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REVIEW KINO: „Ghost – Rite Here Rite Now“

Erster Kinoausflug der schwedischen Okkultmetal-Band Ghost, die ein Ausnahmekonzert mit dem fortschreitenden Narrativ ihrer Webserie verbindet. 

CREDITS:
Land / Jahr: USA, Schweden 2024; Laufzeit: 145 Minuten; Regie: Tobias Forge, Alex Ross Perry; Drehbuch: Tobias Forge; Besetzung: Tobias Forge, Ghost, Maralyn Facey, Alan Ursillo; Verleih: Luf Kino; Start: 20. und 22. Juni 2024

REVIEW:
Dass Ghost nicht einfach einen normalen Konzertfilm machen würden, liegt auf der Hand. Immer schon gefiel die seit nunmehr 15 Jahren aktive Okkultmetalband aus Schweden die Inszenierung, auch damals schon, als sie noch als geheimer Act mit vermeintlich namenlosen Mitgliedern, Sänger Papa Emeritus mit seinen Nameless Ghouls, hinter aufwändigen Masken, Kostümen und Makeup verborgen, durch die Clubs der Welt tourten: Kiss meets Mario Bava. Auf ihren Plattencovern emulieren sie bekannte Kinofilme, von „Nosferatu“ über „Brennen muss Salem“ und „Amadeus“ hin zu „Metropolis“. Und auch sonst wird stets das Theatralische, das Opernhafte, das Sinfonische betont. In der Musik, die zwischen der harten Riffdröhnung von Mercyful Fate, dem melodiösen Hardrock späterer Blue Öyster Cult und den puren Popkonfekten anderer schwedischer Musikexporte (Abba, Jens Lekman, Army of Lovers) oszilliert. In den Auftritten zwischen Gottesdienst und schwarzer Messe. In der fiktiven Mythologie der Gruppe, die stets von Frontmann Tobias Forge bestimmt und im wahrsten Sinne des Wortes orchestriert wird, vormals Sänger und Gitarrist der Deathmetal-Band Repugnant wie auch der kommerzieller ausgerichteten Gothpop-Gruppe Magna Carta Cartel (die mehr oder weniger auch die Urformation von Ghost war, bevor Forge seine Mitmusiker an die Luft beförderte).

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Die Ghost-Sause: „Rite Here Rite Now“ (Credit: Ryan Chang)

Um die Band mit ihren eingängigen Songs hat Forge eine ganz eigene Genealogie entwickelt, beginnend mit der Idee, dass Papa Emeritus auf jedem neuen Album mit einer jüngeren Ausgabe von einer jüngeren Version seiner selbst ausgetauscht wird, um am Ende der Entwicklung den Weg für Satan zurück auf die Erde zu ebnen. Seit 2018 geht Tobias Forge noch einen Schritt weiter, hat mit und für Ghost 17 Folgen der „Chapter“-Webserie produziert, die augenzwinkernd eine fortlaufende okkulte Geschichte erzählen vom Ringen um die Nachfolge des Papa, nachdem dieser von „new blood“, dem Cardinal Copia, ersetzt werden soll. Die Kulmination dieser Erzählung ist nun eingeflochten in den Konzertfilm, „Rite Here, Rite Now“, der bei den beiden letzten Auftirtten der triumphalen „Re-Imperatour“-Tour am 11. und 12. September 2023 im Kia Forum in Inglewood, Kalifornien entstand. Die Fangemeinde erhält das beste beider Welten: Ghost in bestechender Form und in bester Bild- und Tonqualität vor tausenden begeisterter Fans (denen bei diesen Auftritten die Verwendung ihrer Smartphone-Kameras untersagt war). Und die Fortsetzung der in der Webserie angeschobenen Geschichte. 

Gleich beim Eröffnungssong „Kaisarion“ von jüngsten Album „Impera“ wird Papa Emeritus IV von der Bühne backstage gerufen, wo man erstmals der mysteriösen Strippenzieherin Sister Imperator begegnet, Anführerin von The Clergy und womöglich Liebhaberin eines der vormaligen Papas: Cardinal Copia soll, so heißt es, ihr Spross sein. Der Look ist anfangs sehr Argento, aber die Erzählhaltung ist entspannt und tendenziell humorvoll. Regisseur Alex Ross Perry, den Kinogänger von „Her Smell“ mit Elizabeth Moss kennen und der seit einigen Jahren immer größeren Anteil an der visuellen Gestaltung der Ghost-Musikvideos hat, insbesondere die Genesis-Coverversion „Jesus He Knows Me“ (wink wink), hat gemeinsam mit Tobias Forge Spaß an der Inszenierung: Drama, Baby! Zahllose Zitate und Verweise ziehen sich durch diesen Teil des Films. Am Ende des Tages kommen die Fans an den beiden Eventtagen (weltweit 20. und 22. Juni) wegen der bombastischen Musik, als würde Jim Steinman seine Rock’n’Roll-Träume nicht mit Meat Loaf, sondern Aleister Crowley wahrwerden lassen (am 26. Juli folgt die Veröffentlichung eines begleitenden Albums). Und die bietet einen unbestreitbaren Querschnitt durch das Schaffen der Band entlang aller fünf Alben. „However, this is not a tale about death“, intoniert eine Stimme aus dem Off im Trailer des Films. „This is a tale about life.” nemA. 

Thomas Schultze