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Birnbaum Berlin: „Wir sind eine Stroke Unit!“

Paula Birnbaum geht ab sofort wieder eigene Wege: Nach der Separierung von Frame Management richtet sie ihre Agentur unter dem alten Namen Birnbaum Berlin neu aus. Mit Nils Budrich neu an Bord wird auch eine Voices Abteilung aufgebaut. Wir sprachen mit Paula Birnbaum, Nils Budrich und den Kolleg:innen Liesa Birken und Florian Pritzl über das neue Setting.

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Birnbaum Berlin (v.l.): Liesa Birken, Nils Budrich, Paula Birnbaum, Florian Pritzl (Credit: Clemens Porikys)

Unter dem „alten“ Namen Birnbaum Berlin wird die Agentur ab 10. Dezember eigenständig weitergeführt. Was steckt hinter der Separierung von Anna Sagalovskaya und Frame?

Paula Birnbaum: Anna Sagalovskaya und ich sind vor vier Jahren fusioniert mit dem Ziel, gemeinsam eine Abteilung für Regie/Autor:innen /DoP aufzubauen. Das haben wir erfolgreich getan und sind auch sehr stolz auf diesen fast 20 spannende Persönlichkeiten umfassenden Bereich. Wir haben geschafft, was wir gemeinsam erreichen wollten. Der Zeitpunkt ist also gekommen, wieder unserer eigenen Wege zu gehen. Wobei wir diesen zusammen aufgebauten Bestand Regie/Autor:innen /DoP-Abteilung künftig weiterhin zusammen vertreten und auch freundschaftlich im Austausch bleiben.

Die Neuaufstellung von Birnbaum Berlin umfasst auch eine neue Abteilung. Erzählen Sie!

Paula Birnbaum: Wir werden eine Voices-Abteilung starten, die exklusiv Sprecher:innen und Talente unter anderem für Voice-over und KI-basierte Projekte oder die klassischen Hörbücher vertritt. Die Idee dazu kam mir gemeinsam mit Nils Budrich. Nils und ich sind freundschaftlich schon länger verbunden. Er arbeitet als Agent für Sprecher:innen, und gemeinsam haben wir überlegt, dass es Sinn ergeben würde, neben Management und PR auch Voices in die Agentur zu integrieren. Das gibt es nicht oft, beziehungsweise kenne ich persönlich keine Agentur, die Schauspiel, Regie/Autoren/DoP, PR und eine ganze Abteilung Voices hat. Das machen wir jetzt!

„Was Birnbaum Berlin auszeichnet, ist eine gewisse Exklusivität und der Boutique-Charakter. “

Nils Budrich

Sie hatten ja vor der Voices-Abteilung bereits einen USP mit dem PR-Bereich, den Sie neben dem Künstler-Management etabliert haben…Wie hat sich das bewährt?

Florian Pritzl: Sehr gut! Wir machen In-House-PR für Klient:innen aus unserer Agentur, wir haben aber auch Künstler:innen aus anderen Agenturen, die wir PR-technisch betreuen. Zusätzlich zu Schauspiel-PR machen wir auch Personality-PR, zum Beispiel für die Gastronomin Marie-Anne Wild, (Mit)Inhaberin vom Restaurant Tim Raue in Berlin oder den Designer Dawid Tomaszewski. Wir sind in unserer PR-Abteilung sehr breit aufgestellt.

Wie erfolgt hier die Auswahl? Wer passt zu Ihnen?

Paul Birnbaum: Das große Glück ist, dass wir noch nie Akquise im konkreten Sinn machen mussten. Die Klient:innen sind alle auf uns zugekommen. Es muss eine Vision zu den Persönlichkeiten geben. Marie-Anne Wild ist Gastronomin, ich bin Foodie, ich liebe gutes Essen und guten Wein. Vieles an ihr hat mich inspiriert, gemeinsam haben wir dann ihren öffentlichen Weg entwickelt und ausgebaut. Bei Personality finde ich spannend, andere Kosmen kennenzulernen, raus aus dem Filmbereich. Das hat ja wiederum auch eine Wechselwirkung. Dawid Tomaszewski stattet als Modedesigner mittlerweile viele von unseren Schauspieler:innen für Events aus und ist auch durch unser Netzwerk der offizielle Modepartner für den Deutschen Filmpreis 2024 geworden;  wir können wiederum bei ihm für PR-Shootings Looks leihen etc. Wir schaffen Verbindungen innerhalb der Agentur. Das entwickelt sich ganz organisch. Bei unserem Berlinale-Empfang laden wir deshalb nicht nur unsere Schauspieler:innen ein, sondern auch die von uns PR-seitig vertretenen Personality-People. So entstehen viele schöne Synergien.

„90 Prozent unseres Ensembles finden den Bereich Voice spannend“

Paula Birnbaum

Nils Budrich, Sie stoßen neu zum Team und kümmern sich um die Voices-Abteilung. Wie würden Sie den Spirit von Birnbaum Berlin beschreiben?

Nils Budrich: Das passende Stichwort, das Paula genannt hat, ist: Synergie. Ich habe jahrelang für eine große Postproduktionsfirma gearbeitet und eine Sprecher-Agentur geleitet. Was Birnbaum Berlin auszeichnet, ist eine gewisse Exklusivität und der Boutique-Charakter. Klein und fein. Das gefällt mir. Und mit der nun entstehenden Voices-Abteilung schaffen wir neue Synergie-Möglichkeiten. Wichtig ist uns, kein anonymes Archiv zu sein. Paula hat sehr gute Schauspieler:innen, die dementsprechend auch gute Sprecher:innen sind. Den Beweis haben sie unlängst erbracht, als wir mit ihnen Audio-Aufnahmen in den berühmten Hansa-Studios gemacht haben. Die Sprecher-Branche verändert sich durch KI gerade sehr. Das begreifen wir als Chance, wollen uns diesen Themen nicht verschließen, aber eben Qualität und echtes Handwerk anbieten und vermitteln. 

Stichwort KI: Das ist für viele Kreative ein rotes Tuch, auch und gerade in der Synchronsprecher-Branche. Wie kommen die von Ihnen gemanagten Voices zum Einsatz?

Nils Budrich: In einem geregelten und transparenten Rahmen. Wir verteilen nicht Carte Blanche an Unternehmen, die die Stimmen beliebig einsetzen können. Es muss stets für den/die Künstler:in einsehbar bleiben. Meine Erfahrung ist, dass sich Unternehmen diesen Wünschen/Regeln auch nicht verschließen. KI macht die Produktion auch einfacher: für die Sprecher:innen selbst, weil sie nicht ständig ins Studio laufen müssen für eine Telefonansage oder was auch immer ansteht; auf der anderen Seite aber auch für die Unternehmen, weil sie schnell massenhaft Produktionen abwickeln können. Unternehmen müssen hin und wieder schnell reagieren und zum Beispiel 20 neue Telefonansagen produzieren. Das geht dank KI an einem Tag. Es müssen keine Studiotermine gefunden werden. Trotzdem wird das ganz transparent weitergeleitet, und die Leute wissen ganz genau, was mit ihrer Stimme passiert.

Paula Birnbaum: Ich habe mich jüngst mit der Chefin eines großen Verlags unterhalten, für den wir auch schon Hörbücher gemacht haben. Sie meinte, dass KI im Bereich Sachbuch sicherlich ein Thema wird, aber beim Roman nicht so schnell. Bis eine KI einen ganzen Roman in all seiner Tiefe erfassen könne, dauere das noch Jahre, wenn überhaupt. Das werden weiterhin Schauspieler:innen machen. 

Nils Budrich: Wir verkaufen auch keine synthetischen Stimmen. Es sind alles Stimmen von Persönlichkeiten. Sogar im Werbebereich ist es wertiger und immer noch Usus, dass da ein Regisseur sitzt, der mit Menschen arbeiten möchte. Da können im Nachgang vielleicht vereinzelt Worte mit KI bearbeitet werden. Das menschliche Handwerk wird in diesem Bereich nicht verloren gehen. 

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Birnbaum Berlin (v.l.): Liesa Birken, Nils Budrich, Paula Birnbaum, Florian Pritzl (Credit: Clemens Porikys)

Aus welchen Klient:innen bestückt sich die Voices-Abteilung?

Nils Budrich: Ich habe schon einen Stamm mitgebracht. Und Paula hat ihren Schauspieler:innen nun das Angebot gemacht, Voice als Zusatz zu nehmen. Wir wollen die Abteilung peu à peu aufbauen, aber langsam, mit Bedacht. Weil wir schauen wollen, wer passt, was besonders ist. 

Paula Birnbaum: 90 Prozent unseres Ensembles finden den Bereich Voice spannend. Es gibt ein großes Interesse. Wir halten es im Voice-Bereich wie im PR-Bereich, nehmen Menschen In-House auf, aber auch extern, von anderen Agenturen. 

„Uns zeichnet eine sehr engmaschige Zusammenarbeit über alle Bereiche aus.“

Liesa Birken

Wie genau präsentieren Sie denn dann die Voices auf Ihrer Seite?

Nils Budrich: Wir haben natürlich schon einige Leute, die ohnehin durch ihre schauspielerische Tätigkeit einiges mitgebracht haben an Hörbuch- oder Hörspielaufnahmen. Wir schauen noch, was wir auf die Website stellen wollen. Es soll eine gewisse Bandbreite abdecken wie Werbetexte, literarische Texte, vielleicht Doku-Texte. Einfach die ganze Palette an Sprechertätigkeit, die dann später für ein Casting wichtig ist. So kann man je nach Wunsch des Kunden Hörproben abschicken.

Der Boutique-Charakter von Birnbaum Berlin wurde bereits angesprochen. Wie arbeiten Sie als Team zusammen?

Liesa Birken: Uns zeichnet eine sehr engmaschige Zusammenarbeit über alle Bereiche aus. Es hört sich jetzt mit den verschiedenen Abteilungen sehr groß an, ist es aber nicht. Wir legen viel Wert auf eine Kuratierung, auch wenn jetzt mit Voices eine neue Abteilung dazukommt. Wir wählen in allen Sparten sehr genau und sehr nachhaltig aus. Wir streben langjährige Zusammenarbeiten an.

Florian Pritzl: Mit all unseren Klient:innen arbeiten wir stark individuell und sehr persönlich zusammen. Deswegen ist es wichtig, dass es immer auch auf der menschlichen Ebene funktioniert. Da haben wir sehr großes Glück. 

Paula Birnbaum: Ein Maßstab bei uns ist neben der Professionalität und dem Talent zu fragen: Kommen wir gut mit den Menschen zurecht? Die zwischenmenschliche Chemie muss stimmen. Bei einer so individuellen Arbeit ist das sehr wichtig.

„Der Netzwerk-Gedanke ist als Agent sehr weit oben.“

Florian Pritzl

Aktuell wird eher Trübsal in der Branche geblasen, nachdem die große Förderreform nach dem Zusammenbruch der Regierung ins Stocken geraten ist und die Streamer ja mittlerweile auch vorsichtiger geworden sind bei den Produktionen. Wie ist die Stimmung unter ihren Klient:innen?

Paula Birnbaum: Unsere Klient:innen bekommen schon mit, dass aktuell keine Goldgräberstimmung in der Film/Fernsehbranche herrscht. Ganz aktuell sind die meisten unseres Ensembles von den geplanten Kürzungen im Bereich Kultur erschrocken. Das Schwierige ist ja, dass die Theater vor allem die kleineren Bühnen, nicht wissen, was und wie viel gestrichen werden wird und das führt dazu, dass nicht geplant werden kann. Auch blieb bei vielen Filmprojekten die Förderung ungeklärt Es herrscht eine Verunsicherung. 

Zu guter Letzt die Frage: Was gefällt Ihnen an ihrem Job am meisten?

Florian Pritzl: Das Schöne ist, dass ich jeden Tag mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen zu tun habe. Der Netzwerk-Gedanke ist als Agent sehr weit oben, da wir in unserem Beruf dieses stetig erweitern und nutzen, um unsere Künstler:innen zu platzieren. Natürlich ist es wichtig, eine Leidenschaft für Film und Theater zu haben. Toll ist auch, dass ich an Projekten sehr früh dran bin, vor allem, seit wir auch Regie, Drehbuch und Kamera vertreten… Mit Schauspieler:innen steigt man oft erst beim Castingprozess ein.

Paula Birnbaum: Toll ist, wenn eine Vision, ein Plan aufgeht. Aktuell wird ein Projekt eines unserer Autoren verfilmt, in dem auch eine unserer Schauspielerinnen mitspielt. Das Drehbuch kennen wir seit dem ersten Treatment. Die Regie/Drehbuch/DoP-Abteilung ermöglicht es uns, dass wir Projekte wirklich von einem sehr frühen Stadium begleiten, mit den Produzent:innen zu reden, mit dem Autor:innen, wir machen Vorschläge, welche Regie mit reingehen kann, reden bei der Besetzung mit… Und am Schluss, wenn gewünscht, sogar noch über die PR.

Liesa Birken: Mir gefällt, dass wir bei Birnbaum Berlin ein einheitliches und aufeinander abgestimmtes Konzept verfolgen und mit den verschiedenen Abteilungen eben eine ganzheitliche Betreuung anbieten können – von der umfassenden persönlichen Vertretung bis zur innovativen Stimmenvermittlung. Die einheitliche Ausrichtung der drei Abteilungen schafft eine klare Identität und bündelt Kompetenzen unter einem Dach.

Paula Birnbaum: Gemeinsam sind wir eine „Stroke Unit“ für alle Bereiche!

Diversität und neue Talente entdecken ist ein wichtiges Thema. Welche Sicht haben Sie darauf und achtet Birnbaum Berlin in seinem Klient:innen-Stamm auf eine Ausgeglichenheit?

Florian Pritzl: Wir versuchen schon sehr divers auszuwählen – in allen Facetten. Wir haben etwa eine junge Nachwuchsschauspielerin, Vanessa Yeboah, die zuletzt bei „Made in Germany“ und „Schwarze Früchte“ dabei war. Vanessa kam zu uns über unsere Kooperation mit Stabil e.V. Der Verein mit Sitz in München ermöglicht es an Film und Schauspiel interessierten Jugendlichen, in diese Welt hineinzufinden. Wichtige Projekte wie diese müssen mehr gefördert werden. Gerade für den Nachwuchs: Das Interesse ist da, aber die Zugänge sind nicht für alle einfach.

Paula Birnbaum: Es ist uns auch wichtig, die Voices-Abteilung divers zu etablieren. Und auch in den anderen Abteilungen müssen und werden wir uns noch diverser aufstellen.

Nils Budrich: Man hört Diversität vielleicht nicht immer, sie ist aber wichtig. Viele Kund:innen achten darauf. Und wir finden: Jedes Team, Ensemble profitiert davon, wenn es divers aufgestellt ist.

Das Gespräch führte Barbara Schuster

Hier geht’s zur neuen Website von BIRNBAUM BERLIN.