Am 24. Mai startet in der ARD-Mediathek die junge, innovative Miniserie „BRÜT“ von Marian Freistühler und Oliver Bassemir. Wir sprachen mit Lara Kainz über die Gestaltung des „BRÜT”-Universums durch das Kostümbild, ein anderes aktuelles Projekt und ihren Ansatz als Kostümbildnerin.
Mit „BRÜT“ startet am 24. Mai eine innovative, junge, moderne fünfteilige Miniserie in der ARD-Mediathek, mit der viele der daran beteiligten – ebenfalls jungen – Kreativen vor wie hinter der Kamera ihr Debüt geben. Angefangen bei den beiden Creators und Regisseuren Marian Freistühler und Oliver Bassemir oder auch Kostümbildnerin Lara Kainz. Entstanden ist das Projekt – eine Geschichte, die einen queeren Blick auf die Welt wirft, in der es darum geht, das Sosein der Dinge als queer zu begreifen – mit Unterstützung des Nachwuchsprogramms für norddeutsche Filmstoffe, Nordlichter, des NDR, MOIN Filmförderung und nordmedia. Die Hamburger Tamtam Film ist als Produktionsfirma an Bord, mit Freistühlers und Bassemirs Ohne Falsch Film als Koproduzent.
Für Lara Kainz ist „BRÜT“ das erste Projekt im Film/Fernsehbereich als Kostümbildnerin. Drei Jahre lang war sie beim Staatstheater Hannover als Assistentin im Kostümdepartment angestellt. In Hannover studierte sie auch diesen Beruf, machte Station bei der Oper Hannover und schnupperte an verschiedenen Sets auch Film(kostüm)luft. „Nach drei Jahren Assistenz verspürte ich die Lust, selbst aktiv zu werden, in den Filmbereich zu wechseln und das Schauspielhaus zu verlassen“, erzählt Kainz. Ein bisschen Bammel hatte sie schon, weil man sich auf Jobs als Kostümbildnerin nicht einfach so bewerben könne: „Man braucht Glück und Kontakte. Ich hatte Glück, weil eine Kollegin, die ich vom Theater kannte, bei ‚BRÜT‘ mitmachte und mich an Bord holte.“ Gemeinsam mit Vera Holthaus übertrug man ihr die Verantwortung für das Kostümbild. Das Team verstand sich gut: „Es war toll. Mit Marian und Oliver, den beiden Serienschöpfern und Regisseuren, schwamm ich auf einer Welle. Alle hatten total Lust, was Verrücktes zu machen.“ Kainz gesteht, dass sie es liebt, wenn sie beim Kostümbild spezieller sein darf. „Deshalb war ich auch lange am Theater, weil man dort nicht nur zeitgenössisch sein muss wie oft im Film. Ein Krimi zum Beispiel muss authentisch sein, auch was die Kostüme betrifft.“ Bei „BRÜT” durfte sie glücklicherweise auch spezieller sein. Die Serie erzählt eine Geschichte, die zeitgenössisch ist, aber auch surreale Momente hat, die einfach in der normalen Welt passieren, einfach dazugehören. Die absurdesten Dinge geschehen mit einer totalen Selbstverständlichkeit. Gemeinsam mit Szenenbildnerin Florence Schreiber und Vera Holthaus wurde ein „BRÜT”-Universum entwickelt. Bunt, etwas skurril, jeder Charakter hat trotzdem seinen Kleidungsstil. „Wir haben allen Charakteren ihre Eigenheiten gegeben und dabei manchmal auch Klischees bedient, aber immer mit einem Augenzwinkern. Es sind alles liebenswerte Charaktere. Ich fand schön, dass man zu allen eine Sympathie aufbauen konnte“, so Kainz.
An ihrem Job liebt sie, dass sie sich immer mit der Frage beschäftigen kann: Wie kann ich durch die modischen Vorlieben eines Charakters den Spirit einer Geschichte unterstützen? „Wir schöpfen, was Mode betrifft, aus den Jahrhunderten vor uns. Wie verrückt ist es, dass aktuell wieder der Kleidungsstil getragen wird, mit denen ich aufgewachsen bin?“, sagt die junge Kostümbildnerin. Heutzutage ist Mode ist ein Mix aus den verschiedenen Epochen. Das spiegelt sich auch im Kostümbild von „BRÜT”. Kainz und ihre Kollegin haben viel mit Vintage-Stücken gearbeitet, sich in Fundi bedient. „Das ist unter dem Nachhaltigkeitsaspekt sehr wichtig!“ Generell findet sie Kostümfundi als Inspirationsquelle bereichernd, weil dort die Teile schon existieren, auf eine Art gelebt haben. „Wir sollten alle mehr Second Hand tragen, Es wird immer wichtiger. Das möchte ich in meinem Kostümbild transportieren.“
Auch bei ihrem zweiten Projekt, der Dokufiktion über Thomas Mann, „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“ von André Schäfer, stöberte sie in Kostümfundi. „Obwohl Thomas Mann eine historische Figur ist, ging es nicht um historische Authentizität. Es ging mehr um die Figur, ihr Universum, als um die Zeit“, erklärt Kainz. Schauspieler Sebastian Schneider, der die Titelrolle spielt, hat Kainz direkt von „BRÜT” „mitgenommen“: „Wir haben uns bei ‚BRÜT‘ so gut verstanden, dass er mich zur Folgeproduktion holte“, freut sich Kainz. Zu ihrem Verständnis, ihrer Herangehensweise als Kostümbildnerin gehört, Figuren nicht zu formen, sondern entstehen zu lassen, gerne mit dem jeweiligen Schauspieler/der jeweiligen Schauspielerin im Einklang. „Wenn die Person dann das Kostüm anzieht und ich erlebe, wie sie sich durch das Kostüm anders bewegt, anders spricht, wie es unterstützend zur Erarbeitung der Rolle dient, geht mein Herz auf.“ Die Grundlage einer Zusammenarbeit sollte immer gegenseitiges Vertrauen sein. „Mir ist wichtig, dem Schauspieler oder der Schauspielerin bei der Anprobe zuzuhören, was er oder sie über die Rolle denkt. Wenn man gemeinsam an einem Strang zieht, ist das Ergebnis am stärksten.“ Das gilt auch für die Arbeit mit der Regie. „Ich hatte Glück, dass ich sowohl bei ‚BRÜT‘ als auch dem Thomas-Mann-Film immer auf Augenhöhe mit den Regisseuren sprechen konnte und mein Können auch unter Beweis stellen durfte. Das ist nicht selbstverständlich, wenn man frisch in der Branche ist.“ Kainz hofft auf weitere innovative Projekte im Stil von „BRÜT”, weil sie hier ihre Vorliebe für Anderes, Neues, Spezielles zur Geltung bringen kann. „Es ist eine schöne Entwicklung, dass mit den Mediatheken Räume für derartige Formate für ein anspruchsvolles junges Publikum geöffnet werden.“
Barbara Schuster