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Heinz Lochmann: „Wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder machen“

Es trägt den Traumpalast mit im Namen, ist und bleibt aber Das Metropol: Gestern konnte Heinz Lochmann das von ihm Anfang 2023 übernommene Haus nach umfassender Renovierung und Modernisierung eröffnen – allerdings noch nicht in Gänze. Ein Gespräch über ganz besonderen Aufwand hinter einem ganz besonderen Herzensprojekt.

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Heinz Lochmann hat mit dem Metropol ein Herzensprojekt verwirklicht (Credit: Lochmann FTB)

Kletterhalle statt Kino? Im Metropol? Diese Aussicht trieb Stuttgarter Kinofans ab dem Dezember 2020 mehrfach auf die Straße, insgesamt acht Kundgebungen wurden von der Initiative „Rettet das Metropol“ organisiert, bis im Januar 2023 die erlösende Nachricht kam: Das Metropol bleibt ein Kino, Heinz Lochmann hat mit der Union Investment einen Mietvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren unterschrieben. Dann ging es an die Renovierung und Modernisierung – und obwohl Lochmann (natürlich) modernste Technik bis hin zum LED-Screen verbaute, hat es seinen Grund, dass der SWR sich für die Schlagzeile „Kino Metropol erstrahlt in altem Glanz“ entschied. Denn es ging gerade auch darum, die historischen Elemente zu bewahren, herauszuarbeiten, der Tradition ein Denkmal zu setzen.

Am 16. Oktober konnte „Das Metropol“ nun mit einem Special Screening von „Hagen“ wiedereröffnet werden (wir berichteten), seit heute läuft der Spielbetrieb in zwei Sälen, der dritte soll umgehend folgen. Wir sprachen unmittelbar vor der Eröffnung mit Heinz Lochmann über besonderen Aufwand hinter einem besonderen Herzensprojekt.

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Sagenhafter Auftakt: Die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert (hier mit Marius Lochmann) kamen zum Special Screening von „Hagen“, mit dem Das Metropol wiedereröffnet wurde. (Credit: Lochmann FTB)

Eröffnungsfeierlichkeiten sind für Sie ja beinahe schon Routine – aber am Ende ist es doch jedes Mal etwas ganz Besonderes?

Heinz Lochmann: Natürlich, am Ende sind es ja doch immer Herzensprojekte – und das gilt ganz besonders für Stuttgart und dieses Haus, das ich seit vielen Jahrzehnten kenne. Schon seit meiner Zeit als kinobegeisterter junger Mann, der dieser Leidenschaft aber erst einmal nur in der Freizeit nachgegangen ist. Ich habe damals in der Konditorei Kipp gearbeitet und bin nach Feierabend regelmäßig ins Kino. Das kommt mir beinahe vor wie gestern: Freitag nach der Arbeit um 14 Uhr in „Krieg der Sterne“ – und dann kommt man raus und sieht diese riesige Schlange an den beiden Kassen und mittendrin hört man „Ausverkauft!“. Für mich klang das wie Musik. Ich habe mich damals schon in meiner Freizeit um die von meiner früh verstorbenen Tante gebauten Löwenlichtspiele in Rudersberg gekümmert, aber das war eine ganz andere Nummer. Wir waren damals ja Nach-Nach-Nachspieler, da war man manchmal froh, wenn überhaupt 30, 40 Leute kamen. Das Metropol war einfach ein Sehnsuchtsort – wenn dort einst der Spediteur kam, habe ich regelmäßig auf die Ladefläche geschaut, auf die verplombten Kopien. So eine Kopie einmal selbst öffnen zu dürfen: Das war immer mein großer Wunsch.

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Ein Blick in den großen Saal 1 mit dem Balkon (Credit: Lochmann FTB)

Den konnten Sie sich im Lauf ihres Lebens dann ja durchaus das eine oder andere Mal erfüllen…

Heinz Lochmann: Das Schicksal hat es wirklich gut mit mir gemeint, ich habe außerordentliches Glück gehabt, wie der Weg dann verlief. Ironischerweise haben wir uns erst mit Schorndorf, Waiblingen und Backnang, später Esslingen, Nürtingen und Leonberg und schließlich Schwäbisch-Gmünd immer um Stuttgart herumbewegt, ohne je direkt dort gelandet zu sein. Deswegen war es mir ein ganz besonderes Anliegen, diese Chance zu ergreifen und die Zukunft des Metropol zu sichern – wobei mir die reiche Historie dieses Gebäudes erst nach und nach voll bewusst wurde. Das erfüllt einen dann doch mit besonderem Stolz.

Die emotionale Bindung an die Tradition spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass Sie am Namen festgehalten haben?

Heinz Lochmann: Das ist etwas, das ich mit meinem sehr guten Freund Achim Flebbe gemeinsam habe. Es gibt einfach Kinos, deren Name so verwurzelt ist, dass viel dafür spricht, ihn fortzuführen – man denke nur an die ASTOR Film Lounge im ARRI. Wenn man vor dem Metropol und seinen drei Eingängen steht, sieht man links und rechts diesen Namen und in der Mitte steht „Ein Traumpalast-Kino“. Ich denke, das ist ein guter Weg. Das Metropol ist einfach das Metropol.

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Das Foyer im Metropol (Credit: Lochmann FTB)

Mit welcher Vision sind sie an die Modernisierung gegangen?

Heinz Lochmann: Natürlich vor allem jener, ein wirklich schönes Lichtspieltheater zu schaffen. Eines, das voll aus der Historie schöpft, das zwar mit der modernsten Technik aufwartet, den Charme und die nostalgische Atmosphäre aber nicht nur bewahrt, sondern mit in den Vordergrund rückt. Es ging darum, einen wirklich besonderen Ort zu schaffen, der einen ganz eigenen Reiz hat. Das habe ich ja nun auch nicht für mich gepachtet – schauen wir nur nach Kassel, wo man im Filmpalast die historische Kaskade hochleben lässt, mit Wasserspielen und allem Drum und Dran. Ich denke, es muss in der Wahrnehmung nicht immer ein High-Tech-Tempel sein, auch wenn im Hintergrund modernste Technik am Werk ist. Natürlich war es mit immens hohem Aufwand verbunden, die architektonischen Besonderheiten zur Geltung zu bringen: die Lichtkuppeln im Metropol, die jetzt mit LED-Beleuchtung aufwarten, den historischen Kronleuchter, oder den Vorhang, der nach oben aufgezogen wird. Die Wand von Kino 2 zum Beispiel musste um vier Meter nach hinten versetzt werden, damit wir unsere architektonischen Vorstellungen umsetzen konnten.

Lohnt sich das denn?

Heinz Lochmann: Wenn ich das nicht glauben würde, hätte ich es vermutlich nicht gemacht. Im Ernst: Wir sprechen ja unmittelbar vor der Eröffnung miteinander, insofern werden die nächsten Wochen zeigen müssen, wie gut die Gäste es annehmen. Es ist jedenfalls riesiges Interesse da, das schon seit geraumer Zeit durch die enorme Berichterstattung rund um das Kino und seine Zukunft geschürt wird, auch weil ihm ja zeitweise das Schicksal drohte, zur Kletterhalle zu werden. Wir haben am Tag des offenen Denkmals Führungen angeboten, die im Nu ausgebucht waren. Ob das Menschen waren, die auch ins Kino gehen, oder nur solche, die wegen des Gebäudes selbst gekommen sind, kann ich nicht sagen, aber die Reaktionen waren enorm positiv – ich hoffe, dass das bei der Jugend nicht anders sein wird.

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Eine weitere Impression aus Saal 1 (Credit: Lochmann FTB)

Welches Potenzial bietet denn ein Standort wie Stuttgart?

Heinz Lochmann: Stuttgart selbst hat über 600.000 Einwohner, inklusive des engeren Einzugsgebiets sind es über eine Million. Das ist schon ordentlich, vor allem wenn man bedenkt, wie sich die Kinolandschaft hier zuletzt entwickelt hat. Der UfA-Palast wurde quasi mit Beginn der Pandemie geschlossen, im Cinemaxx wurde im Zuge der Modernisierungen die Sitzplatzzahl massiv reduziert. Wenn dieses Umfeld keine paar hundert Sitze zusätzlich trägt, müsste man sich wahrscheinlich fragen, ob man das mit dem Kino nicht generell falsch angeht. Natürlich ist die Marktsituation grundsätzlich herausfordernd. Aber wenn es einfach wäre, könnte es ja jeder machen.

Ursprünglich wollten Sie das Metropol erheblich früher eröffnen. Woran hakte es denn?

Heinz Lochmann: Es ist nicht so, als könnte ich mich über mangelnde Unterstützung der Stadt beschweren. Aber die Mühlen der Verwaltung mahlen einfach so viel langsamer als die der Wirtschaft… Mit welchen Auflagen man sich heutzutage herumschlagen muss, ist einfach Wahnsinn. Gleichzeitig wird alles auch technisch immer komplexer. Ich habe schon Kinos mit zehn Sälen gebaut, mit denen zwei, drei Elektriker beschäftigt waren – jetzt sind es ein Dutzend für drei Säle. Aber gut, das habe ich mir ja so ausgesucht…und immerhin kann mir Achim versichern, dass es ihm bei seinen letzten Neueröffnungen nicht anders ging.

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Am 16. Oktober wurde mit einem Special Screenings von „Hagen“ eröffnet, seit 17. wird in zwei Sälen gespielt, der dritte soll sehr bald folgen (Credit: Lochmann FTB)

Der Start erfolgte mit zwei von drei Sälen – warum haben Sie nicht abgewartet, bis alles unter Dach und Fach war?

Heinz Lochmann: Wenn ich jetzt nicht geöffnet hätte, wann dann? Dann hätte ich gleich bis „Gladiator II“ warten können, man will ja auch attraktives Programm haben. Im Spätsommer war mein Traum, mit „Joker“ öffnen zu können, aber das ist sich leider nicht ganz ausgegangen. Naja, damals hatte ich auch erwartet, dass der Film besser laufen würde. Dass er so abstürzt, ist schon schade – denn es ist ein wirklich tolles Werk! Aber gut, am Ende muss der Köder dem Fisch schmecken, wie man so schön sagt – und für das breite Publikum war er wohl zu ungewöhnlich. Jetzt freue ich mich einfach, dass wir mit „Hagen“ in Anwesenheit der Regisseure eröffnen konnten und das außerordentliche Glück haben, mit „Cranko“ einen Neustart zu haben, der für Stuttgart ein lokales Phänomen vergleichbar mit dem „Eberhofer“ in Bayern ist. Und „Die Schule der magischen Tiere“ zieht ja auch. So schlecht haben wir es nicht getroffen.

Wie lange dauert es denn noch, bis auch der dritte Saal spielbereit ist?

Heinz Lochmann: Ein oder zwei Wochen. Der Saal an sich ist ja fertig, es geht jetzt eigentlich nur noch um Einstellung und Abnahme der Klimatechnik.

Dort kommt dann künftig ein LED-Screen zum Einsatz. Bereits Ihr dritter, bei gerade einmal einem halben Dutzend deutschlandweit…

Heinz Lochmann: Das hatte nicht zuletzt architektonische Gründe. Der Raum ist nicht besonders hoch und wir hatten die Wahl, entweder nicht aufzurampen oder auf diese Lösung zu setzen. Und das Bild ist ja hervorragend! Wir haben auch keinerlei Kosten und Mühen gescheut, um in allen drei Sälen Dolby Atmos zu haben. Das ist in einem LED-Saal bekanntlich nicht ganz einfach, nachdem man hinter dem Screen keine Lautsprecher platzieren kann… Aber nachdem wir das in Esslingen und Schwäbisch-Gmünd schon geschafft hatten, war das jetzt Ehrensache. Ich hatte anfangs sogar die verrückte Idee, drei Dolby Cinemas ins Metropol zu holen. Aber das war architektonisch gar nicht möglich, in keinem der Säle. Aber gut, zwei Mal 4K-Laserprojektion, ein 4K-Screen und überall Dolby Atmos ist ja jetzt auch nicht von schlechten Eltern. 

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Saal 2 des Stuttgarter Metropol (Credit: Lochmann FTB)

Wie wollen Sie das Metropol programmatisch positionieren?

Heinz Lochmann: Ich würde mal sagen: Gehobener Mainstream mit ein wenig Arthouse. Große Unterhaltung, aber gerne auch ein wenig Anspruch. Am Ende muss man auch mal sehen, wie man sich neben den Mitbewerbern positioniert. Muss jeder immer alles spielen und das gleichzeitig? Vielleicht findet man gemeinsam klügere Wege. 

Kommen Sie jetzt erst einmal zur Ruhe oder gibt es schon weitere Pläne?

Heinz Lochmann: Tatsächlich habe ich schon wieder einen Bauantrag eingereicht, im Metropol soll schon noch das eine oder andere Highlight im nächsten Jahr kommen. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen, aber Sie wissen, wie ich bin: Mir fällt immer etwas Neues ein, um Dinge noch zu optimieren. Ansonsten kann ich noch nicht sagen, was die Zukunft bringt. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich habe. Ich muss mich nicht auf Teufel komm raus auf neue Projekte stürzen. Aber man bleibt ja immer offen…

Das Gespräch führte Marc Mensch