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Christoph Gröner & Julia Weigl über das Filmschoolfest Munich: „Eine neue Form von Inspiration und Überraschung“

Mit dem neuen, gleichwertigen Namen „Festival of Future Storytellers“ starten Christoph Gröner und Julia Weigl am 15. November die 43. Ausgabe des Filmschoolfest Munich. Über die Neuausrichtung, die neben den Filmen verstärkt Innovation und Austausch im Fokus hat, sprechen sie im Interview mit SPOT.

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Das künstlerische Leitungsduo Julia Weigl & Christoph Gröner (Credit: FFM/Bojan Ritan)

Das Filmschoolfest Munich glänzt seit diesem Jahr mit dem neuen, gleichwertigen Namen Festival of Future Storytellers: Welche Idee steckt dahinter?

Christoph Gröner: Wir haben gemerkt, dass der Titel Filmschoolfest bei manchen den Eindruck erweckt, dass es eine geschlossene Veranstaltung ist. Das ist es schon immer eben nicht. Deshalb haben wir uns auf die Suche gemacht nach einem zweiten Titel, der potenziell der Haupttitel werden kann: Festival of Future Storytellers. Die kurze filmische Form, die vor allem an Hochschulen stattfindet, aber beileibe nicht ausschließlich, bietet ein unglaubliches Experimentierfeld, um sich vergleichsweise schnell mit den Entwicklungen in der Gesellschaft auseinanderzusetzen, aber auch mit ästhetischen Entwicklungen. Wo man mit nicht ganz so hohem Risiko wie dem eines Langfilms fragen kann: Wie könnte man dramaturgisch neu arbeiten oder wie erreicht man ein neues Publikum? 

Julia Weigl: Spannend ist auszutarieren, wie sich Hochschulen, Ausbildungsstätten, aber auch andere Formen des Zugangs zum filmischen Erzählen in den letzten Jahren verändert haben. Die Hochschulen haben längst Bereiche wie serielles Erzählen, KI, Games und VR aufgenommen. Die Berufsfelder verändern sich. Genauso gibt es etliche Medienschulen, die sich mit filmischem Erzählen beschäftigen. Darüber hinaus gibt es viele Quereinsteiger, die sich selbst aneignen, was man mit Film erzählen kann. Ein gutes Beispiel dafür ist YouTube – eine Plattform, die salopp formuliert, nicht gerade wenige Leute gucken. Wir wollen schauen: Was haben all diese verschiedenen Ausbildungsbereiche gemein, was sind aber auch die Unterschiede? Um dann wiederum zu gucken: Wie hat sich die kurze filmische Form verändert? Es gibt so viele Synergien und Möglichkeiten, die man jedes Jahr aufs Neue beleuchten kann. Das führt uns zu dem nächsten Punkt: Das Filmschoolfest Munich begreifen wir nicht nur als Filmfestival, sondern als Plattform für „Films, Talks, Labs“… Es soll noch viel mehr in Richtung Inspiration gehen, mehr in Richtung Austausch. Verschiedene Generationen und unterschiedliche Branchen sollen voneinander lernen, um im Idealfall gemeinsam auszuloten, wie man die Zukunft gemeinsam gestalten kann.

„Wir wollen ein zentraler Hub für die kurze Form sein.“

Julia Weigl

Sie stellen also den Vernetzungsgedanken verstärkt in den Mittelpunkt. Das Programm hält spannende Beiträge auch von etablierten Filmschaffenden wie Hans Steinbichler und Moritz Binder bereit. Erzählen Sie etwas über die Programmgestaltung!

Julia Weigl: Wir glauben fest daran, dass sich die Generationen gegenseitig inspirieren können. Uns interessiert natürlich, was einen Hans Steinbichler dazu führt, dass er mit Clemens Schick in der Hauptrolle auf einmal einen Kurzfilm dreht. Warum ist es die kurze Form geworden? Was interessiert ihn an diesem Experimentierfeld? Genauso bei Moritz Binder: Er hat an der HFF München studiert, hat sehr viel Erfahrungen mit der kurzen Form, ist auf dem Weg immer wieder auch gescheitert und hat jetzt Wahnsinnserfolg mit „September 5“ und „Pumuckl“. „Pumuckl“ ist eine serielle Geschichte, die im Prinzip Kurzfilme aneinanderreiht. Wie geht man damit im Storytelling um? Wir sprechen also über neue Möglichkeiten, die die Studierenden und das Münchner Publikum hoffentlich begeistern.

Christoph Gröner: Der Talk mit Moritz Binder ist die natürliche Fortsetzung der Masterclass von Ingo Fliess im vergangenen Jahr. Ich erinnere mich, dass Ingo eine flammende Rede hielt und auch vom Scheitern erzählte, von den vergeblichen Anläufen und nicht einfach nur eine Erfolgssaga – und im Anschluss von den Studierenden großes Lob erhielt, weil er so ehrlich war. Das sind wichtige Impulse für die jungen Filmemacher:innen, in dieser Welt der perfekten Oberflächen einen relativ ungefilterten Einblick zu bekommen, was auch nicht funktioniert und wieso es sich dennoch lohnt, dranzubleiben. Mit Moritz Binder hoffen wir, wieder auf große Resonanz zu stoßen.

Julia Weigl: Ebenfalls um Inspiration geht es in unseren thematischen Schwerpunkten. Schon beim Filmfest München haben wir uns immer wieder mit dem Horrorgenre beschäftigt, wie es sich immer wieder neu erfindet, dabei Traditionen aufgreift und mit ihnen spielt. Deshalb hat unser „Genre-Gipfel“ vom Filmfest nun auch den Weg ins Filmschoolfest gefunden. Gleichzeitig wollen wir auch ein zentraler Hub für die kurze Form sein. Deshalb bringen wir unterschiedliche Expert:innen zusammen, die sich darüber austauschen. Was sind die Ausspielwege? Warum funktionieren kurze Formen bei Arte sowohl in der Mediathek als auch auf Instagram wunderbar? Warum erreichen sie dadurch ganz neue Zielgruppen? Genauso schauen wir uns Vienna Shorts an: Warum ist es ein international renommiertes Kurzfilmfestival geworden? Warum funktioniert das so gut? Es sind ganz verschiedene Aspekte, die die Vielseitigkeit und Beliebtheit kurzer Formen unterstreichen.

Christoph Gröner: Unser Wunsch ist auch, mit dem Filmschoolfest die Stadtgesellschaft zu erreichen. Das scheint uns mehr und mehr zu gelingen. Auch die Zahl der Akkreditierten ist dieses Jahr im Vergleich zu 2023 stark gestiegen. Das ist toll. Wenn uns dieses Jahr diese neue Form von Inspiration und Überraschung gelingt, kann diese Ausgabe die Blaupause für 2025 sein. Ein ganz besonderes Highlight haben wir dieses Jahr mit Karen Palmer und dem Hack the Future Lab! 

Julia Weigl: Wir freuen uns sehr, dass Karen Palmer auf dem Filmschoolfest den Auftakt zur Fortsetzung ihres mehrfach preisgekrönten immersiven Filmprojekts “Consensus Gentium” präsentiert, das bereits beim Filmfest München 2023 zu erleben war. Als wir mit dem Gedanken spielten, das Filmschoolfest umzubenennen, den Wunsch hatten, die Beschäftigung mit der Zukunft mehr in den Mittelpunkt zu rücken, und ich dann Karens Instagram-Handle las – „Storyteller from the Future“ – mussten wir kichern. Ich dachte: It’s all making sense now! Unser Ursprung ist die Kreativität. Von da loten wir neue Räume aus, spüren wir Fragen nach wie: Was kann Technologie leisten? Was nicht? Wie kritisch müssen wir das beäugen? Was können Bereiche wie VR und Games aus dem Storytelling-Blickwinkel leisten? Was nicht? Wo sind Grenzen? Gleichzeitig möchten wir die Bereiche Soziologie und Philosophie einbeziehen. Wie können sich all diese Bereiche gegenseitig befruchten, um neue Utopien zu schaffen, um neue Geschichten zu schaffen, die uns Hoffnung geben?

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Das Filmschoolfest Munich in der HFF München startet am 15. November (Credit: Bernhard Schmidt)

Sie haben auch die Wettbewerbe gesplittet, bzw. gibt es jetzt einen DACH-Wettbewerb. Was ist der Gedanke dahinter?

Christoph Gröner: Tatsächlich gibt es sogar eine gewisse Anzahl von Filmen, die übergreifend in beiden Wettbewerben laufen. Aber der DACH-Wettbewerb schafft noch mal ein anderes Schlaglicht auf das filmische Schaffen junger Leute in eben diesen drei Ländern. Wir glauben, hier liegt Potenzial mit Blick auf die Vernetzung. Unsere Hoffnung ist, dass wir nicht nur tolle Filme und tolle Diskussionen haben werden, sondern zunehmend auch Delegationen anziehen und das Gefühl vermitteln, dass das Filmschoolfest Munich wirklich ein Ort ist, der allen Filmhochschulen im deutschsprachigen Raum gleichwertig zur Verfügung steht.

Julia Weigl: Bei den Preisen ist es uns wichtig, dass wir im DACH-Wettbewerb die unterschiedlichen Gewerke auszeichnen können. Uns ist es ein Anliegen, einen Blick zu werfen auf die Bildgestalter:innen der Zukunft, die Produzent:innen der Zukunft, die Drehbuchautor:innen der Zukunft etc… Das wollen wir mit den Preisen im DACH-Wettbewerb etablieren. Wettbewerbsübergreifend sind hingegen die Genres wie Animationsfilm oder Dokumentarfilm. Genauso wichtig war es uns, sowohl im DACH- als auch im internationalen Wettbewerb einen best film Award zu haben. 

„Wir konnten erstmals das Budget an Drittmitteln verdoppeln.“

Christoph Gröner

Die Kulturbudgets werden allerorts gekappt, jedes Festival ringt eher mit Mitteln als dass es aus dem Vollen schöpfen kann. Wie ist das Filmschoolfest aufgestellt – auch mit Unterstützer:innen aus der Privatwirtschaft?

Christoph Gröner: Wir danken unseren langjährigen Partnern. Insbesondere ist es uns durch die großartigeUnterstützung von Adobe als unserem neuen großen Sponsor, aber auch durch Stiftungen wie der Young Talent Foundation Berlin von Armin Schneider oder der Franz Meiller Stiftung gelungen, dass wir erstmals das Budget an Drittmitteln verdoppeln konnten. Das ist ein schönes Zeichen dafür, dass es ein großes Interesse am jungen Film und der Unterstützung junger Talente gibt. Das ist ein echtes Potenzial. Das trifft auf eine Zeit, die in all diesen Dingen wirklich schwieriger wird, von der Finanzierung für Kultur allgemein – ob privatwirtschaftlich oder öffentlich. 

Julia Weigl: Wir merken gerade, dass der Nachwuchs das Thema der Stunde ist! Alle blicken darauf, was machen die Jungen, was machen die neuen Talente. Weil man da die Hoffnung spürt, dass sie wieder was bewegen, dass sie mehr wagen oder dass sie vielleicht auch wieder mehr zu Traditionen zurückfinden. Uns geht es darum, das Spektrum abzubilden. Im Nachwuchsbereich ist es aktuell leichter, Preisstifter zu halten und neue zu gewinnen. Das war für uns spannend, weil Sponsoring und Partnerschaften beim Filmschoolfest eigentlich nie so berücksichtigt wurden, wir da aber eine totale Offenheit spüren.

Films, Talks, Labs – da fehlt noch das Wort Party. Sie gestalten auch den Abschluss neu…

Christoph Gröner: Die Indie-Party beim Filmfest München entstand in den 1980er Jahren aus einem privaten Impuls aus dem Programm heraus. Das ist ja bekannt. Wir hatten nun die Idee, beim Filmschoolfest ein junges Format als Äquivalent zu dieser etablierten Party zu machen. Bei unserer Young-Indie-Party arbeiten wir nicht mit den großen Firmen zusammen, um die Tickets unter die Menschen zu bekommen, sondern drehen das Prinzip um: Junge Produktionsfirmen laden ihre etablierten Kolleg:innen ein. So entsteht eine breite Netzwerkbegegnung bei unserem Abschlussfest am 22. November. 

Das Gespräch führte Barbara Schuster

Festival of Future Storytellers – 43. Filmschoolfest Munich