Die ECCO Cine Supply and Service GmbH hat sich Mitte Juli neu aufgestellt: Garland Hansmann fungiert seither als neuer und alleiniger Gesellschafter, Unternehmensgründer Thomas Rüttgers bleibt als Geschäftsführer an Bord. Wir sprachen mit ihnen über die Motivation hinter diesem Schritt, über das Investitionsklima und eine „Agenda 2030“.
„Die Chemie zwischen uns hat sofort gestimmt. Garland Hansmann begeistert sich für das Kino und teilt meine positive Einschätzung für die Zukunft unserer Branche.“ Mit diesen Worten begann Thomas Rüttgers eine Mitteilung zur künftigen Aufstellung des 2015 von ihm gegründeten Kino-Dienstleisters ECCO Cine Supply and Service GmbH. Denn der 61-jährige Rüttgers hat seine Nachfolge als Gesellschafter und damit die Zukunft des Unternehmens frühzeitig geregelt: Seit 16. Juli ist Hansmann als alleiniger Gesellschafter an Bord. Wir sprachen mit Hansmann und Rüttgers über die Motivation hinter diesem Schritt, über das Investitionsklima und eine „Agenda 2030“.
Vor ziemlich genau neun Jahren haben Sie, Herr Rüttgers, im August 2015 die Ecco Cine Supply and Service GmbH in ihrer heutigen Form aus der Taufe gehoben. Was hat Sie bewogen, das Heft als Gesellschafter nun aus der Hand zu geben?
Thomas Rüttgers: Ich bin Zeit meines beruflichen Lebens an alle Vorhaben mit einer Vision herangegangen, mit einem klaren Ziel vor Augen. Dabei hat mich stets der Grundsatz geleitet, heute schon an morgen zu denken, Trends zu erkennen und aufzugreifen, Transformationen frühzeitig in die Wege zu leiten. Für mich steht der weitere Weg unter der Klammer einer „Agenda 2030“. Ich werde dann 67 Jahre alt werden – und ich will die Ecco langfristig in guten Händen wissen. Das Ruder zu übergeben, ist nichts, was man übers Knie brechen kann. Das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Vor allem bin ich nicht der Mann, der sagt: „Tschüss, ich bin dann mal weg!“ Sondern ich will die Vision auch umgesetzt sehen. Deshalb habe ich schon vor einem Jahr begonnen, mich nach Menschen umzusehen, die Interesse haben, in unser Geschäft zu investieren; die an eine einzigartige Branche glauben, die manchmal durchaus von Selbstzweifeln geplagt ist, die aber auch vor Optimismus strotzt.
Wie kam der Kontakt zustande?
Garland Hansmann: Über ein Unternehmen, das sich primär auf Maklerleistungen für Unternehmen spezialisiert hat. Ich war auf der Suche nach Investmentoptionen. Von diesen gibt es tatsächlich sehr viele, denn gerade auf Ebene der kleineren Unternehmen erleben wir gerade eine Welle an Nachfolgeregelungen. Aber mir schwebte etwas Besonderes vor, eine Unternehmung mit echtem Wachstumspotenzial.
„Man ist mit Herzblut, Leidenschaft und höchster Kompetenz dabei.“
Garland Hansmann
Hatten Sie schon zuvor berufliche Berührungspunkte zur Kinobranche?
Garland Hansmann: Nicht im eigentlichen Sinne, auch wenn ich mich im Zuge meiner Tätigkeit als Investmentmanager mit Kollegen auch über diesen Zweig – also insbesondere die großen, fremdkapitalfinanzierten US-Ketten – ausgetauscht habe. Wir sprechen aber primär von einer persönlichen, einer emotionalen Verbindung. Film und Kino waren schon immer ein zentraler Teil meiner Freizeit, speziell das Kino habe ich stets als Angebot wahrgenommen, das Menschen wirklich zu berühren in der Lage ist. Die Chance, daran mitwirken zu können, habe ich nur zu gerne ergriffen.
Was gibt Ihnen das Vertrauen, in eine zukunftsträchtige Branche zu investieren?
Garland Hansmann: Zugegeben. Aus Investorenperspektive wurde die Kinobranche in den vergangenen Jahren oft eher kritisch beäugt. Aber das ist eine Sichtweise, die ich nicht teile. Im Gegenteil: Wenn man genau hinsieht, wenn man die Rahmenbedingungen und Begleitumstände betrachtet, dann erkennt man, dass diese Branche nicht nur eine Zukunft hat. Sondern dass sie großes Wachstumspotenzial birgt. Kino ist – wie so viele Wirtschaftszweige – durch die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen in ein tiefes Loch gefallen. Umso beeindruckender ist, wie konsequent der Erholungskurs beschritten wurde. Wenn Corona uns eines vor Augen geführt hat, dann doch, wie groß der Wunsch der Menschen ist, etwas in der Gemeinschaft zu unternehmen. Kino ist im Grunde eine konkurrenzlos günstige Möglichkeit, auf spontane Weise einen schönen Abend zusammen mit vielen Gleichgesinnten zu verbringen. Kino ist ein Angebot, das alle Bevölkerungsschichten anspricht – und mit dem sich das bieten lässt, wonach vor allem die junge Generation in immer weiter zunehmendem Maße strebt: Erlebnisse. Natürlich gibt es ein Übermaß an Content im TV und auf den Streamingplattformen. Aber es fehlt dort am emotionalen Impact, der Content läuft beinahe nur nebenher durch, das Angebot wird immer beliebiger. Schon jetzt stellen die Menschen zunehmend fest, dass es ein völlig anderes Erlebnis ist, einen Film auf der großen Leinwand zu genießen, anstatt ihn auf einem Minibildschirm zu verfolgen. Diese Rückbesinnung wird weiter Fahrt aufnehmen.
Die Zahlen des ersten Halbjahres haben Sie folglich nicht irritiert?
Garland Hansmann: Nein. Denn selbst wenn ich in dieser Branche noch neu bin, sind mir die letztjährigen Streiks in den USA nicht entgangen. Und gerade als Investmentmanager weiß man genau, was monatelange Produktionsausfälle bedeuten. Da unterscheidet sich die Filmproduktion im Prinzip nur wenig von anderen Branchen: Es wird nicht einfach ein Schalter umgelegt, und dann läuft alles wieder. Ich habe mir auch generell sagen lassen, dass 2024 bislang nicht gerade mit dem stärksten aller Programme gesegnet war. Aber das Schöne ist mit Blick auf die Zukunft: Es werden sich Nachholeffekte einstellen – deren Beginn wir meiner Ansicht nach gerade sehen. Dass binnen weniger Wochen gleich zwei Filme weltweit jeweils mehr als eine Milliarde Dollar einspielen und gleichzeitig innerhalb kürzester Zeit zwei Animationshits vom Filmtheaterverband für mehr als drei Mio. deutsche Kinobesuche ausgezeichnet werden können, sagt für mich sehr viel darüber aus, wie stark diese Branche positioniert ist. Das ist das eine. Der andere entscheidende Aspekt hinter der Entscheidung für eine Investition ist natürlich das Unternehmen selbst, sind die Menschen, die dahinterstehen. Gerade wenn man in einen kleineren Betrieb reingeht, muss man das Gefühl haben, dass da Menschen tätig sind, die für ihr Metier brennen, die darin auch eine Perspektive sehen. Genau dieses Gefühl hatte ich bei den Gesprächen mit Thomas und seinen Angestellten. Da ist man mit Herzblut, Leidenschaft und höchster Kompetenz dabei, Kinobetreibern jene Services zu bieten, derer es bedarf, damit die große Leinwand ihre emotionale Wirkung entfalten kann.
Thomas Rüttgers: Garland war nicht der einzige Interessent, mit dem wir gesprochen haben. Aber schon beim ersten Treffen war klar, dass da eine wunderbare Symbiose entstehen kann. Noch ist er kein Experte. Aber die Leidenschaft, mit der er sich in die Themen fuchst, mit der er unter anderem bei den Filmtagen Köln in den Austausch gegangen ist – das war großes Kino. Das spüren auch unsere Kunden und Partner, die wir in den vergangenen Wochen mit der neuen Konstellation vertraut gemacht haben. Wir sind auf nichts anderes als allergrößte Zustimmung gestoßen, weil wir eine gemeinsame Vision vermitteln konnten: Alles daran zu setzen, Ecco noch stärker aufzustellen als heute.
„Wir wollen nicht als Supermarkt mit wahllosem Angebot agieren.“
Thomas Rüttgers
Wie ist Ecco denn heute aufgestellt?
Thomas Rüttgers: Der klassische Integrator hat sich früher auf Projektion und Ton fokussiert, das war’s im Grunde. Mir schwebte hingegen schon immer ein ganzheitlicherer Ansatz vor – und ich glaube, wir haben damit auch Weitsicht bewiesen. Wir haben schon mit Gründung des Unternehmens das Feld der Premium-Bestuhlung beackert, das war damals im Grunde noch weitgehend Neuland. Heute sind VIP-Sitze, Sofas und Recliner eine Selbstverständlichkeit. Als besonders fruchtbar hat sich auch die langjährige Partnerschaft mit D-Box erwiesen. Ich habe deren Motion Seats vor rund 14 Jahren erstmals nach Deutschland, Österreich und Holland gebracht, im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Technologie dann speziell in Deutschland sehr stark verbreitet. Bis heute haben wir als präferierter Partner von D-Box alleine hierzulande über 200 Säle mit D-Box-Reihen ausstaffiert, dass Thema ist aus modernen Häusern nicht mehr wegzudenken. Unsere fünfte Säule zieht vielleicht weniger Aufmerksamkeit auf sich, ist aber ein wichtiges Standbein: Wir verkaufen hochwertige Kabel von Belden, einem der größten US-Hersteller. Das klingt womöglich wenig glamourös, aber glauben Sie mit: Der Verkauf von Kabeln ist aus Dienstleistersicht ein Traum: die Reklamationsrate liegt bei exakt Null…
Und dann wäre da noch eine sechste Säule, der wir uns zunehmend widmen. Zwar nicht mit eigenem Personal, aber mit engen Partnern und Subunternehmen: der Innenausbau. Da kommen tolle Projekte zustande, wie etwa im vergangenen Jahr die komplette Neugestaltung des großen Saales in einem der ältesten Kinos der Schweiz in Winterthur, bei der wir eng mit der Deutschen Theaterbau zusammengearbeitet haben. Das quasi mit abbilden zu können, stärkt unsere Rolle immens, denn wo ein Integrator früher nur ein Baustein von vielen war, könne wir nun als Schlüssel für ein Projekt fungieren. Wie vorteilhaft es ist, einen zentralen Ansprechpartner zu haben, anstatt x Unternehmen jonglieren zu müssen, kann ich ja aus eigener Erfahrung als Kinomacher darlegen: In Monheim, wo wir Anfang Oktober im Einkaufszentrum Monheimer Tor ein neues Sechs-Saal-Kino unter Leitung meines Sohnes eröffnen, war der Verpächter bass erstaunt, dass wir pünktlich fertig werden – im Grunde als Einzige. Das gelingt eben, wenn man alles zentral koordinieren kann.
Was steckt hinter der bereits erwähnten „Agenda 2030“, was sind die Pläne?
Thomas Rüttgers: Es geht dabei nicht zuletzt um die personelle Aufstellung. Darum, sich zu verjüngen, frische Ideen ins Unternehmen zu holen. Denn darin liegt der Schlüssel zum Erfolg: Neue Perspektiven mit Erfahrung zu paaren. Wir sind schon seit ein, zwei Jahren dabei, diesen Schritt graduell zu vollziehen. Das ist – und da stehen wir beileibe nicht alleine da – durchaus nicht einfach, denn man muss Menschen finden, die motiviert sind, die bereit sind, die besondere Arbeitsweise in der Branche mitzumachen. Auf der anderen Seite geht es natürlich darum, sich im Portfolio so zu positionieren, wie es die Kinos benötigen. Aktuell sehen wir hochinteressante Entwicklungen im Bereich der Laserprojektion. Gleichzeitig machen sich auch etliche Hersteller mit frischer Kraft daran, dass kurzzeitig gehypte, aber schnell stagnierte Geschäft mit LED-Screens neu aufzusetzen. Es ist zumindest spannend, diese Entwicklung zu beobachten. Gleichzeitig gilt weiter, was schon 2015 meine Maxime war. Wir wollen nicht als Supermarkt mit wahllosem Angebot agieren. Sondern sehr fokussiert. Mein Ansatz war stets, dass wir in jedem Bereich – also Projektion, Ton und Bestuhlung – im Prinzip nur einen Hersteller vertreten. Dank dieser klaren Ausrichtung sind wir beispielsweise für Christie der mit Abstand größte Distributor im DACH-Raum, das birgt auch für den Kunden Vorteile, weil man vieles anders anpacken kann.
Will man sich auch stärker international orientieren?
Thomas Rüttgers: Auf jeden Fall. Wer meine Laufbahn kennt, weiß, dass ich zeitweise in gut einem Dutzend europäischer Märkte aktiv war – hier bestehen immer noch sehr enge Kontakte. Gleichzeitig hat sich die Landschaft der Kinointegratoren in den vergangenen Jahren sehr stark neu sortiert. Ein Prozess, der längst noch nicht abgeschlossen ist und der Potenziale schafft, sich internationaler auszurichten. Es ist aber noch zu früh, um zu diesem Thema in die Tiefe gehen zu können.
Mit welchem Eindruck von der Stimmung in der Branche haben Sie die Filmtage Köln verlassen?
Garland Hansmann: Mir fehlt natürlich der Vergleich mit den Vorjahren. Aber ich habe doch den Eindruck, dass eine positive Grundstimmung herrscht. Natürlich hatte man großes Pech, dass nach Corona gleich diese historisch einmalige Streiksituation in den USA entstand. Aber jetzt wirft eine Filmslate ihre Schatten voraus, die wirklich Lust auf mehr macht. Das spürt die Branche, das spürte man in Köln: Ein grundsolides Vertrauen in die Zukunft. Das schafft auch ein gutes Investitionsklima.
Thomas Rüttgers: Wir neigen in der Branche ja gerne zu Extremen zwischen „himmelhoch jauchzend“ und „zu Tode betrübt“, da liegt oft wenig dazwischen. Insofern freue ich mich, auch wenn ich jetzt nicht gleich in Euphorie ausbrechen würde, dass die Stimmung in Köln eher ersterer Natur war. Entscheidend ist: Wir haben mittel- und langfristig genügend guten Content. Jetzt gilt es, klug zu agieren, den Investitionsstau aufzulösen. Wir wissen, dass in den kommenden Jahren hunderte von Mio. Euro im deutschsprachigen Raum investiert werden müssen. Alleine schon bei der Projektion schiebt die Branche einen enormen Berg vor sich her: Wir haben vielfach Projektoren im Einsatz, die auf zehn Jahre ausgelegt waren, die sich jetzt aber schon dem 15. nähern, da wird mitunter auf Rille gefahren… Und das ist ja nur einer der Bereiche, die adressiert werden müssen.
Was machen Sie in Monheim vor, was Sie anderen raten würden?
Thomas Rüttgers: Ein gutes Motto ist: Keine halben Sachen! Wenn man ein Konzept anpackt, wenn man Qualität bieten will, dann konsequent. Und Sie wissen ja, dass ich ein Verfechter von Angebotsvielfalt bin. Lieber mehr kleinere, als einen übergroßen Saal, der dann kaum ausgelastet ist. In Monheim werden wir sechs Säle mit zusammen weniger als 600 Plätzen haben. Trotzdem – oder eigentlich gerade deshalb- bin ich überzeugt, dass wir dort im Jahr um die 150.000 Besuche schaffen werden. Sechs Säle erlauben es uns nicht nur, die Vielfalt des filmischen Programms abzubilden, sondern auch andere spannende Inhalte in die Säle zu holen. Gleichzeitig schaffen wir deutlich mehr familiäre Atmosphäre als in einem riesigen Auditorium, in dem sich der einzelne Gast bei schwacher Auslastung geradezu verliert. Ich hoffe, dass sich diese Herangehensweise in den kommenden Jahren noch stärker durchsetzt.
Das Gespräch führte Marc Mensch