Die US-Presse mokiert sich seit geraumer Zeit darüber, dass Clint Eastwoods (vermutlich) letzter Film bei der dortigen Kinoauswertung ohne Not kleingehalten wurde. Die Resonanz auf den US-PVoD-Start stützt diese These.
Limitierte US-Kinoauswertung ohne nennenswerte Kampagne, US-Kinozahlen unter Verschluss. Dieses Schicksal von Clint Eastwoods vermutlich letztem Werk, „Juror #2“, versetzte US-Medien schon im November in Aufruhr. Und der Zuspruch, den der Film nun in der zweiten Auswertungsstufe erfährt, ist Wasser auf die Mühlen jener, die argumentieren, dass an dieser Stelle jede Menge Boxoffice-Potenzial ungehoben blieb. Weiteres Wasser, muss man sagen. Denn auch wenn es keine offiziellen Zahlen zu vermelden gab, hieß es nach dem Startwochenende und einem Debüt in nur 35 Kinos, dass „Juror #2“ einen Kopienschnitt von rund 7500 Dollar erreicht habe – das wäre aller Ehren wert.
32 Tage nach dem limitierten Kinostart debütierte der Film auf den gängigen VoD-Plattformen (das Fenster ist für US-Verhältnisse nicht außergewöhnlich kurz) – und übernahm laut „Indiewire“ auf iTunes umgehend den Spitzenplatz. Das ist für eine Neuveröffentlichung durchaus nicht ungewöhnlich – wenn es sich denn um einen Blockbuster handelt. Bei einem Film, der im Kino völlig unter dem Radar lief (und für den kein US-Einspiel vermeldet wurde; international sind gut 19 Mio. Dollar erfasst, darunter allein fast elf Mio. aus Frankreich, wo der Film ein Hit war), ist es eine kleine Sensation. Zumal der Film die Topposition nicht etwa umgehend wieder abgab, sondern mit seiner ersten kompletten PVoD-Woche unter anderem bei iTunes und in den Fandango-VoD-Charts auf dem ersten Rang stand.
Laut „Indiewire“ ist nicht zuletzt die Positionierung bei Fandango, die nach erzielten Umsätzen ermittelt werde, ein besonders deutliches Zeichen – denn während im Rahmen einer PVoD-Auswertung schon für den Leihabruf 19,99 Dollar üblich seien, waren es bei „Juror #2“ nur 9,99 Dollar. Ungewöhnlich war unterdessen auch die Kommunikationsstrategie hinsichtlich der VoD-Termine. Denn die SVoD-Verfügbarkeit im Warner-eigenen Streamingdienst Max wurde noch vor dem PVoD-Start verkündet; üblicherweise läuft es genau andersherum. Auch ist der Zeitraum zwischen dem PVoD-Start am 3. Dezember und dem SVoD-Start am 20. Dezember ungewöhnlich kurz.
Allerdings gibt es dafür einen Grund: Denn während manche Medien in der Herausbringungsstrategie die Abkanzelung eines legendären Filmschaffenden wittern, hatte „Variety“ schon Anfang November berichtet, dass „Juror #2“ ursprünglich gezielt (nur) für den Streamingdienst Max entstand – und die limitierte Kinoauswertung nur einen spät (und nach den positiven Reaktionen auf die Premiere beim AFI Fest) gefassten Plan darstellte. Es habe sich bei der Kinoauswertung, so überschaubar sie auch war, um einen „Bonus“ gehandelt. Einen Bonus, aus dem man allem Anschein nach noch etwas mehr hätte machen können.
In den deutschen Kinos startet der Film am 16. Januar 2025.