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Open Do(o)r(s)

Danny Krausz ist einer der renommiertesten Produzenten Österreichs und aktuell mit gesamt elf Nominierungen beim Deutschen und Österreichischen Filmpreis im Rennen. Seine Dor Film war immer schon innovative Produktionsstätte für junge Regiestimmen. Jetzt weht verstärkt auch innerhalb der Firma ein frischer Wind mit einem jungen Kernteam, das mit mehr Eigenverantwortung Projekte umsetzt.

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Danny Krausz hat Dor Film 1988 gemeinsam mit Milan Dor gegründet; Krausz produziert nicht nur Filme, sondern lehrt auch als Professor an der Filmakademie Wien und ist einer der klügsten Köpfe in Sachen Filmpolitik (Credit: IMAGO / Karina Hessland)

In Österreich zählt Danny Krausz zu den bekanntesten Filmproduzenten. Mit der Gründung von Dor Film vor nunmehr 36 Jahren haben sich er und Kompagnon Milan Dor auf die Fahnen geschrieben, dem kreativen Nachwuchs in größtmöglicher Bandbreite eine Plattform zu bieten. Dabei blieb Dor nicht in den eigenen vier Wänden, im Heimatmarkt Österreich. Der Aufbau eines internationalen Netzwerks gehörte von Anfang an mit zur Strategie, die in etlichen erfolgreichen Koproduktionen Früchte getragen hat und unverändert trägt. Dor Film produziert Fernsehfilme, Reihen und Serien sowie – mit besonders viel Leidenschaft – Spiel- und Dokumentarfilme fürs Kino. Zu den bekanntesten Filmen zählen „Indien“, „Hinterholz 8“, „Comedian Harmonists“ „Wüstenblume“ sowie „Kästner und der kleine Dienstag“. Die Verfilmungen der Wolf-Haas-Bücher „Komm süßer Tod“, „Silentium“, „Der Knochenmann“ und „Das ewige Leben“ waren weitere große Kinoerfolge. Die jüngsten Koproduktionen „Stella ein Leben“ und „15 Jahre“ wurden kürzlich gleich mit zehn Filmpreisnominierungen gewürdigt. Sieben davon in Deutschland und vier in Österreich (hier ist auch die Dor-Koproduktion „Sisi & ich“ dabei). Wobei „15 Jahre“ federführend produziert wurde.

Um den Nachwuchs kümmert sich Danny Krausz auch in seiner Funktion als Professor und Institutsleiter an der Filmakademie Wien. Auf seine Karriere blickt er, der dieses Jahr 66 Jahre – alt wird, mit Stolz. Zurecht, will man wie selbstverständlich hinzufügen. Weil: Zurecht. Neben seiner Produzententätigkeit war Krausz auch immer auf der filmpolitischen Seite engagiert, übte 15 Jahre lang das Amt die Bundesobmannschaft der Film und Musikwirtschaft aus, ist Mitglied der Deutschen und Europäischen Filmakademie sowie des Produzentenverbands Film Austria und legte mit Kolleg:innen den Grundstein für die Akademie des Österreichischen Films. 

„Die Aktivitäten auf österreichischer und deutscher Seite sollen verstärkt werden.“

Danny Krausz

Den Nachwuchs hat Krausz auch anderweitig im Blick. Es ist ihm erklärtes Anliegen, dass auch in seiner Firma mit um die dreizehn Mitarbeiter:innen stets ein frischer Wind weht. Nun wird der Zug in Richtung nächste Generation abfahrbereit gemacht. Während Krausz‘ Tochter Fanny, die bisher vornehmlich als Schauspielerin arbeitet und Dor bereits in der Stoffentwicklung unterstützt, projektbezogen enger an die Seite ihres Vaters rückt, treiben Florian Krügel, seit zehn Jahren bei der Wiener Firma tätig, Andi G. Hess und Lukas Zweng als junges Kernteam in größerer Selbständigkeit eigene und verstärkt auch größere Projekte voran. 

Bei der Tochterfirma Dor Film West in München, 1998 von Danny Krausz gegründet, ist ebenfalls Bewegung zu spüren: Der Ableger nimmt seine Geschäfte nach dem tragischen Tod von Herstellungsleiter Philip Evenkamp im Jahr 2022 mit einer kompletten Neuausrichtung wieder auf. Hier ist künftig Genia Krassnig als Produzentin im Lead. Die gebürtige Österreicherin war zuletzt zehn Jahre bei X Filme in Berlin tätig und wird nun den Standort München mit eigenen Stoffen, die mit der Wiener Mutter entstehen können, aber nicht müssen, flott machen. „Es hat sich einiges verändert“, sagt Danny Krausz. „Bezüglich des Münchner Standorts habe ich nach dem Tod von Philip lange überlegt. Mir war es dann lieber, eine aktive produzentische, inhaltlich getriebene Verstärkung zu suchen, die vom Entwicklungspotenzial neue Akzente setzt. Glücklicherweise hat das mit den Zukunftsplänen von Genia gut zusammengepasst.“ Insgesamt sollen die Aktivitäten auf beiden Seiten, der österreichischen und der deutschen, verstärkt werden und das erwähnte Kernteam mit stärkerer Eigenverantwortlichkeit in den Mittelpunkt rücken. „Die Veränderung ist wichtig und zeigt sich auch in den Projekten, die wir jetzt anschieben. Denn irgendwann bin ich dann weg – im Idealfall“, merkt Krausz an.

Auch mit Blick auf die Branche macht Krausz viel Bewegung aus. „Wir haben die neuen Fördersysteme in Österreich, die sich prächtig entwickeln, aber durchaus eine vorrübergehend schwierige Situation in Deutschland. Deutschland ist für Österreich eines der wichtigsten Koproduktionsländer und kann, im Gegensatz zum wirtschaftlich viel kleineren Österreich, eine selbsterhaltende Komponente im filmwirtschaftlichen Sinne darstellen. Die angekündigte Reform der deutschen Filmförderung stößt zwar vor allem bei Produzent:innen auf Wohlwollen und beinhaltet laut Krausz auch spannende Modelle. Hinsichtlich der Geschwindigkeit ihrer Umsetzung hat Krausz jedoch seine Zweifel: „Meine Beobachtungen des deutschen Markes geben mir keine klare Erkenntnis, wo diese angekündigten Modelle hingehen, die einerseits Existierendes ersetzen, andererseits Neues einführen. Wird dadurch mehr Kapital in die Finanzierung kommen? Mir fehlt ein deutlicher Hinweis darauf, wie die Reduktion bei den Öffentlich-Rechtlichen in die Filmfinanzierung kompensiert werden soll.“ Für die Produzent:innen bilde sich das noch nicht deutlich genug ab. Man müsse sich genau anschauen, wie dieses Steuermodell mit einer Steuergutschrift funktionieren solle. „Der Vorteil ist, dass es mit fortlaufender Dauer sehr stabil wirken kann. Da das Volumen aber vom gesamten Steueraufkommen der Firmen abhängt, wird es für die unabhängige Produzent:innenlandschaft wesentlich sein, den Cashflow entsprechend zu stützen. Weil ein Prinzip der Nachbetrachtung wäre wohl nicht zu empfehlen.

„Man muss offen sein. Das ist wichtig in der aktuellen Marktlage.“

Genia Krassnig

Die Umsetzung der Förderreform in Deutschland tangiert die Neubelebung der Dor Film West indes nicht, die im Münchner Stadtteil Schwabing ihre Büroräumlichkeiten hat. Genia Krassnig ist seit 1. Februar an Bord, gemeinsam mit Filmgeschäftsführerin Iris Wimmer leitet sie den Standort. „In München wollen wir den Gedanken, verstärkt eigenständige Projekte zu entwickeln, in die Tat umsetzen. Mit Genia am Steuer bin ich zuversichtlich, dass die Realisierung von Projekten beschleunigt wird“, sagt Krausz, man habe bereits einige Projekte in Entwicklung und wollen wir darüber hinaus auch für den deutschen Nachwuchs verstärkt zur Verfügung stehen. „Wir haben auch die ein oder andere wirtschaftliche Projektentwicklungsallianz geschmiedet, ohne zum jetzigen Zeitpunkt ins Detail gehen zu können“, führt der Produzent weiter aus. 

„Stella. Ein Leben“, ebenfalls mit Dor Film entstanden (Credit: Majestic/Jürgen Olczyk)

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Allianzen sind vor allem im Hinblick auf Serien wichtig. Es gebe nicht sehr viel Entwicklungskapital am freien Markt, auch bei den Förderungen sei der Serienbereich noch relativ bescheiden mit seiner Entwicklungsfinanzierung. „Eine vernünftig und konkurrenzfähig entwickelte Serie kostet aber eben gleich mal das Fünffache einer Einzelentwicklung“, sagt Krausz. Genia Krassnig, die ein Produktionsstudium an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf sowie an der University of Westminster absolvierte, beschreibt den künftigen Dor-Film-West-Slate mit den Worten: „Er soll vielfältig sein. Ich komme zwar mit einer großen Leidenschaft für Komödie, und es wird sicher auch Komödie geben. Aber es liegen auch Stoffe aus dem Thrillerbereich oder Drama auf dem Tisch. Ich werde mich breit aufstellen und denke auch nicht ‚Film oder Serie‘. Das hängt einfach vom Stoff und seinen Komponenten ab. Und natürlich auch von einer starken Kooperation mit Sendepartnern und Streamern. Man muss offen sein. Das ist wichtig in der aktuellen Marktlage.“ Dor Film steht für qualitativ hochwertige Unterhaltung. Diesem Anspruch will Krassnig gerecht werden, dennoch den eigenen Geschmack miteinbringen und auf die kreativen Talente, mit denen zusammengearbeitet wird, vertrauen. „Dann gehört eine Portion Glück dazu, dass man es schafft, das richtige Projekt genau im richtigen Moment zu verkaufen.“

„Meine Leidenschaft liegt im Genre, bei den düsteren Geschichten.“

Florian Krügel

Wie oben erwähnt, wird die Pflege des Nachwuchses bei den anstehenden Projektentwicklungen nicht außer Acht gelassen. „Das hat Dor schon immer ausgezeichnet: neuen kreativen Talenten ein Partner zu sein mit dem Ziel, sie auch weiterhin in ihren Karrieren zu begleiten, um im Idealfall zu einer Kreativfamilie zu wachsen“, sagt Krausz. Zu diesen Talenten zählt auch Justin P. Lange, mit dem Florian Krügel 2018 „The Dark“ umsetzte. „Das Projekt war mein erstes Stück im Hause Dor Film. Ich habe Justin während meiner Ausbildung in New York kennengelernt und konnte den Stoff mit zu Dor bringen. Hier liegt genau meine Leidenschaft: im Genre, bei den düsteren Geschichten“, sagt Krügel, der erst auf der Columbia University in New York City Filmproduktion studierte, im Anschluss an der Uni für Musik und darstellende Kunst Wien. Dabei entwickelt Krügel seine Stoffe so, dass sie auch für den internationalen Markt funktionieren. „Aktuell arbeite ich mit einer Debütregisseurin an einem Stoff, der ebenfalls Genre ist, zwar in Österreich angesiedelt ist, aber großes Potenzial für den internationalen Markt hat.“ 

Stichwort Genre und international: Danny Krausz vertritt den Standpunkt, dass ein kleines Land wie Österreich sich in der Filmproduktion der Vielfalt verpflichtet fühlen muss. „Was sollen wir mit Monokulturen? Wir haben mit Dor zwar auch sehr erfolgreich österreichische Komödien ins Kino gebracht und legen damit auch bald wieder nach. Aber es war oft so, dass der Erfolg ausschließlich auf Österreich beschränkt blieb. Aus der Vielfalt heraus ist international viel mehr drin. ‚The Dark‘ war mehrheitlich mit österreichischen Mitteln finanziert, wurde aber in Kanada gedreht. Das war ein rundum schönes Projekt, das heute noch in der Vermarktung ist. Für uns war es gleichzeitig der erste Film, der eine richtige Online-Karriere gemacht hat. Nach der Weltpremiere in Tribeca kam er in den USA nur in Key-Citys ins Kino, anschließend erfolgte die Auswertung auf Online-Plattformen.“ Eine neue Erfahrung für Krausz: „Keine klassische Auswertung im Kino, obwohl ich ans Kino nach wie vor glaube. Aber für ‚The Dark‘ war es der richtige Weg.“ Die internationale Schiene wird mit Krügel weiter vorangetrieben. Aktuell befinden sich mehrere internationale, englischsprachige Koproduktionen in der Teilfinanzierung. „Hier hat das neue österreichische Anreizmodell mit ÖFI+ wirklich für einen Schub gesorgt“, so Krügel. Andi Hess produziert derzeit den TV-Dokumentarfilm „Primary Matters“ der sich mit dem Thema Klima grundlegender beschäftigt. Gleichzeitig wird ein weiteres Kino Debut von ihr entwickelt, das im kommenden Jahr drehreif sein soll.

Danny Krausz selbst steckt mitten in der Finanzierung des zweiten „Woodwalkers“-Films. Teil eins befindet sich in der Fertigstellung und startet im Herbst in den deutschen und österreichischen Kinos. „Es ist unsere siebte oder achte Zusammenarbeit mit Corinna Mehner und blue eyes. Wir sind bei den ‚Woodwalkers‘-Filmen als Koproduzent mit einem substanziellen Anteil beteiligt. Viele der visuellen Effekte entstehen bei uns, genauer gesagt bei Valentin Struklecs Firma VAST,“ erzählt Krausz. Ein weiteres Projekt ist ein Kinofilm von Autor und Regisseur Harald Sicheritz über den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Staatsmann Bruno Kreisky, allerdings über seine frühen Jahre als 16- bis 20-Jähriger, bevor er in die Emigration gezwungen wurde. Dieses Projekt wird mit der Dor Film West produziert und soll Anfang 2025 in Dreh gehen. Dor Film unterstützt mit Förderungen und Servus TV Ulrich Limmer und die Perathon bei einem neuen Film mit Sigi Zimmerschied, der im Kino als Underdog-Kontrastprogramm mit „Weißbier im Blut“ erfolgreich war. Der Drehstart von „Karli und Marie“, so der Titel, ist für Ende Juni fixiert.

Im Fernsehbereich war Dor Film zuletzt mit einer eben fertiggestellten Koproduktion mit ORF & ZDF und Förderungen mit dem Titel „Schnee von gestern“ beschäftigt. Regie führte David Wagner („Eismayer“) und unlängst ist in der ARD-Mediathek „Sexuell verfügbar“ von Ulrike Kofler mit Laura Tonke in der Hauptrolle gestartet. Dabei handelt es sich um eine Miniserie in Koproduktion mit der Berliner Majestic Filmproduktion nach dem Buch von Caroline Rosalis, erzählt Krausz –

Er fügt an: „In der Entwicklung von Fernsehstoffen ist Dor Film vielseitiger geworden. Wir suchen nicht nur den klassischen öffentlich-rechtlichen Hauptabend, sondern auch andere Schienen, die anders budgetiert sind, andere Formate haben etc. Wir widmen uns da gerade sehr unterschiedlichen Projekten.“ Offen sei man für alle Ausspielwege, für alle Sender und Player. Die Fokussierung allein auf Kino sei schwierig, zumal die Bereiche TV und Kino qualitativ zusammengewachsen seien, so Krausz. Und der Blick auf den Kinomarkt zeigt zwar eine gewisse Erholung nach dem verheerenden Einschnitt durch die Corona-Pandemie. Aber, schließt Krausz: „Dass sich das Kino verändern wird, war schon vor Corona klar. Corona war nur ein Brandbeschleuniger, der eine Entwicklung stark vorangetrieben hat, die ohnehin eingetreten wäre, vielleicht aber wirtschaftlich verträglicher, nicht so radikal. Trotz Verdrängungswettbewerb spielt das Kino für die unabhängige Produktion nach wie vor eine elementare Rolle und hat sich bisher durch nichts ersetzen lassen.“ Insofern stehen bei Dor Film jedenfalls weiterhin die Türen dafür offen.

Barbara Schuster