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„Ein wahrer Kultur-Weltbürger”

Vor rund 400 geladenen Gästen wurde Martin Moszkowicz in Laupheim der Carl Laemmle Produzentenpreis 2024 überreicht. Und dabei nicht nur sein Lebenswerk gewürdigt wird – sondern auch für gesellschaftlichen Zusammenhalt plädiert.

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Martin Moszkowicz mit dem Carl Laemmle Produzentenpreis (Credit: Severin Wohlleben)

Zu den Traditionen der internationalen Cannes-Berichterstattung zählt mitunter, den Erfolg von Premieren über die minutiös erfasste Wiedergabe der Dauer des Applauses zu vermitteln. Nun, wir haben in Laupheim ehrlicherweise weder mitgestoppt noch mitgezählt – aber minutenlang waren sie auf alle Fälle: Die Standing Ovations, die Martin Moszkowicz als diesjähriger Empfänger des Carl Laemmle Produzentenpreises erfuhr. Sein Kommentar dazu: „Wow!“

Ganz so kurz und knapp waren die Ehrbekundungen, die Moszkowicz zuvor erfahren hatte – von Produktionsallianz-CEO Björn Böhning, Laupheims Oberbürgermeister Ingo Bergmann, Moderatorin Nina Eichinger, Staatssekretär Arne Braun, von Corinna Mehner als Juryvertrerterin und natürlich zuvorderst von Laudator Günter Rohrbach – nun nicht gerade. Schließlich gab es eine Menge zu erzählen über das Lebenswerk eines der wichtigsten Produzenten der Gegenwart. Vor allem auch über seinen Werdegang, den Rohrbach derart gewitzt und pointiert skizzierte, dass man gerne noch eine ganze Weile länger zugehört hätte. Anekdote reihte sich dabei an Anekdote – wobei die wichtigste womöglich die erste war. Jene über Moszkowicz‘ ersten Besuch auf einer Abschlussgala in Cannes. Ticket über einen Freund bekommen, Fliege geliehen – und dann „E.T.“ auf der Leinwand. Und Jack Lemmon, der vor Steven Spielberg in die Knie geht. Wie einschneidend dieses Erlebnis war, sagt viel über das aus, wie Moszkowicz in seiner Karriere an Filme heranging. Leidenschaftlich, entschlossen – und mit dem Blick auf das, was für ihn zählt: Das Publikum. 

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Rund 400 geladene Gäste feierten in Laupheim. (Credit: Severin Wohlleben)

Er könne alle Filme lieben, er liebe es, über Filme zu diskutieren, aber es gebe, so der Preisträger auf der Bühne, eine einzige Größe, die nicht verhandelbar sei: der Erfolg. Dass sich die Jury entschieden habe, einen Produzenten auszuzeichnen, der für den Publikumsfilm stehe: Damit habe diese durchaus Mut bewiesen, so Moszkowicz. Denn in Deutschland denke man zu sehr in Kategorien, sei Unterhaltung oft negativ belegt. Aber, so der Preisträger: „Ich mache Filme für Menschen!“ Und nur Filme, die die Menschen erreichen würden, seien auch in der Lage, gesellschaftlich etwas zu bewegen. Oder wie es Rohrbach formulierte: „Martin Moszkowicz hat die besondere Begabung und das sichere Gespür dafür, was die Menschen sehen und erleben wollen, was sie zum Lachen und zum Weinen bringt und im Innersten bewegt. Darum geht es beim Film. Darum ging es dem Menschen, den wir heute ehren, ein Leben lang.“

Nicht dass die Jury in den von ihm (mit)verantworteten Werken keinen künstlerischen Anspruch sähe. So heißt es in der Jurybegründung unter anderem: „Ganz in Tradition von Carl Laemmle steht Martin Moszkowicz für die internationale Ausrichtung der fünften Kunst: Er verbindet hohen künstlerischen Anspruch mit wirtschaftlichem Sachverstand. Als Produzent hat er deutsche Erzählungen in die Welt getragen und ein erhebliches kulturelles Erbe geschaffen, das ein breites Publikum im Kino begeistert.“

Martin Moszkowicz selbst will sich nach eigenen Worten „gar nicht in die Nähe“ eines „Titanen der Branche“ wie Carl Laemmle bringen – auch wenn Björn Böhning im bescheinigte, dass die Parallelen „nicht größer“ sein könnten. Einen Charakterzug aber teile er mit dem Namensgeber der Auszeichnung, so der Geehrte: Optimismus. Den Glauben daran, dass auch das scheinbar Unerreichbare möglich ist. „It can be done!“ seien die Worte, die ihn auch auf seinem weiteren Weg begleiten würden. Einen Weg, auf den ihn Bernd Eichinger mit ebensolcher Einstellung geführt und begleitet hatte. Und ein Weg für dessen Fortsetzung er durch die Auszeichnung zusätzlich Kraft schöpfe. Denn für ihn sei der Carl Laemmle Produzentenpreis nicht weniger, als „der wichtigste Preis, den ich je erhalten habe“.

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Laudator Günter Rohrbach (Credit: Severin Wohlleben)

Zuvor hatte Corinna Mehner (blue eyes Fiction) als Juryvertreterin festgestellt: „Martin Moszkowicz ist ein ebenso vielseitiger wie wagemutiger Produzent, der mit Elan und Enthusiasmus, mit strategischem Weitblick und kundigem Instinkt für Stoffe, Themen und Menschen eindrucksvolle Filme ermöglicht. Seine stete Diskussionsbereitschaft, sein überzeugendes und plurales Demokratieverständnis, sein Wissen auch um die Untiefen der deutschen und europäischen Geschichte, machen ihn zu einem wahren Kultur-Weltbürger.“ Und zur „unverwechselbaren Stimme des deutschen Films“.

Elan. Enthusiasmus. Diskussionsbereitschaft. Begriffe, die man oft hörte an diesem Abend. Ebenso wie jenen des „gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Denn auch auf die beunruhigenden, mitunter geradezu erschreckenden gesellschaftlichen Entwicklungen warf dieser Abend ein Schlaglicht – nicht zuletzt natürlich auf einen erstarkenden Antisemitismus. Moskowicz‘ unermüdlicher Einsatz gegen diesen ehre ihn ebenso wie sein filmisches Schaffen, befand Björn Böhning. Margot Friedländer hatte beim Deutschen Filmpreis mit den Worten „Seid Menschen!“ alles Notwendige in zwei Worten gesagt. Bei Moskowicz waren es vier, die das Wesentliche ganz grundsätzlich auf den Punkt brachten: „Bewahren Sie sich Offenheit!“

Übrigens war es nicht die einzige Auszeichnung, die an diesem Abend vergeben wurde. Mit einem Nachwuchspreis wurde ein Team der Weilandschule Laupheim für seinen Beitrag zu einem Filmwettbewerb unter dem Motto „Vielfalt verbindet“ geehrt. Wozu Staatssekretär Arne Braun noch ausführen konnte: „Kunst und Kultur und gerade der Film können die Fähigkeit zurückgeben, wieder einen echten Diskurs zu führen.“ Anstatt zu skandalisieren, solle man mit Respekt aufeinander zugehen. Eine Botschaft, die der prämierte Beitrag mustergültig transportiere.