In einem offenen Brief sprechen sich Kulturschaffende und Mitarbeitende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für mehr Meinungsvielfalt im System aus. Die Anonymität einiger Unterzeichner ruft aber Kritik hervor.
Es gibt ein sogenanntes Manifest, das sich für einen „neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ ausspricht. In der Präambel wird davon gesprochen, dass sich hier vornehmlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ARD, ZDF und Deutschlandfunk äußern. Diese empfinden, dass in der Bevölkerung der Zweifel an der Ausgewogenheit des Programms wachse und dadurch der Programmauftrag in Gefahr gerate.
Schaut man sich die Liste der namentlichen Unterzeichner des Manifests an, finden sich dort vornehmlich freie Kulturschaffende wie der Schauspieler Henry Hübchen, aber vor allem viele ehemalige Mitarbeitende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie TV-Pfarrer Jürgen Fliege oder die langjährige „heute show“-Mitarbeiterin Christine Prayon. 33 unterschrieben habende Mitarbeitende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen nicht namentlich auf der Liste.
Das Manifest spricht sich für „Ausgewogenheit und Fairness“ aus. „Die Mitarbeitenden des neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunks benutzen kein Framing und verwenden keine abwertenden Formulierungen“, heißt es darin zum Beispiel. „Alle Ansichten und Perspektiven, die vom Grundgesetz gedeckt sind und die Menschenwürde achten, dürfen frei und ohne Vorbehalte geäußert werden. Minderheitenmeinungen und unbequeme Äußerungen werden gehört, diskutiert und dem Publikum zur freien Meinungsbildung angeboten.“
Die Unterschreiber fordern auch eine größtmögliche Involvierung der Bürger. Demnach sollen sie maßgeblich an der Kontrolle von Programm und Finanzen beteiligt werden. Auch soll die Programmgestaltung fortan unabhängig von Einschaltquoten erfolgen und gleichzeitig auf Werbeeinnahmen verzichtet werden.
DJV äußert sich kritisch und lobend
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte indes das Manifest dahingehend, dass er die dortigen anonymen Unterzeichner zu Transparenz aufforderte. DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster nennt es ein „urjournalistisches Grundprinzip, kritische Berichte, Stellungnahmen und Kommentare mit dem eigenen Namen zu kennzeichnen“. Er merkte aber auch positiv über die verschiedenen Forderungen an: „Zu wenig Zeit für notwendige Recherchen, wachsender Produktionsdruck und schwierige wirtschaftliche Verhältnisse der Freien sind durchaus berechtigte Kritikpunkte, die auch wir vorbringen.“ Der DJV-Vorsitzende rät dazu, sich mit berechtigter Kritik an den Sendern auseinanderzusetzen: „Dafür muss aber auch klar sein, von wem das kommt.“ Sonst drohe das „Manifest“ in der Schublade zu verschwinden.