Die US-amerikanische Filmproduzentin Stacey Sher, die unter anderem mit Quentin Tarantino und Steven Soderbergh gearbeitet hat, wird bei der diesjährigen Ausgabe des Locarno Film Festival mit dem Raimondo Rezzonico Award ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr war die Auszeichnung ebenfalls an eine Produzentin gegangen, Marianne Slot.
„Von seinen Anfängen bis heute hätte uns das Kino nicht so überraschen können ohne den Mut, die Kühnheit und den vorausschauenden Blick derjenigen, die sich entschieden haben, freidenkerische und visionäre Projekte zu unterstützen“, schreibt das Locarno Film Festival in einer Selbstauskunft. Deshalb verleiht das Schweizer A-Festival seit 2002 den Raimondo Rezzonico Award an „Persönlichkeiten, die eine wichtige Rolle im internationalen Filmschaffen gespielt haben“.
Nachdem 2021 mit Gale Ann Hurd erstmals eine renommierte US-Produzentin diese Auszeichnung erhalten hatte, folgt im 77. Jahrgang mit Stacey Sher nunmehr eine weitere engagierte amerikanische Filmproduzentin aus der Welt des Independent Cinema. Gemeinsam mit ihren Produktionspartnern Danny DeVito und Michael Shamberg prägte sie das unabhängige US-Kino wie kaum ein anderer Produzent. So zeichnete sie verantwortlich für maßgebliche Filme der 1990er-Jahre wie „Pulp Fiction“ (1994), „Schnappt Shorty“ (1995), „Das Mädchen Matilda“ (1996), „Gattaca“ (1997) und „Out of Sight“ (1998). Auch im neuen Jahrhundert blieb sie nicht untätig, vertiefte ihre Zusammenarbeit mit Quentin Tarantino und Steven Soderbergh und arbeitete mit Persönlichkeiten wie Oliver Stone, Cate Blanchett, Bradley Cooper, Liam Neeson, Chris Pine und vielen anderen Größen der Filmbranche. Sie hat auch erfolgreiche Fernsehshows wie die mit dem Emmy ausgezeichnete Serie „Mrs. America“ (2020) produziert und war Co-Präsidentin bei den ersten Schritten des Videospielunternehmens Activision in die Welt der Filmadaptionen. Gemeinsam mit Soderbergh war sie zudem für die Produktion der 93. Oscarverleihung verantwortlich.
Giona A. Nazzaro, künstlerischer Leiter des Locarno Film Festival, betont: „Die Arbeit von Stacey Sher hat unsere kollektive Vorstellung vom unabhängigen Kino nachhaltig verändert hat. Sie hat die 1990er-Jahre durch ihr produktionstechnisches Geschick und ihre Vision geprägt und brachte einige der bedeutendsten Filme im Kanon des amerikanischen Films hervor. Ihre Zusammenarbeit mit Filmemachern wie Tarantino und Soderbergh ist Beweis für ihre einzigartige Sichtweise und Hingabe zum Handwerk. Ihr Streben nach neuen Herausforderungen und Möglichkeiten im Filmbereich zeigt sich in Filmen wie ,Gattaca‘ (1997) von Andrew Niccol oder ,Der Mondmann‘ (1999) von Miloš Forman. Das Zelebrieren von Stacey Shers bedeutenden Leistungen am Locarno Film Festival und die Verleihung des begehrten Raimondo Rezzonico Award ist für uns eine Ehre und Freude sowie ein Geschenk für Filmliebhaber/innen auf der ganzen Welt.“
Stacey Sher wird den Raimondo Rezzonico Award am Abend des 8. August auf der Piazza Grande entgegennehmen. Das Tribut-Programm beinhaltet die Vorführung von zwei wichtigen Filmtiteln aus ihrer bisherigen Karriere: „Erin Brockovich“ von Steven Soderbergh und „Django Unchained“ von Quentin Tarantino. Am Freitag, den 9. August um 10:30 Uhr, haben die Besucher/innen die Möglichkeit, Sher im Rahmen einer Podiumsdiskussion im Forum @Spazio Cinema zu treffen.
Thomas Schultze