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REVIEW KINO: „Dragonkeeper – Das Mädchen und der Drache“

Spanisch-chinesisches Family-Animationsabenteuer um ein Mädchen, auf dessen Schultern das Schicksal des alten Chinas ruht.

CREDITS: 
O-Titel: Dragonkeeper; Land/Jahr: Spanien/China 2024; Laufzeit: 99 Minuten; Drehbuch: Carole Wilkinson, Pablo Castrillo, Ignacio Ferreras, Rosanna Checcini, Wang Jianping; Regie: Li Jianping, Salvador Simó; Verleih: Leonine Studios; Start: 24. Oktober 2024

REVIEW:
Das Waisenmädchen Ping wächst im alten China als Sklavin eines skrupellosen Statthalters auf, der unter anderem seine Pflichten als kaiserlicher Drachenhüter schwer vernachlässigt. Von den „ehrwürdigen Gästen“, die er in einem unterirdischen Verließ beherbergt, also in Ketten hält, ist schließlich nur noch der leicht flügellahme Drache Long Danzi übrig. Auch dessen Schicksal scheint besiegelt, sein Blut soll dem gesundheitlich angeschlagenen Kaiser wieder auf die Beine helfen. Wäre da nicht Ping, die in einem kritischen Moment selbst als Drachenhüterin geoutet wird – von Geburt an dazu bestimmt, das letzte verbliebene Drachenei zu beschützen, welches sie prompt mit Hilfe ihrer heldenhaften Hausratte Hua und mitsamt Long Danzi aus dem Kerker befreit. Auf einer abenteuerlichen Flucht durch das Kaiserreich muss das magische Ei vor dem machthungrigen und mit Killerinsekten bewaffneten Drachenjäger Diao gerettet werden, während Ping von dem weisen Long Danzi lernt, ihre neu gewonnenen energetischen Kräfte, ihr Chi zu nutzen.

Dragonkeeper Szenenbilder
„Dragonkeeper – Das Mädchen und der Drache“ (Credit: Leonine Studios)

Genau wie die Hauptfigur werden jüngere Zuschauer viele Fragen über all die Zeichen und Wunder haben, und sollte man nicht zufällig ein Seminar über chinesische Mythologie besucht haben, erschließt sich das selbst für Erwachsene nicht so leicht. Im Laufe der Odyssee trifft Ping auf spirituelle Lehrer, die sich darum bemühen, nicht nur rätselhafte Weisheiten, sondern auch kulturelles Wissen zu verbreiten – ganz im Sinne der aufwendig recherchierten Romanvorlage der australischen Schriftstellerin Carole Wilkinson, die auch das Drehbuch des 24 Millionen Euro teuren chinesisch-spanischen Animationsmeisterwerks mitverfasste. Während die menschlichen Charaktere etwas marionettenhaft, wie aus Holz geschnitzt herumwanken, muten die abwechslungsreichen, weitläufigen Landschaften, in denen sie sich bewegen, wie gemalt an, wie ein Bilderbuch des antiken China mit fotorealistischen Details. Zusammen mit dem chinesischen Animationsmeister Li Jianping verwebt Regisseur Salvador Simó historische Fakten und Mythen zu einer Geschichte, die die Abenteuerlust von „Indiana Jones“ versprüht, aber auch ungeheuer grausame Vorbilder hat. Das Drachenei hat eine Anziehungskraft wie der Eine Ring und darf nicht in falsche, gierige Hände geraten; es gibt Gollum-artige Nebenfiguren; am Ende kämpfen die Guten gegen eine fiese Zombiearmee. Angesichts dieser einschüchternden Gefahren – und einschüchternd großen Verantwortung, die sie zu tragen hat – wirken die Tapferkeit, Hingabe und Entwicklung der Protagonistin umso überwältigender.

Ping ist eine unwiderstehliche Identifikationsfigur für Kinder, ein Mädchen, das sogar einen Drachen das Fürchten und das Fliegen lehrt und mit dem Spirit einer Hayao-Miyazaki-Heldin den Coming-of-Age-Ton des Films bestimmt. Man muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, seine Lungen mit Mitgefühl füllen und für seine Freunde einstehen – die Lektionen werden wie in einem Crashkurs für Heranwachsende heruntergebetet, als hätten die Filmemacher keine Zeit zu verlieren, weil sie sich noch lieber den Actionszenen widmen. Der fantastische klassische Score des spanischen Komponisten Arturo Cardelús (eingespielt mit chinesischen Instrumenten) sorgt dabei durchgehend für noch mehr Dramatik. Trotzdem entfaltet sich der wahre Zauber in den ruhigeren, innigen Momenten zwischen Ping und Long Danzi – und vor allem mit jedem komischen Auftritt der superniedlichen, an Reiseübelkeit leidenden Ratte Hua. Manchmal wünscht man sich etwas mehr von dieser Leichtigkeit, aber das ist dann wohl auch eine Erfahrung des Erwachsenwerdens: Das Leben ist kein Ponyhof, eher eine Drachenhöhle.

Corinna Götz