Nach sechs Wochen heillosem Chaos rund um das Auswahlkomitee haben die Macher von 25 der 26 in Griechenland für eine Oscarnominierung in der Kategorie „Bester internationaler Film“ eingereichten Filme ihre Werke aus Protest zurückgezogen. Übrig blieb Eva Nathenas historisches Drama „Murderess“.
Mit der Einreichung von Eva Nathenas historischem Drama „Murderess“ für eine Nominierung in der Oscar-Kategorie „Bester internationaler Film“ geht in Griechenland eine sechswöchige Chaos-Phase rund um das Auswahlkomitee zu Ende, die die Wahl letztlich zu einer Farce hat werden lassen, nachdem die Macher von 25 der 26 eingereichten Filme ihre Werke aus Protest gegen das Geschehene zurückgezogen haben.
Was war passiert?
Vor rund sechs Wochen waren vier Mitglieder des Auswahlkomitees, Filmkritikerin Leda Galanou, Schauspielerin Kora Karvounis, Drehbuchautorin Kallia Papadakis und Regisseur Vassilis Kekatos – zwei Tage nach ihrer Ernennung wieder aus dem Gremium gestrichen wurden. Von staatlicher Seite hieß es, dass die Vier versehentlich von ihrer Teilnahme am Auswahlkomitee informiert worden seien, bevor dies endgültig feststand.
Schnell wurde ein Ersatzkomitee angekündigt und griechische Branchenvertreter beschwerten sich über den „inakzeptablen und beunruhigenden“ Umgang des Ministeriums mit der Situation. Mehrere Mitglieder dieses Ersatzkomitees, darunter Asimina Proedrou, die Regisseurin des letztjährigen griechischen Oscar-Beitrags „Behind the Haystacks“, traten daraufhin zurück.
Auf Facebook erklärte Proedrou anlässlich ihres Rücktritts aus dem Komitee, sie „weigere sich, die Stümperei der Regierung beim Auswahlverfahren zu legitimieren“.
Vor dem Hintergrund, dass nur noch bis 2. Oktober bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences Filme für eine Oscarnominierung in der Kategorie „Bester internationaler Film“ eingereicht werden können, ernannte das griechische Kulturministerium in dieser Woche fix zwei neue Mitglieder für das sechsköpfige Auswahlkomitee, den Kameramann Anastasios Michos und den Komponisten Nikos Platyrachos, die allerdings wenige Stunden nach der Bekanntgabe, das „Murderess“ ins Rennen gehen würde, ihren Rücktritt erklärten, was erneut Fragen nach der Legitimität des Verfahrens aufwirft und neue Vorwürfe über die Geschwindigkeit, mit der der letzte Auswahlausschuss zusammengestellt wurde, aufkommen ließ.
In ersten Kommentaren in Sozialen Medien wurde das Auswahlverfahren als „Schande“, „absurdes Theater“ und „absolutes Debakel“ bezeichnet.
Der stellvertretende griechische Kulturminister Iasonas Fotilas betonte gegenüber dem US-Branchenblatt „Variety“, dass die Vorkommnisse in diesem Jahr gezeigt hätten, dass man „das komplette Konzept überdenken müsse“.
Bereits im Vorfeld hatte die Hellenic Film Academy gefordert, das Auswahlverfahren ihr und ihren fast Mitgliedern zu übergeben. Im vergangenen Monat forderte die Akademie in einem offenen Brief, das diesjährige Auswahlverfahren abzuschaffen und keinen griechischen Film für die Oscarverleihung am 2. März 2025 einzureichen.
Die aktuelle Einreichung „Murderess“ feierte wurde bei ihrer Premiere auf dem Filmfestival in Thessaloniki mit sechs Preisen ausgezeichnet. Das Drama spielt um 1900 auf einer einsamen griechischen Insel und erzählt die Geschichte einer jungen Frau, der das Leben von der patriarchischen Gesellschaft schwer gemacht wird.
Bisher waren griechische Filme fünfmal für die Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film“ nominiert, zuletzt 2011 Yorgos Lanthimos‘ „Dogtooth“. Einen Gewinner aus Griechenland gab es in dieser Kategorie noch nie.
Noch bis 2. Oktober können Filme für die Kategorie „Bester internationaler Film“ bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences eingereicht werden. Am 17. Dezember wird dann eine 15 Filme umfassende Shortlist veröffentlicht. Die Nominierungen für die 97. Oscarverleihung am 2. März 2025 werden am 17. Januar bekannt gegeben.