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Zum Wohle der Filmtalente

Mit seiner gemeinnützigen Organisation Young Talent Foundation Berlin unterstützt Armin Schneider seit 2022 junge kreative Filmschaffende. Eine echte Herzensangelegenheit, für die der langjährige Publicity-Chef von Warner Bros. EMEA sein privates Geld investiert.

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Armin Schneider hat 30 Jahre für Warner Bros. gearbeitet, zuletzt 20 Jahre als Publicity-Chef in der Europazentrale in London (Credit: Paulina Hildesheim)

Stellen wir uns mal vor: Sie entscheiden sich nach einer über 30-jährigen Karriere im nationalen und internationalen Filmgeschäft, von denen Sie 20 Jahre als Publicity- Chef für Warner Bros. Pictures International in der Europazentrale in London verbrachten, in den Ruhestand zu gehen. Aus eigenen Stücken, weil Sie finden, dass es Zeit dafür ist. Sie beschließen, Ihre Eigentumswohnung in London – laut Statista stets unter den Top 3 der teuersten Regionen weltweit nach Immobilienpreisen – zu verkaufen und den neuen Lebensabschnitt zunächst in Südamerika zu genießen, nur um dann festzustellen, dass das nicht der Glückseligkeit letzter Schluss sein kann. Wenn Film dann schon immer Leidenschaft Nummer eins war und man sich Gedanken macht, warum deutsche Filme selten bei den großen Festivals wie Cannes Widerhall finden, wenn man weiß, wie schwierig es für junge Talente in Deutschland ist, den Sprung in die Branche zu schaffen, dann wäre es doch um ein Vielfaches sinnvoller, sein Geld in eine gemeinnützige Organisation zu stecken, mit der man junge Filmtalente deutscher Filmhochschulen aber auch aufstrebende Autodidakt:innen fördern kann.

„Ich treffe mich mit allen Teams und bespreche mit ihnen mein Solidaritätsprinzip.”

Armin Schneider

Hört sich zu schön an, um wahr zu sein? Ist es aber nicht. Genau den beschriebenen Weg hat Armin Schneider eingeschlagen. Die Gründung seiner Young Talent Foundation Berlin (YTF Berlin) erfolgte im Frühjahr 2022, als gemeinnützige GmbH. Ungläubig wird er oft gefragt, ob er wirklich sein privates Geld da hineinstecke und was er denn im Gegenzug dafür bekomme. „Viel Herz“, lacht Schneider im Gespräch. Die Budgetierung hat er genau durchdacht. Ein scheinbar Leichtes für einen wie ihn, der an der Herausbringung von 650 Kinofilmen mitgewirkt hat und PR- Budgets in Millionenhöhe jonglierte. „Durch meine lange Erfahrung als Publicity-Chef Warner Bros. EMEA, wo ich für Kampagnen von Filmen von namhaften Regiegrößen wie Stanley Kubrick, Clint Eastwood, Tim Burton oder Christopher Nolan sowie allen acht ‚Harry Potter‘-Filmen mitverantwortlich zeichnete, fiel es mir nicht schwer, mir meinen Plan für die YTF Berlin aufzustellen“, so Armin Schneider.

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Am Set von „God is Grey” in London: Noah Böhm (Kamera), Jennifer Drake (Regie), Rebekka Schug (Produktion) (Credit: Luca Gruber)

Das jährliche Budget liegt bei rund 100.000 Euro, zunächst angelegt auf fünf Jahre. Die Organisation fußt auf drei Säulen: Der Projektförderung mit weiterführender Beratung hinsichtlich Publicity und Festivaleinreichungen, der Vergabe von Förderpreisen sowie der Beteiligung an Stipendienprogrammen von Filmschulen. „Bei der Projektförderung geht es darum, Finanzierungslücken zu stopfen. Bei den Filmschulen gibt es zwar bestehende Etats, aber oft fehlen den jungen Talenten dann die letzten 2.000 bis 8.000 Euro“, wie Schneider erklärt. Jedes Projekt, das ihm zugetragen wird, wird genau geprüft, denn a) muss es zur DNA der YTF Berlin passen und b) ist die Foundation immer auf der Suche nach Stoffen, nach Arbeiten, die internationale Strahlkraft mitbringen, das Potenzial für die Einladung auf internationale Festivals haben. „Ich treffe mich mit allen Teams, auch mehrere Male, und bespreche mit ihnen mein Solidaritätsprinzip. Denn ich gucke mir jeden Etat genau an. Jeden Cent, den die YTF Berlin sparen kann, kann in ein anderes Projekt fliessen. Und wenn ein Team weniger braucht als anfangs kalkuliert, kann sich ein anderes Team über eine Zuwendung freuen.

Der Run ist groß, die Bewerbungen zahlreich. Ein Angebot wie die YTF Berlin wird von fast allen Filmschulen mit offenen Armen begrüßt. Für Finanzierungshilfen erhält die Non-Profit-Organisation nicht mehr als eine Spendenbescheinigung. „Ich bräuchte überhaupt keine öffentliche Ausschreibung zu machen. Die Bewerbungen kommen auch so. Mein Etatjahr beginnt immer zum Wintersemester im Oktober. Das heißt, aktuell habe ich schon wieder zahlreiche Einreichungen zur Prüfung vorliegen.“

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Regisseur Simon Schneckenburger mit Darsteller Jonas Smulders beim Dreh von „Skin on Skin” (Credit: Torben Hensel)

Der Start hätte nicht besser sein können: Das allererste von der YTF Berlin unterstützte Projekt, war „Istina“ von HMS-Absolventin Tamara Denić, der 2023 bekannterweise den Studentenoscar in Bronze gewonnen hat. Zu den aktuelleren geförderten Projekten zählen die beiden HFF-Kurzfilme „God is Grey“ von Jennifer Drake und „Walud“ von Daood Alabdulaa und Louise Zenker, sowie „Skin on Skin“ von Simon Schneckenburger (Filmakademie Baden-Württemberg). Die zweite Säule, die Stiftung von Preisgeldern, ist ebenfalls erfolgreich gestartet. Mitte Juli wurde an der HFF München zum zweiten Mal der Jurypreis der HFF-Jahresschau verliehen, hinter dem die YTF Berlin steht. Die Auszeichnung ist zweckgebunden mit 4.000 Euro ausgestattet. „Das Geld soll in die Recherche eines neuen Films oder auch, was mir sehr wichtig ist, für Festivaleinreichungen genutzt werden“, erklärt Schneider. Die Jury um Filmjournalist Patrick Heidmann, Just-Publicity-Chefin Regine Baschny, Schauspielerin Stephanie Stremler und Studentenoscar-Gewinnerin Tamara Denic wählte Anna-Maria Dutois Kurz-Dokumentarfilm „Velhice“ zum Sieger. Ebenfalls zum zweiten Mal hat die YTF Berlin in diesem Jahr einen Caligari-Förderpreis an der Filmakademie Baden-Württemberg vergeben.

Das komplette Geld, das Schneider aus dem Verkauf seiner Londoner Wohnung erhielt, floss in die gemeinnützige GmbH.

Die dritte Säule, die Mitfinanzierung von Stipendien, betrifft in erster Linie die Bezuschussung des Deutschlandstipendiums. „Das Deutschlandstipendium von der Bundesregierung ist eine der besten Einrichtungen, die es für den künstlerischen Bereich gibt“, sagt Schneider. Bereitgestellt wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Wenn sich ein privater Spender oder eine Institution bereiterklärt, 1800 Euro im Jahr bereitzustellen, gibt das Ministerium ebenfalls noch einmal 1800 Euro dazu. „Das sind 3600 Euro Zuschuss im Jahr, bzw. 300 Euro im Monat, was ausgezeichnet ist“, so Schneider. Bislang konnten so von der YTF Berlin 12 Deutschlandstipendien an Studierende von drei deutschen Filmschulen vergeben werden.

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Am Set von „Walud” in Tunesien: Daood Alabdulaa (Regie), Louise Zenker (Regie), Henri Nunn (Kamera), Liam Wölfer (Produktion) (Credit: Iheb Abidi)

Wie geht es weiter? Wäre das Konzept der YTF Berlin noch erfolgreicher, wenn weitere Spendengelder einfließen würden? Daran arbeitet Armin Schneider. „Ich war 30 Jahre lang für eine amerikanische Firma tätig und weiß, dass in den USA wie auch in UK eine ganz andere Art von Fundraiser-Kultur existiert, weil in keinem der Länder ein vergleichbares Fördersystem für Filmschaffende wie in Deutschland vorhanden ist. Das war für mich Vorbild. Ich habe also das komplette Geld, das ich durch den Verkauf meiner Wohnung in London erhielt, in meine gemeinnützige GmbH gesteckt. Zwei Drittel in gemischte Anlagen, ein Drittel Cash. Dafür ernte ich hier in Deutschland oft ungläubige Blicke“, schmunzelt Schneider.

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Armin Schneider mit dem „Istina”-Team bei der Verleihung vom Filmfestival Max Ophüls Preis: Christian Siée (Produktion), David Lorenz (Drehbuch), Andrè Stahlmann (Kamera), Tamara Denić (Regie) (Credit: n/a)

Auch wenn seine Budgetierung im Plan liegt und für 2024/2025 bereits alles auf Go steht, appelliert er auch an die Solidarität von anderen Menschen und würde sich über Spenden freuen. „Ein paar bekomme ich schon, aus dem engeren und weiteren Familien/Freundeskreis, weil sie super finden, was ich mit der YTF Berlin mache. Aber ich möchte mit Blick in die Zukunft auch andere Leute in die Pflicht nehmen. Denn endlich hat man die Möglichkeit, was für den Film, den wir alle so sehr lieben, für unsere Talente zu machen!“ Also Augen und Ohren sollten geöffnet sein, die Scheckbücher gezückt, wenn Armin Schneider in absehbarer Zeit zu einem YTF Berlin Fundraising einlädt, ganz nach britischem oder amerikanischem Vorbild. Alles zum Wohle der Filmtalente, die ihm so sehr am Herzen liegen.

Barbara Schuster