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Across the Board: Unterrepräsentierte Stimmen

Across the Board geht neue Wege, weist neue Ansätze auf. Was genau dahintersteckt, berichten Poutiaire Lionel Somé, Film Director & Producer, und Christian Mario Löhr, Cinematographer, anlässlich unseres NRW-Schwerpunkts im Rahmen des 34. FFCGN im Interview.

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Christian Mario Löhr & Poutiaire Lionel Somé von Across the Board (Credit: Across the Board)

Wofür steht Across The Board?

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr: Wir versuchen, den Stimmen und Geschichten der weniger gehörten Gruppe eine Plattform zu geben und einen Weg zu beschreiten, der hier in Deutschland noch nicht so oft gegangen wurde. Across The Board steht für eine Welt, in der unterschiedliche Kulturen, Erfahrungen und Perspektiven durch die Kraft des Storytellings zusammengebracht werden. Unsere Produktionen sollen gesellschaftliche Diskussionen anstoßen,Perspektiven hinterfragen und ein breites Publikum inspirieren, den Wert kultureller Vielfalt zu erkennen und zu schätzen, aber auch unterhalten. Wir sind davon überzeugt, dass die Förderung interkultureller Erzählungen zu einer empathischeren und stärker vernetzten Welt beitragen kann. Die deutsche Filmlandschaft spiegelt nicht die gesamteVielfalt der deutschen Gesellschaft wider. Rund ein Drittel der in Deutschland lebenden Menschen hat einenMigrationshintergrund. Auch wenn sich die Situation verbessert hat, ist Vielfalt in deutschen Produktionen bislang vor allem vor der Kamera sichtbar. Hinter der Kamera, also dort, wo die Entscheidungen getroffen werden – Filmförderung, Redaktionen, Produktion, Kamera, Drehbuch, Produktionsfirmen, Regie – fehlt es an Vielfalt. Dabei belegt eine Studie des Hollywood Reporter, dass ein Film mit einem Budget von über 100 Millionen Dollar rund 178 Millionen Dollar mehr einspielt, wenn er mindestens 30 Prozent Diversität aufweist.

Die bislang für Across The Board entstandenen Dokumentations- und Kurzfilme wurden in Afrika produziert, warum dort?

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr: Obwohl wir beide seit einigen Jahren in Köln leben, sind wir beide in Afrika aufgewachsen und von unterschiedlichen Kulturen geprägt – Lionel zwischen Burkina Faso, Mali, Niger und Ghana, und Christian mit deutsch-kolumbianischem Hintergrund in Kenia und Tansania. Wir haben Across The Boardgegründet, weil wir einerseits unterrepräsentierten Stimmen in Deutschland eine Plattform geben wollen, um ihre Geschichten zu erzählen, und andererseits Geschichten aus Afrika und Lateinamerika einen Platz auf der deutschen undglobalen Bühne geben wollen. Darüber hinaus bietet der afrikanische Markt enorme Chancen und ein starkes Wachstumspotenzial. Die UNESCO hat 2021 die Studie „Die Filmindustrie in Afrika: Trends, Herausforderungen und Wachstumschancen“ veröffentlicht, die zum ersten Mal die Film- und audiovisuelle Industrie auf dem gesamtenKontinent darstellt. Die afrikanische Filmindustrie beschäftigt derzeit schätzungsweise fünf Millionen Menschen und erwirtschaftet auf dem gesamten Kontinent ein BIP von fünf Milliarden US-Dollar. Der Studie zufolge, besteht dasPotenzial, mehr als 20 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen und 20 Milliarden zum BIP des Kontinents beizutragen. Wir wollen helfen, dieses Potenzial zu entfalten. Die Resonanz auf den deutsch-kenianischen Film „Watu Wote – All of us“ von Katja Benrath, nominiert für den Oscar 2018, „Supa Modo“ von Likarion Wainaina, produziert von One Fine DayFilms, oder „Toubab“, eine deutsch-senegalesische Geschichte von Florian Dietrich, mit einer Nominierung für denDeutschen Filmpreis 2022, bestätigen, dass auch das deutsche Publikum sich nach neuen Perspektiven sehnt.

„Natürlich war die finanzielle Unterstützung durch das MGZ-Stipendium hilfreich, aber viel wichtiger waren die Seminare, das Netzwerk und die Kontakte, die wir durch das MGZ knüpfen konnten.“

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr

Welche Herausforderungen bringt der interkulturelle Ansatz mit sich?

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr: Obwohl mehr Vielfalt in der deutschen Medienlandschaft gefordert wird, ist es immer noch sehr schwierig, zumindest schwieriger als für andere Stoffe, solche Projekte finanziert zu bekommen. Hinzu kommt, dass es viel Zeit und Energie kostet, in den Ländern vor Ort Kontakte zu knüpfen undVertrauen aufzubauen, um Partnerschaften eingehen zu können. Auch der Spagat, die Stoffe für den deutschen und gleichzeitig für den internationalen Markt attraktiv zu machen, ist eine große Herausforderung.

Sie haben 2023 das Stipendium des Mediengründerzentrums NRW erhalten. Wie unterstützt Sie das Förderprogramm?

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr: Natürlich war die finanzielle Unterstützung durch das MGZ-Stipendium hilfreich, aber viel wichtiger waren die Seminare, das Netzwerk und die Kontakte, die wir durch das MGZ knüpfen konnten. Dieses Netzwerk ist ein wertvoller Schatz, der uns nicht nur während des Stipendienjahres unterstützthat, sondern uns auch weit über die Zeit des MGZ hinaus tragen wird. Das breite Angebot an Seminaren war sehrhilfreich, und die Möglichkeit, sich mit erfahrenen und renommierten Branchenvertretern aus Individuen, Sendern, Förderern, Produktionsfirmen und Verleih auszutauschen, war eine enorme Hilfe. Wir stehen immer noch in regelmäßigem Austausch mit den anderen Gründern aus unserem Jahrgang und haben darüber hinaus noch Kontakt zuvielen anderen Unternehmen, die das MGZ durchlaufen haben. Wir planen auch, mit dem einen oder anderen Alumni Projekte in Koproduktion zu realisieren und auch deren Expertise in verschiedenen Bereichen nutzen zu können. Die Idee,zu gründen hatten wir schon länger, das MGZ war am Ende der ausschlaggebende Punkt, es zu tun.

Werden Sie sich weiter auf Dokumentarfilme spezialisieren?

Poutiaire Lionel Somé & Christian Mario Löhr: Dass wir bisher nur Dokumentarfilme produziert haben, ist eherZufall. Wir haben schnell gemerkt, dass es viel einfacher ist, Dokumentarfilmprojekte zu drehen, auch wenn sie leider oftunterfinanziert sind, als Spielfilme oder Serien. „Unbreakable“ ist eines der Spielfilmprojekte, die wir derzeit verfolgen.Es geht um die Widerstandskraft einer afrodeutschen Familie, die sich in einem gefährlichen Umfeld von Diskriminierungund Ungerechtigkeit bewegt, um ein Familientrauma zu überwinden und damit eine kollektive Erlösung der Gesellschaft einzuleiten. Vor dem Hintergrund des Erstarkens der rechtsextremen Szene und des Rassismusdiskurses weltweit und in der deutschen Gesellschaft soll der Film zum Nachdenken über anstehende gesellschaftliche Umbrüche anregen.

Das Interview führte Corinna Degner.