Am 22. Mai wurde der Entwurf für das neue Filmförderungsgesetz (FFG) im Kabinett bestätigt und geht nun ins Gesetzgebungsverfahren. Der Förderverein Deutscher Kinderfilm schlägt Alarm: In einer Stellungnahme, die Sie hier nachlesen können, hält er fest, wo es hakt.
Zwar ist der Förderverein Deutscher Kinderfilm erfreut, dass im Entwurf für das neue FFG, das nun ins Gesetzgebungsverfahren geht, mit dem Zusatz „Zudem ist die Festivalpraxis bei Nachwuchs-, Kinder-, Dokumentar- und Animationsfilmen angemessen zu berücksichtigen“ in §64 zur Referenzförderung aufgrund von Erfolgen bei Festivals und Preisen eine der Anregungen aufgenommen wurde. Wenig begeistert ist der Förderverein jedoch, dass der Forderung nach einem Sitz im Verwaltungsrat der FFA (zusammen mit dem BJF – Bundesverband Jugend und Film sowie dem Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrum KJF) nicht statt gegeben wurde – obgleich ein Sitz für die Vertretung von Filmen für die junge Zielgruppe auch in der gemeinsamen Stellungnahme von Produzentallianz, AG Dok, Produzent*innenverband und Deutsche Filmakademie sowie in den Stellungnahmen der Länder, der Sächsischen Staatskanzlei, der FBW, von VeDra und des Bundesverbandes kommunale Filmarbeit gefordert wurde. Und ebenfalls wenig Anlass zur Freude gibt laut Förderverein der Anfang Mai übermittelte Entwurf der Richtlinie zur jurybasierten Filmförderung des Bundes, weil die spezifische Kinderfilmförderung (1979 ins Leben gerufen und seit 2005 in Kooperation von BKM und dem Kuratorium junger deutscher Film umgesetzt) kommentarlos gestrichen wurde.
Hier die aktuelle Stellungnahme im Wortlaut:
Mit der Richtlinie für eine jurybasierte Filmförderung des Bundes wurde ein weiterer Baustein für die Reform der Filmförderung des Bundes vorgelegt, die einen entscheidenden Bereich vermissen lässt: Wir sind davon überzeugt, dass es sowohl eine spezifische Kinderfilmförderung als auch eine Förderjury Kinderfilm braucht. Zum Verständnis zunächst einige Daten:
Es ist den gemeinschaftlichen Anstrengungen seitens der Förderungen des Bundes und der Länder sowie der Fernsehsender und weiteren Branchenplayern zu verdanken, dass sich Kinderfilme zu dieser wirtschaftlichen und kulturellen Größe in der deutschen Filmlandschaft entwickeln konnten. Die nun vorgelegte Richtlinie lässt vermuten, dass dieser Erfolg keiner besonderen Bemühungen bedarf, es ausreichend ist, Kinderfilm in „angemessenem Umfang“ zu fördern und eine spezifische Kinderfilmförderung verzichtbar sei. In der Tat ist es so, dass es derzeit weder bei der FFA noch bei den regionalen Förderungen eine spezifische Kinderfilmförderung gibt: Projekte für das junge Publikum bewerben sich gemeinsam mit allen anderen um die Mittel in den verschiedenen Förderstufen. Wenn diese Vorgehensweise nun auch in der jurybasierten Filmförderung des Bundes Einzug hält, gibt es keine feste Summe, die dem Kinderfilm zugewiesen wird und auch die Förderung in der Produktion könnte höher als bis dato (1 Mio statt i.d.R. 500 Tsd) ausfallen – also, kein Anlass zur Sorge und alles in Ordnung?
Nein.
Der in der Richtlinie vorgeschlagene Ansatz ignoriert die Tatsache, wie wichtig eine spezifische Förderung zur Verankerung des Kinderfilms in der Förderlandschaft in diesem Land ist. Verlieren wir diesen zuverlässigen Anker, wird dieser (ge-)wichtige Bereich der Film- und Kinowirtschaft Deutschlands aus dem Sichtfeld der Förderungen getrieben, fundamental beschädigt und somit die Interessen der Kinder an Teilhabe am hochsubventionierten Kulturgut Film missachtet. Vor 45 Jahren, im Internationalen Jahr des Kindes, 1979, wurden beim Bundesinnenministerium (BMI) erstmals spezifische Fördermittel für die Herstellung von Kinderfilmen zur Verfügung gestellt und von einer eigenen Kommission (C) vergeben. Die Förderpraxis hatte gezeigt, dass es Kinderfilme in Konkurrenz zu anderen großen Projekten sehr schwer hatten, sich durchzusetzen. Diese spezifische Kinderfilmförderung war damals ein notwendiger Schritt – und ist es auch heute noch. Auch wenn der Kinderfilm Jahrzehnte später ungleich besser dasteht, hat dieses grundlegende Argument leider immer noch Bestand: Bei einer sich verschärfenden Konkurrenz um die zur Verfügung stehenden Mittel geraten die Belange und Interessen von Kindern zuerst aus dem Blickfeld, denn sie sind nicht in diese Verteilungsprozesse involviert. Die kommentarlose Streichung der spezifischen Kinderfilmförderung auf Bundesebene schwächt sinnvolle, erfolgreiche Förderstrukturen insgesamt und wird zu einer Diskriminierung von Kindern führen. Das steht im krassen Widerspruch zur Zielsetzung der Förderung, die in §1, 2 dargelegt wird. Zur Einhaltung der Grundrechte auf Teilhabe und Generationengerechtigkeit, aber ebenso aus fachlichen Gründen (u.a. Jugendschutz, Bedürfnisse und Fähigkeiten einer sehr heterogenen Zielgruppe, spezifische Vertriebswege wie nichtgewerbliche Auswertung, Erhaltung und Weiterentwicklung einer vielfältigen Kinderfilmkultur) muss die Expertise um die signifikante wie einzigartige Zielgruppe der unter 14-Jährigen berücksichtigt werden – und zwar in Form einer eigenen Förderjury, sowie Expert*innen im Drama Department und auch in den Gremien der neuen FFA – ganz konkret dem Verwaltungsrat und dem Diversitätsbeirat. Wie könnte es nun weitergehen? Auch hier vorweg einige Daten:
Angesichts der dargelegten Zahlen (die sich der Übersicht halber auf Entwicklungs- und Produktionsförderung für Spiel-, Dokumentar- sowie programmfüllende Kinderfilme konzentrieren), ist abzusehen, dass ab 2025 bei noch offener finanzieller Ausstattung mit einem sehr hohen Antragsaufkommen für die jurybasierte Filmförderung des Bundes zu rechnen ist. Insofern besteht die Herausforderung, der Menge an Anträgen Herr zu werden und daraus die Projekte auszuwählen, die dazu geeignet sind, die künstlerisch-kreative Qualität und Innovationskraft des deutschen Kinofilms zu steigern. Um dieser Herausforderung adäquat zu begegnen und sicherzustellen, dass Kinderfilme angemessen berücksichtigt werden, ist die Förderjury Kinderfilm (Treatment, Drehbuch, Projektentwicklung, Produktion, Kurzfilm) unverzichtbar. Sie sollte bis zu drei Mal pro Jahr tagen und über mindestens 20% der Mittel entscheiden – zur Erfüllung der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, sich tatsächlich jetzt um Kinder und ihre Belange und somit die Zukunft unseres Landes zu kümmern.
Wir hoffen, dass unsere Argumente nicht nur Gehör finden, sondern verhindert werden kann, dass eine der wesentlichen Säulen der deutschen Filmwirtschaft und Filmkultur substanziell Schaden nimmt und eine ganze Bevölkerungsgruppe diskriminiert wird. Dass wir für einen weiteren produktiven Austausch im Reformprozess selbstverständlich gern zur Verfügung stehen, haben wir bereits in den drei zuvor vorgelegten Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht. Wir möchten dieses Angebot eines persönlichen Austauschs erneut unterstreichen.
Erfurt, 28. Mai 2024
gez.
Förderverein Deutscher Kinderfilm e.V. (FDK)
Vorstand: Johanna Faltinat, André Fetzer, Norbert Lechner, Anne Schultka
Projektmanagement: Margret Albers
Vorsitzende des Kuratoriums: Nicole Kellerhals