Kultfilmalarm! Nach dem überraschenden internationalen Erfolg von „Heavy Trip“ legen die beiden Finnen Jukka Vidgren und Juuso Laatio jetzt nach. Nach der Deutschlandpremiere von „Heavier Trip – Road to Wacken“ auf dem Filmfest Hamburg startet der Film jetzt im Verleih von Lighthouse Entertainment / 24 Bilder.
Sechs Jahre Abstand zwischen „Heavy Trip“ und „Heavier Trip“. Was hat so lange gedauert?
Jukka Vidgren: Es hat überhaupt erst einmal eine Weile gedauert, bis sich „Heavy Trip“ herumsprach und sich zu einem internationalen Hit entwickelte. Eigentlich hatten wir das gar nicht geplant. Kurz nachdem uns Produzenten angesprochen hatten, ob wir es uns denn womöglich vorstellen könnten, eine Fortsetzung zu machen, schlug Corona zu. Das warf uns etwas zurück, aber gab uns die Zeit, das Drehbuch zu schreiben. 2022 wollten wir eigentlich drehen, da waren wir aber mit der Finanzierung noch nicht so weit. Also wurde es 2023. Wenn man so will: Alles nicht so wild. Jetzt sind wir ja fertig!
Juuso Laatio: Wir werden schneller! Am ersten Film haben wir sechseinhalb Jahre gearbeitet. Teil drei kommt dann in zwei Monaten. 😊
Sie sagen, dass der Erfolg nicht geplant war. Wie meinen Sie das?
Juuso Laatio: Für uns war es nicht vorstellbar, dass sich irgendjemand außerhalb von Finnland für den Film interessieren könnte. Warum auch? Wir waren nicht einmal sicher, ob es ein Publikum in unserer Heimat dafür geben würde. Naja, wir waren zuversichtlich, dass er an den Orten in Finnland funktionieren würde, die bekannt für ihre sehr aktiven Metalszenen sind. Aber mehr war da nicht. Dass es da tatsächlich Leute in Südamerika gibt, die zusammen „Heavy Trip“-Partys feiern, macht mich unverändert fassungslos.
Wie sind Sie an Teil 2 herangegangen?
Jukka Vidgren: Wenn man einen zweiten Film macht, soll er sich vertraut anfühlen, aber auf keinen Fall noch einmal mehr von demselben sein. Also haben wir uns hingesetzt und überlegt, worum es in „Heavy Trip“ wirklich ging, Heavy Metal hin, Heavy Metal her: Es geht um ein paar Jungs, die lernen müssen, über ihren Schatten zu springen. Sie müssen ihre Bühnenangst überwinden, ihren Sound und ihre Stimme finden. Es erschien uns logisch, den natürlichen nächsten Schritt in der Geschichte einer Band zu gehen. Wie bleibt man sich treu? Wie kann es einem gelingen, den Versuchungen des Geldes und des Ruhms zu widerstehen und sich nicht zu verkaufen? Gerade in der Metalszene ist das ein wichtiges Thema. An dieser Idee haben wir immer festgehalten, auch wenn es viele teilweise sehr unterschiedliche Drehbuchfassungen gegeben haben mag.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihnen Teil zwei leichter von der Hand ging?
Jukka Vidgren: Einfacher war es, weil wir die Figuren bereits definiert hatten, weil wir wussten, wie der Ton des Films sein müsste. Aber wir machen uns nichts vor: Es war verdammt hart, bis wir ein Drehbuch hatten, mit dem alle Beteiligten zufrieden waren.
Spiegelt sich Ihre eigene Erfahrung in der Handlung des Films?
Jukka Vidgren: Klar, irgendwie schon. Ein bisschen ist so etwas zu erwarten. Der neue Film hat ein höheres Budget, es gibt gewisse Erwartungen. In den USA wurden wir bei der Weltpremiere in Austin gefragt, ob wir mit dem Film ein Statement zur Kommerzialisierung der Metalmusik abgeben würden.
Juuso Laatio: Dabei ist es unser Kommentar zur Filmindustrie.
Sie sind also die Impaled Rektum der Filmindustrie?
Juuso Laatio: Kann man so sehen. Schauen sie, wir verstehen das Spiel. Filme finanzieren sich nicht von selbst. Sie sind eine teure Angelegenheit, der zweite Teil mehr noch als der erste Film. Man muss Kompromisse eingehen, sonst kommt man gar nicht erst vom Fleck. Das ging uns beim ersten Film so, das war beim zweiten Film erst recht so. Hinterher fühlt es sich dann etwas komisch an. Aber entscheidend ist es, dass man den Film überhaupt gemacht bekommt. Man kann also sagen: Es ist ein Meta-Meta-Film. Oder ein Meta-Metal-Film. Was Ihnen besser gefällt.
Jukka Vidgren: Nicht alle unsere Ideen kamen bei den Geldgebern gut an. Andere haben wir mit Nachdruck durchgebracht. So läuft das Spiel nun mal. Aber wir finden, dass wir uns und dem ersten Film treugeblieben sind.
Juuso Laatio: Ein bisschen ging es uns wie einer Band, die nach einem erfolgreichen Debütalbum ein noch besseres zweites Album abliefern soll. Das ist immer hart. Nicht jeder ist Iron Maiden, der als zweites Album ein „Killers“ im Köcher hat.
Jukka Vidgren: Wenn man die ganze Zeit darüber nachdenkt, was die Menschen sehen wollen, wird man wahnsinnig. Das haben wir beim ersten Film auch nicht gemacht. Da sind wir einfach unserer Eingebung gefolgt.
Juuso Laatio: Natürlich sitzt man da und fragt sich, ob man noch mehr zu bieten hat.
Jukka Vidgren: Oder ob man sein Pulver nach dem ersten Film bereits verschossen hat.
Sie haben diesmal auch Unterstützung aus der internationalen Metal-Community erhalten. War es leicht, die Cameos zu bekommen?
Juuso Laatio: Das eine große Cameo, auf das wir gehofft hatten und das lange so aussah, als würde es klappen, hat schließlich nicht hingehauen.
Jukka Vidgren: Weshalb Juuso einen der kuriosesten Auftritte der Filmgeschichte hat. Wenn man ihn sieht, wissen Sie, wovon ich rede. Eigentlich sollte da Dave Mustaine von Megadeth vor der Kamera stehen. Hat nicht sollen sein.
Einen besonders guten Ruf genießt er ohnehin nicht…
Juuso Laatio: Don’t meet your idols!
Jukka Vidgren: Dafür haben wir Babymetal bekommen. Das war sehr cool. Und ein glücklicher Zufall, weil ihr Produzent in Japan ein Fan des ersten Films war und den Kontakt hergestellt hat. Babymetal sind eine gefragte Band, eigentlich immer auf Tour. Sie hatten nur drei freie Tage am Stück und kamen extra nach Litauen zum Dreh eingeflogen. Dafür haben wir dann unseren Dreh angepasst.
Wie sah der Kontakt zu Wacken aus?
Jukka Vidgren: Sie sind ebenfalls Fans! Wie man uns erzählt, haben sie den Film an drei Jahrgängen auf dem Festival gezeigt, weil sie ihn so sehr mögen. Festivalchef Thomas Jensen hat sich schnell bereiterklärt, uns zu unterstützen. Das hilft. Natürlich war es dann immer noch eine Menge Arbeit für die Produktion, die Logistik zu stemmen. Bei einem so riesigen Unterfangen wie Wacken ist das grundsätzlich nicht ganz einfach. Und schon gar nicht im vergangenen Jahr, als sie mit den unfassbaren Mengen von Regen zu kämpfen hatten und das ganze Festival auf der Kippe stand, Menschen mit Tickets wieder weggeschickt werden mussten, weil man für ihre Sicherheit nicht garantieren konnte.
Juuso Laatio: Das machte es auch für uns kompliziert. Wir konnten unsere Lastwagen nicht auf das Gelände fahren und mussten unser Equipment selbst an den Drehort tragen. Das war… interessant.
Das Gespräch führte Thomas Schultze.