Fast 25 Prozent weniger Umsatz und 32 Prozent weniger Kinobesuche als im Vorjahr: Die Quartalsbilanz des kanadischen Kinomarktführers Cineplex sieht auf den ersten Blick alles andere als gut aus. Nicht umsonst fügte man der entsprechenden Mitteilung die Zahlen für Juli bei – die Aussagekraft über diesen Markt hinaus haben.
Das zweite Quartal 2024 war für die Kinos kein allzu angenehmes – bis zum Finale, als „Alles steht Kopf 2“ übernahm. Nach den Gründen für Zahlen, die es hierzulande vor allem im April nicht mit jenen des Vorjahres aufnehmen konnten, musste man indes nicht lange suchen: Der Mangel an US-Tentpoles war evident – was sich natürlich auch in zeitweise enormen Rückständen des nordamerikanischen Marktes auf das vorpandemische Niveau äußerte. Nach zwei erfreulichen Monaten lag das Minus Ende Juli dann bei „nur“ noch 31 Prozent – nicht gerade Anlass, um mit Blick auf den US-Kinosommer (der nach allgemeinem Branchenverständnis im Mai beginnt) gleich wieder zu den Superlativen zu greifen.
Schließlich haben die großen Hits seit Ende Juni im Grunde das getan, was man sich von ihnen erhofft hatte – wobei „Alles steht Kopf 2“ tatsächlich ein klarer Überperformer ist. Oder anders gesagt: Der nordamerikanische Markt lag im Juli trotz aller positiven Nachrichten um 13 Prozent unter dem (enorm starken) Vorjahresmonat. Ein „Wunder“ sieht dann doch anders aus. Zumal auch im Mai höchst kostspielige Filme gestartet waren, die beim Publikum aber nicht recht ankommen wollten. Immerhin: Der August ist gut gestartet, jetzt gilt es abzuwarten, wie sehr das Momentum bis in den Herbst trägt.
Was Juni und Juli jedenfalls eindrucksvoll gelingt: Die Quartalsbilanz des kanadischen Marktführers Cineplex aufzuhübschen – und sei es im Fall des Monats Juli nur als ergänzende Tatsache in der Pressemitteilung.
Denn die Zahlen sind auf den ersten Blick erst einmal ernüchternd: Gut 277 Mio. (hier stets kanadische) Dollar wurden im zweiten Quartal umgesetzt, gut 8,7 Mio. Kinobesuche wurden verzeichnet. Ersteres markiert ein Minus von 24,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, letzteres eines von ganzen 31,8 Prozent. Hinzu kommt: Die Umsätze umfassen jene der Entertainment Center, die Cineplex abseits der Kinos betreibt – und deren Beitrag von 29,4 Mio. Dollar stellte laut Unternehmensangaben einen Rekord dar. Unter dem Strich verzeichnete Cineplex im zweiten Quartal einen Nettoverlust von 21,4 Mio. Dollar, nachdem in Q2 2023 noch ein Plus von gut 176,5 Mio. Dollar zu Buche gestanden hatte.
Deutlich weniger dramatisch sieht der Zwischenstand zum Halbjahr aus: Dieser liegt nach Umsatz um 13,2 Prozent hinter Vorjahr, nach Kinobesuchen um 17,8 Prozent.
Was die Zahlen von Cineplex aber auch klar machen: Nach schlechten Ergebnissen im April und Mai kam der Erfolg im Juni zurück. Oder um es anhand eines Vergleichs mit 2019 zu illustrieren, wie Cineplex dies explizit tut: Im April wurden bei Cineplex nur 46 Prozent des Boxoffice aus dem Vergleichsmonat 2019 erzielt, im Mai 49 Prozent. Dieser Anteil stieg im Juni auf 90, im Juli sogar auf 94 Prozent.
Alleine im Juli verzeichnete Cineplex Ticketumsätze in Höhe von rund 72,5 Mio. Dollar – das sind 63 Prozent der Summe von 114,5 Mio. Dollar, die insgesamt zwischen April und Juni umgesetzt wurde – oder anders ausgedrückt: Das Juli-Boxoffice lag um fasst 100 Prozent über dem Schnitt der drei vorangegangenen Monate.
Der Monatsvergleich
Monat | Boxoffice 2019* | Boxoffice 2023* | Boxoffice 2024* | 2024 vs. 2019 | 2024 vs. 2023 |
April | 63,759 | 61,278 | 29,183 | 46% | 48% |
Mai | 68,697 | 47,514 | 33,936 | 49% | 71% |
Juni | 56,918 | 55,701 | 51,359 | 90% | 92% |
Q2 komplett | 189,374 | 164,493 | 114,478 | 60% | 70% |
Juli | 76,935 | 86,388 | 72,468 | 94% | 84% |
Nicht umsonst lautet der Kommentar von Cineplex-CEO Ellis Jacob zur Vorlage der Bilanz: „Das Ende des zweiten Quartals markierte einen Wendepunkt für unsere Industrie.“ Und weiter: „Wie erwartet sah sich die Filmindustrie in der ersten Jahreshälfte aufgrund der langfristigen Auswirkungen der Streiks mit Herausforderungen konfrontiert, aber mit den beiden aufeinanderfolgenden Monaten Juni und Juli, die zu über 90 Prozent das Niveau vor der Pandemie erreichten, ist klar, dass diese Herausforderungen hinter uns liegen.“
Man blicke man wachsender Zuversicht auf das Kinogeschäft, nachdem sich das Filmangebot weiter verbessere. Tatsächlich habe der Aufsichtsrat einem Aktienrückkauf zugestimmt, in dessen Rahmen Cineplex innerhalb der kommenden zwölf Monate bis zu 6,3 Mio. Stammaktien erwerben könnte.
Was sich übrigens trotz aller Herausforderungen im zweiten Quartal verbessert hat, sind die Pro-Kopf-Umsätze – und das sowohl bei den Tickets (ein Plus von 2,1 Prozent auf 13,11 Dollar) wie auch bei den Concessions (ein Plus von 3,8 Prozent auf 9,56 Dollar). Zudem setzt Cineplex überdurchschnittlich stark auf alternativen Content, wozu man unter anderem indische Filme zählt, bei denen der kanadische Marktführer im Schnitt auf 75 Prozent des gesamten nordamerikanischen Boxoffice komme. Gerade bei internationalen Produktionen plane man die Einsätze mithilfe von KI-Tools, wie Jacob in einem Bilanzgespräch darlegte. Mithilfe dieser Technologie würden sich die besten Standorte für entsprechende Einsätze sehr zielgenau ermitteln lassen – die KI orientiert sich dabei nicht zuletzt an dem „Buzz“, denn einzelne Titel in bestimmten Regionen in sozialen Netzwerken generieren.