Ein Kollektiv von rund 200 Festivalbeschäftigten hat in einem offenen Brief zum Streik bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes aufgerufen.
Es hatte sich bereits zum Monatswechsel abgezeichnet, jetzt liegt er vor: Ein offizieller Streikaufruf, den ein „Sous les écrans la dèche“ (in etwa „Die Pleite hinter der Leinwand“) benanntes Kollektiv an Festivalbeschäftigten in Form eines offenen Briefes verbreitet hat. Publik gemacht hatte ihn zuerst der US-Branchendienst „Deadline“.
Der Brief kommt wenige Tage vor Eröffnung der diesjährigen Internationalen Filmfestspiele von Cannes (14. bis 25. Mai) und er stammt von einem Zusammenschluss von rund 200 französischen Festivalbeschäftigen. Nicht nur, aber hauptsächlich solchen, die an der Croisette zum Einsatz kommen sollen. Der Aufruf, der sich an sämtliche Beschäftigten des Festivals richtet, sei nach einer Abstimmung innerhalb des Kollektivs erstellt und verbreitet worden – und das in einem Umfeld „absoluter Not“. Offen ist aktuell noch, wann ein Ausstand beginnen solle und welchen Umfang er annehmen könnte, laut „Deadline“ lasse sich das Kollektiv derzeit von der Gewerkschaft CGT Spectacle hinsichtlich der Strategie beraten.
Im Kern dreht sich die Auseinandersetzung um zwei Punkte: Zum einen die grundsätzliche Bezahlung durch die Festivals, die nach Auffassung des Kollektivs nicht angemessen sei und insbesondere den Überstunden nicht Rechnung trage. Zum anderen die französische Regelung zur Arbeitslosenunterstützung für kurz befristet Beschäftigte, die zahlreiche Festivalbeschäftigte ausklammere.
Im Wortlaut heißt es in dem Schreiben:
„Seit einem Jahr warnen wir, die Mitglieder des Kollektivs Sous les écrans la dèche vor der zunehmenden Prekarität der bei Filmfestivals tätigen Personen. Wir wechseln von kurzfristigen Einsätzen zu Zeiten der Arbeitslosigkeit, und trotz des zeitweiligen Charakters unseres Berufes und unseres Strebens nach der Verbreitung von Filmkultur fällt unsere Tätigkeit nicht unter die französische Regelung für zeitweilige Leistungen für Beschäftigte des Showbusiness. Die jüngste Reform der Arbeitslosenunterstützung in Frankreich und die für den 1. Juli dieses Jahres vorgesehene Reform führt zu einer weiteren Verschärfung der Leistungsregeln für Arbeitssuchende.Diese Reformen stürzen die Festivalarbeiter in eine derartige Unsicherheit, dass die meisten von uns ihre Arbeit aufgeben müssen und damit die Veranstaltungen, an denen wir teilnehmen, gefährden.“
Aus diesem Grund fordere man die Arbeitgeber auf, kollektive Vereinbarungen zu schließen, die Festivalbeschäftigten einen Status einräumen würden, der ihnen Zugang zu den Sonderregeln für die soziale Absicherung gewährt – und dies rückwirkend für die vergangenen 18 Monate.
Weiter heißt es in dem Brief: „Unsere Warnungen und Forderungen wurden bisher höflich zur Kenntnis genommen, aber weder vom CNC noch vom Kulturministerium wurden konkrete Maßnahmen angeboten. Deshalb hinterlässt die bevorstehende Eröffnung des Festivals von Cannes einen bitteren Beigeschmack. In einem Umfeld extremer Gefährdung und absoluter Not, um unsere Arbeit zu schützen, und nach Konsultation und Abstimmung der Mitglieder des Kollektivs, rufen wir zum Streik aller Beschäftigten des Filmfestivals von Cannes und seiner Nebenreihen auf.“