und „The Franchise“, ein Tell-All erzählt im Stil einer Doku, die den Vorhang lüftet und einen Einblick gibt hinter die Kulissen, ein Fegefeuer der Eitelkeiten sozusagen, in dem mit harten Manschetten darum gekämpft wird, Zugriff auf das beste Material und die beste Ausstattung bei der Umsetzung der anstehenden Träume zu bekommen. Seitdem sie vor Jahren den Lieblingstraum der ganz kleinen Riley inszeniert hat, ist die Nummer eins die eitle und überheblich gewordene Paula Persimmon, die überzeugt ist, immer an der Spitze bleiben zu können, indem sie ihr Erfolgsrezept immer nur leicht variiert, dabei aber die Rechnung nicht mit den erwachenden Hormonen Rileys gemacht hat. Ihre Assistentin Janelle, die in Wahrheit längst die Show schmeißt, träumt davon, selbst einmal Regie zu führen. Gegenwind erfährt Paula aber erst einmal von dem aufstrebenden Independent-Filmemacher Xeni, der am liebsten alle Regeln über Bord werfen würde und mit der Rückendeckung der herrischen Studiochefin Jean Dewberry rechnen kann, die mit ihm verwandt ist. Als Paula mit einem neuen Traum das Gegenteil der gewünschten Wirkung bei Riley erzielt, die durch den ungewollten Albtraum zur Schlafwandlerin wird und fast eine Treppe hinabstürzt, wird die alte Hierarchie blitzschnell auf den Prüfstand gestellt. 

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„Traum Studios“ (Credit: Disney/Pixar)

Das gewählte Format sorgt für Tempo, die verbalen und visuellen Gags finden genussvoll ihr Ziel, und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass hier auch ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert wird, was die Filmemacher hinter „Traum Studios“ selbst schon einmal erlebt haben. Immer wieder wird der Bogen geschlagen zu den bekannten Emotionen in der Kommandozentrale, und auch sonst ist der qualitative Ansatz nahtlos mit den Filmen verbunden. Einzig das fortwährende Durchbrechen der vierten Wand mit Figuren, die direkt in die Kameras des anwesenden Dokumentarfilms sprechen, ist ein stilistischer neuer Kniff, den die Filmemacher brillant umsetzen. Man vergisst förmlich, dass man Animation sieht, so fortgeschritten ist die Technik. Vor allem fällt immer wieder der liebevolle Blick auf die im Computer geschaffene Welt auf, die Freude an der Detailverliebtheit. Gleichzeitig sorgt das Gefühl einer wie aus der Hüfte geschossenen Erzählung für etwas ganz Unmittelbares, Augenblickliches, dass sich in diesem Miniserienformat deutlich besser macht als in einem Film. Was nicht heißt, dass man sich dieses Vergnügen nicht doch in einem Rutsch ansieht, der Stoff, aus dem die Träume sind. Ganz buchstäblich. 

Thomas Schultze