SmHJHX

Am Freitag, den 25.10. werden wir ab 15.00 Uhr bis ca. 18 Uhr umfangreiche technische Wartungsarbeiten durchführen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

REVIEW STREAMING: „Paris Has Fallen“

Actionagentenserie basierend auf den „Fallen“-Filmen über zwei Agenten, die einem ehemaligen Fremdenlegionär und seinen Männern das Handwerk legen müssen, die der französischen Hauptstadt den Krieg erklärt haben. 

CREDITS:
Land / Jahr: USA / Frankreich / Großbritannien 2024; Lauzeit: 8 x 45 Minuten; Showrunner: Howard Oberman; Regie: Oded Ruskin, Hans Herbots; Besetzung: Tewfik Jallab, Ritu Arya, Sean Harris, Ana Ularu, Camille Rutherford, Jérémie Covillault, Emmanuelle Bercot, Karl Collins; Plattform: Studiocanal Presents: Allstars, ZDF Mediathek; Start: 23. Dezember 2024

REVIEW:
Eine alte Weisheit besagt, dass Actionstoffe immer nur so gut sind wie ihre Bösewichte. „Paris Has Fallen“, eine brandneue Agentenserie, die sich des Titels der drei Filme umfassenden Kinoreihe um einen wackeren Secret-Service-Agenten, der Präsidenten und die bestehende Weltordnung vor umfassend geplanten Angriffen terroristischer Organisationen beschützen muss, bedient, ohne allerdings den von Gerard Butler (hier einer der Produzenten) gespielten Helden zu bemühen, ist also sehr gut, ausgezeichnet, brillant. Weil man sich keinen besseren Bösewicht vorstellen könnte als Sean Harris, den britischen Schauspieler mit dem Schakalgesicht und dem bohrenden Reptilienblick, den totesten Augen, die man sich vorstellen kann, der mit seiner intensiven Darstellung von Joy-Division-Sänger Ian Curtis in Michael Winterbottoms „24 Hour Party People“ erstmals auffiel, dem weltweiten Publikum indes vor allem bekannt ist als Gegenspieler von Tom Cruise in den „Mission: Impossible“-Filmen „Rogue Nation“ und „Fallout“, wo er auch schon das gemacht hat, was er am besten kann: Fast gar nichts, reglos sein, stechend schauen – und damit bedrohlicher sein als mancher Kasper, der meint, Bösartigkeit und Verschlagenheit gingen einher mit einer Maximierung des schauspielerischen Ausdrucks. 

Paris Has Fallen  scaled e x
„Paris Has Fallen“ mit Tewfik Jallab und Ritu Arya (Credit: STUDIOCANAL)

In „Paris Has Fallen“ ist Sean Harris der ehemalige Fremdenlegionär Jacob Pearce, und er macht fast gar nichts, bleibt reglos, wie eine Echse, und doch strahlt er Feuer und blanken Hass aus. Da braucht er seine heisere Stimme gar nicht groß erheben, meist flüstert er ohnehin, und trotzdem ist er wie ein laufender Sprengsatz. Harris ist großartig, sehr gut, ausgezeichnet, brillant. Und er macht die Serie von Showrunner Howard Overman, inszeniert von den soliden Handwerkern Oded Ruskin und Hans Herbots, zum Ereignis, zu einer One-Man-Show, wann immer er im Bild ist. Das ist häufig, aber auch nicht zu häufig, weil es fast ein bisschen viel ist, mit diesem Mann konfrontiert zu werden, der seine Schergen versammelt hat, um in der französischen Hauptstadt all jenen den Krieg zu erklären, die ihn verraten und mit seinen Männern auf ein Himmelfahrtskommando geschickt haben in Afghanistan, wo er in Gefangenschaft geriet, gefoltert und vergewaltigt wurde, und nach seiner Befreiung gezeichnet und vernarbt miterleben musste, wie an seiner Stelle die Liebe seines Lebens in seinem Auto in die Luft gesprengt wird. Sagen wir es so: Jacob Pearce trägt sein Päckchen. Einmal entgegnet er auf die Frage, ob er jemals Frieden finden können wird: „Es gibt keinen Frieden mehr. Nicht mehr. Nicht für jemanden wie mich.“ Mehr muss man nicht wissen. 

Paris Has Fallen  x
„Paris Has Fallen“ mit Ritu Arya und Tewfik Jallab (Credit: STUDIOCANAL)

So schillernd und raumgreifend wie Harris oder charismatisch wie Gerard Butler sind die Helden von „Paris Has Fallen“ nicht. Aber Tewfik Jallab und Ritu Arya sind sympathisch, haben eine mittelbare Ausstrahlung, sie sind Experten auf ihrem Gebiet und doch Jedermänner/-frauen, mit denen man sich identifiziert. Man geht gerne mit ihnen durch die bisweilen ausufernd brutale Handlung, die im Grunde in jeder Folge immer einen Schritt weiter geht, als man eigentlich sehen will. Den marokkanisch-algerischen Franzosen Jallab kennt man in Deutschland eher noch nicht, die indischstämmige Britin Arya wiederum kennt man aus der zweiten und dritten Staffel der Netflix-Hitserie „The Umbrella Academy“. Beide spielen bestens ausgebildete Profis: er einen französischen Bodyguard hochrangiger Politiker, sie eine britische MI6-Agentin, die sich erst einmal zusammenraufen müssen und bei ihrer Jagd nach Pearce schließlich isoliert sind und nur noch einander vertrauen können, nachdem sie Rückschlag um Rückschlag erleben mussten. Damit sie nicht einfach nur Schachfiguren sind, die auf dem Brett der Handlung bewegt werden, erhalten beide auch ein bisschen Privatleben: Vincent hat eine Affäre mit der französischen Präsidentin, gespielt von Emmanuelle Bercot, Zara hat eine große Liebe, deren Privatprobleme auch die Agentin beschäftigen. 

Paris Has Fallen  scaled e x
„Paris Has Fallen“ mit Sean Harris (Credit: STUDIOCANAL)

Vor allem aber sind Jallab und Arya damit beschäftigt, eine gute Figur abzugeben mit gezückten Waffen im Anschlag: Es sind primär körperliche Rollen, und sie schlagen sich bestens in den Kampf- und Actionszenen, die auch im Kino bestehen könnten. „Paris Has Fallen“ mag die Eleganz und den Stilwillen eines „The Day of the Jackal“ oder den hintergründigen Witz eines „Slow Horses“ vermissen lassen, aber wie die Filme „Olympus Has Fallen“ (145.000 Tickets in Deutschland; 175 Mio. Dollar Boxoffice weltweit), „London Has Fallen“ (400.000 Tickets in Deutschland; 195 Mio. Dollar weltweit) und „Angel Has Fallen“ (380.000 Tickets in Deutschland; 135 Mio. Dollar weltweit) will auch die Serie wenig mehr sein als kompetente B-Movie-Ware, ein wertkonservatives Bedrohungsszenario, das einem ein bisschen Angst einjagen will, aber doch nur dem deutschen Untertitel des ersten Films gerecht werden will: Die Welt in Gefahr. Und wer sie retten will, der darf nicht zimperlich sein in der Wahl der Mittel. Jacob Pearce kennt ja auch keine Gnade. 

Thomas Schultze