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Matthias Helwig vom Fünf Seen Filmfestival: „Immer wieder Frustmomente“

Das 18. Fünf Seen Filmfestival startet Anfang September. Die Zukunft der von Kinobetreiber Matthias Helwig erfolgreich aufgebauten Veranstaltung ist jedoch alles andere als gesichert. Wir sprachen mit ihm über die Schwierigkeit, Gehör bei den Gemeinden zu finden, die Wichtigkeit der AG Filmfestival und sein Festivalprogramm, auf das er stolz ist.

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Matthias Helwig ist Gründer und Leiter des Fünf Seen Filmfestival und betreibt die Breitwand Kinos in Starnberg, Seefeld & Gauting (Credit: Johanna Schlüter)

Sie haben bereits im April und Mai auf die nicht gesicherte Finanzierung und die damit unsichere Zukunft des von Ihnen gegründeten Fünf Seen Filmfestival hingewiesen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge? Hat Ihr Alarmschlagen gefruchtet?

Matthias Helwig: Der Stand der Dinge ist der, dass die diesjährige, 18. Ausgabe gesichert ist und läuft. Unser Programm steht. Glücklicherweise haben wir weitere Förderer gefunden, Privatpersonen wie auch die Kreissparkasse Starnberg-Ebersberg, die draufgelegt hat, dank derer wir die uns fehlende Summe für 2024 zusammenbekommen haben und somit zum Beispiel die Dampferfahrt retten konnten. Die Filmbranche schätzt mein Festival, alle äußern sich begeistert. Doch sobald ich in meine eigenen Gemeinden gehe, wird es schwierig. Dort versteht man die Größe der Veranstaltung nicht, oder will sie nicht verstehen. Ich bin ja schon lange im Geschäft: Wenn man Glück hat, hat man es mit kulturaffinen Bürgermeistern zu tun, wenn man Pech hat, nicht. 

Wie kann ein Zukunftsmodell des Festivals aussehen? Sie sprachen u.a. von der Gründung eines Freundeskreises…

Matthias Helwig: Der Freundeskreis ist am Entstehen. Es haben schon einige gespendet. Er wird mit Sicherheit ein kleiner weiterer Baustein sein, der dem Festival hilft. Ich bin auch bestrebt, das Team zu verjüngen. Im Oktober habe ich bereits einen Termin anberaumt, bei dem ich versuchen werde, diesen Verjüngungsprozess anzustoßen. Außerdem möchte ich das Team insgesamt noch mehr in die Verantwortung nehmen, zum Beispiel mit eigenen Sektionen. Problematisch wird es mit Blick auf die Trägerschaft. Hier wird es leider ganz schwierig…

Die Trägerschaft ruht einzig und allein auf Ihren Schultern. Wie viel Selbstausbeutung steckt hinter dem Festival?

Matthias Helwig: Ich rede nicht gerne über mich. Ich mache meine Sachen einfach gern, mit Freude. Wenn man damit glücklich ist, ist man glücklich. Da gibt es den Ausdruck Selbstausbeutung nicht. Erst einmal! Die Frage nach der Selbstausbeutung stellt sich erst, wenn man merkt, dass bei gewissen öffentlichen Stellen in meinem Landkreis immer noch nicht realisiert wurde, was man seit so vielen Jahren aufgebaut hat – für die Gemeinden wohlgemerkt! Da frage ich mich schon: Was mache ich eigentlich die ganze Zeit? Das sind Frustmomente, weil man das Gefühl hat, es wird nicht honoriert, was man für die Öffentlichkeit macht. Politiker neigen dazu, nette Kommentare abzugeben. Aber Butter bei die Fische, wie man im Norden sagt: irgendwann braucht es mehr als nur nette Kommentare. 

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Die Dampferfahrt auf dem Starnberger See konnte für dieses Jahr gerettet werden: Sie findet bereits vor Festivalstart statt (Credit: Pavel Broz)

Was versprechen Sie sich von der Vertretung der Festivals über den jüngst gegründeten Verband AG Filmfestival?

Matthias Helwig: Wenn man einen Verband gründet, will man das Ohr in der Politik erreichen, überhaupt auf sich aufmerksam machen. Das ist ein wichtiger Schritt, weil die Auswertung von Filmen durch Filmfestivals in Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird. Die Branche befindet sich in einer Umbruchsituation, letztendlich in einer schwierigen Situation. Manchmal wird die Situation nur sehr schöngeredet. Als Kinobetreiber – von Arthousekinos wohlgemerkt – bediene ich heute in einem viel stärkeren Maße als noch vor ein paar Jahren das Programm der drei bis vier US-Majors. Weil alle anderen Filme, auch die durchgeförderten deutschen, nur verschwindend geringe Besucherzahlen schreiben – bei einem 85-Millionen-Volk! Das muss man sich vor Augen führen. Was tun? Entweder unterstützt man die Kinos noch mehr, oder man weiß, dass man diese Filme, die im normalen Kinogeschäft ein bis zwei oder 40 bis 100 Besucher machen, herstellt, um sie auf Events laufen zu lassen, wie Filmfestivals es sind. Mit der Eventisierung erreicht man mehr Menschen. Damit diese Filme überhaupt sichtbar werden, braucht man Filmfestivals. Die Sichtbarmachtung dort unterstützt im Idealfall die spätere reguläre Kinoauswertung. Dabei ist die Bedeutung von regionalen Filmfestivals nicht zu unterschätzen. Denn große Schiffe wie die Berlinale sind heute kaum mehr Zugpferd, der Gewinn des Goldenen Bären allein reicht nicht, um später garantiert Kinotickets zu verkaufen. Das schaffen eventuell noch die Preisträger aus Cannes und Venedig. Deshalb ist es wichtig, lokale Festivals zu fördern. Deshalb ist es wichtig, dass die AG Filmfestival Gehör findet, um in der Auswertungsfrage neben der dominierenden Produzentenmeinung eine Stimme zu haben. 

Blicken wir abschließend noch auf die anstehende 18. Ausgabe des Fünf Seen Filmfestival. Was sind Ihre Highlights?

Matthias Helwig: Erstes Highlight ist gleich der Eröffnungsfilm, „In Liebe, Eure Hilde“ von Andreas Dresen, dem wir auch eine Retrospektive widmen. Ich schätze und verehre ihn als Filmemacher, weil ihm gelingt, was nicht vielen gelingt: Man kann sich mit den Figuren seiner Filme identifizieren. Auch wenn sie durchaus Ecken und Kanten haben: Man liebt sie einfach. Ebenso freue ich mich auf Corinna Harfouch, die wir mit dem Hannelore-Elsner-Preis ehren. Auch sie schätze ich, weil sie es über die lange Zeit ihrer Karriere immer schafft, ihre Rollen punktgenau darzulegen. Und mit Hans Steinbichler kommt ein weiterer toller Kreativer, der mir mit seinen Geschichten aus dem Herzen spricht. 

„In Liebe, Eure Hilde” eröffnet das 18. Fünf Seen Filmfestival; außerdem wird Andreas Dresen mit einer Retro geehrt (Credit: FSFF)

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Sie haben über 100 Filme im Programm… Auf welche freuen Sie sich hier besonders?

Matthias Helwig: Natürlich sind mir alle Filme aus dem Programm wichtig. Wenn ich einige nennen müsste, so aus dem Wettbewerb „Melk“ aus den Niederlanden oder „Anna“ von Marco Amenta, der bereits beim Filmfest München zu sehen war. Die schwarzhumorige Komödie „Feinfühlige Vampirin sucht lebensmüdes Opfer“ von Ariane Louis-Seize, bei deren Screening in Thessaloniki ich schallend lachen musste, kann ich auch empfehlen, ebenso „Animal“ über Animateure auf einer griechischen Insel. Das sind alles wunderbare Filme, die im Alltagsgeschäft völlig untergehen oder gar nicht gezeigt werden würden.

Ihre Kurzfilme nicht zu vergessen…

Matthias Helwig: Das Fünf Seen Filmfestival ist durchaus ein kleiner Tanker, der sich auch mit vielen Kurzfilmen schmückt. Unsere Kurzfilmpreisjury äußerte sich bereits ganz begeistert über die Vorauswahl. Zu ihr zählt der israelische Kurzfilm „Tethys Sea“, was gut passt, weil Israel oder besser gesagt die gesamte Levante-Region – also auch mit den Ländern Libanon und Jordanien – unsere diesjährige Gastregion ist. Mir ist bewusst, wie katastrophal und verfahren die Situation dort ist, aber mir war wichtig, ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass hinter all dem immer noch Menschen stehen.

Das Gespräch führte Barbara Schuster

18. Fünf Seen Filmfestival