Die Wiener SUPERFILM hat viele neue Projekte im Köcher, neben hochkarätigen TV-Stoffen, wie man sie von John Lueftners und David Schalkos Firma gewohnt ist, auch vor allem verstärkt wieder Kino. Der Knaller: „Braunschlag“ erhält eine zweite Staffel! Ach ja, und Staffel drei vom Jugendhit „School of Champions” soll im Winter in Dreh gehen.
Das Büro von SUPERFILM befindet sich im Wiener Bobo-Bezirk Neubau, genauer gesagt in der Zieglergasse 1. In einem dieser hochherrschaftlichen Altbauten, wie es sie zuhauf in der österreichischen Hauptstadt gibt. Ein geschmackvoll eingerichtetes Büro, in dem man gerne verweilt – vielleicht nicht unbedingt neben den ausgestopften Tieren, die in „Braunschlag“ (Schäferhund Bauxi und eine Katze) und „Ich und die anderen“ (Pferd) „mitgespielt“ haben und nun die Sitzgarnitur hinterm Empfang zieren. Auf alle Fälle ein echter Eyecatcher.
„Unser Firmenname ist ein augenzwinkerndes Qualitätsversprechen. Für Relevanz, gute Haltung und Unterhaltung. Zumindest sind wir immer bemüht um Salz in der Suppe.“ Dieses schöne Zitat findet man in der Firmenbeschreibung von SUPERFILM. Salz in der Suppe trifft es ganz gut, wenn man auf die Produktionen der von John Lueftner und David Schalko 2006 gegründeten Wiener Produktionsfirma blickt. Der schwarze Humor und satirische Blick fehlt bei einem immer hohen Qualitätsanspruch und ehrgeizigen kreativen Ambitionen eigentlich nie. Als Gütesiegel halten Filme/Serien her wie „Aufschneider“, „Braunschlag“ (full disclosure: All-Time-Favorit der Autorin), „Bösterreich“ und „Altes Geld“. Der Backbone, der für steten Cashflow sorgt, ist nach wie vor „Willkommen Österreich“, das erste Baby der Superfilm. Die Late-Night-Show mit Stermann & Grissemann läuft seit 2007 im ORF und zählt mittlerweile über 600 Folgen. Auch aus Deutschland kommt steady income: Über den Münchner Superfilm-Ableger (seit 2016) wird ebenfalls eine Late-Night-Show produziert: „Ringlstetter“, für den BR natürlich.
„Wir werden definitiv mehr in Richtung Kino gehen.”
John Lueftner
SUPERFILM tummelt sich also vor allem in der Welt des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, aber auch Privatsender wie RTL/TVNOW oder Sky (letztere jetzt freilich nicht mehr), und war zuletzt vor allem im (High-Class-)Serienbereich aktiv mit Produktionen wie „Ich und die anderen“, oder „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Auch die exzellenten Landkrimis „Höhenstraße“ (von David Schalko) oder „Das letzte Problem“ sowie „Das Schweigen der Esel“ (von Karl Markovics) sollten Erwähnung finden. Das hört sich alles sehr nach Unterhaltung für Erwachsene an.
Dass SUPERFILM auch jung kann, hat die Firma unlängst bewiesen: Mit „School of Champions“ landete Lueftner in Österreich einen Hit eben vor allem beim jungen Fernsehpublikum: Bei den beiden Auftaktfolgen Anfang des Jahres waren bei ORF 1 im Schnitt 506.000 Personen mit dabei. Der Marktanteil betrug 18 Prozent. Und Achtung: bei jüngeren Personen, den 12- bis 29-Jährigen, sogar 28 Prozent. Die Serie über ein Elite-Skiinternat als Mix aus rasanter Action auf der Piste und zwischenmenschlichem Drama kam gut an. Staffel zwei der Koproduktion mit der Schweizer Catpics für ORF/SRF/BR befindet sich aktuell in Postproduktion, die dritte Staffel sei in Vorbereitung und soll im Winter in Dreh gehen. Ob der SRF ein drittes Mal dabei sein wird, steht in den Sternen. „Ein bisschen mehr Stabilität wäre schon wünschenswert. Aber das Schweizer Fernsehen hat auch noch andere Aufgaben zu stemmen, wie man hört“, merkt Lueftner vieldeutig an.
Mehr fürs angestammte erwachsene Publikum war hingegen wieder David Schalkos jüngster Streich: die sechsteilige Miniserie „Kafka“, die pünktlich zum 100. Todestag des großen Schriftstellers erschienen ist, als Produktion für ORF und ARD. Geschrieben wurde das Drehbuch von Bestsellerautor Daniel Kehlmann, bekannt für seine subtile Komik, in der Titelrolle knabberte der Schweizer Joel Basman Nüsse. „Sehr gefreut haben wir uns über die durchweg positiven Besprechungen. ‚Kafka‘ war ein echter Feuilleton-Knaller, auch im Ausland“, erzählt Lueftner. Lizenziert wurde die Serie bis dato nach Tschechien, in die Slowakei, Slowenien, Finnland, Schweden, Großbritannien, Mexiko sowie in die Schweiz. „Auch in die USA wurde sie verkauft. Wie übrigens auch ‚School of Champions‘. Welche österreichische Serie hat das bitte geleistet?“, so Lüftner. „Kafka“ sei ein Projekt, das nicht für die Erfolgsquote gemacht wurde. Vielmehr zeichnet es sich durch einen langen Lebenszyklus aus, als cooles Piece für die Library, „die Kafka-Bio für die nächsten 20 Jahre“.
Stichwort cooles Piece: da wird es mit Blick auf die kommenden SUPERFILM-Produktionen nicht nur eines geben. Gerade abgedreht wurde „Warum ich?“, eine „Miniaturserie“, wie Lueftner den Stoff liebevoll kategorisiert. „Es ist kein wahnsinnig großes Projekt, aber ein sehr schönes Projekt. Es ist die erste Koproduktion mit der Degeto“, so der Produzent. Buch und Regie verantwortet David Schalko, für die Kamera zeichnet Bildermagier und Schalko-Weggefährte Martin Gschlacht verantwortlich. Dahinter verbirgt sich eine Anthologie-Serie mit sechs Kurzfilmen, die für die ARD Mediathek angedacht ist. „Diese sechs Kurzfilme haben wir mit einer sehr schönen Besetzung umgesetzt“, so Lueftner. Wer zur dieser sehr schönen Besetzung gehört, kann er aktuell noch nicht verraten.
Auch wenn Fernsehstoffe die Hauptrolle spielen bei SUPERFILM, kann die Produktionsfirma auch Kino. In der Vergangenheit beteiligte man sich als Koproduzent an europäischen Kino-Koproduktionen wie „Sennentuntschi“ oder „One Way Trip 3D“. Jetzt wird das Kinogeschäft wieder stärker angekurbelt. Das liege, so Lüftner, zum einen an der endgültig auskonsolidierten Serienschwämme (SUPERFILM zählte zu den Firmen, die mit einem Projekt vom Ausstieg Sky Deutschlands aus der Produktion kalt erwischt wurde), zum anderen an dem seit Januar 2023 eingeführten Incentive-Modell in Österreich, das nicht nur auf internationale Koproduktionen im TV/Streamingbereich abzielt, sondern mit ÖFI+ und einem Wertschöpfungsbonus auch hochinteressant für Kinostoffe ist und den Standort Österreich spürbar nach vorn geschoben hat.
„Wir werden also definitiv mehr in Richtung Kino gehen“, kündigt der Produzent an. Bereits fertiggestellt ist Charly Hübners „Element of Crime – Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“, bei dem sich SUPERFILM als Produzentin beteiligt hat. „Das ist unsere erste Kinodokumentation, auf deren Release im Herbst wir uns sehr freuen. Das Projekt kam als Koproduktion unter Freunden zustande, die da sind Sven Regener, dessen Managerin Charlotte Goltermann, Charly Hübner und ich. Charly hat letztes Jahr bei einer Berlin-Tournee von Element of Crime gedreht und rundherum einen Blick auf die unglaubliche Wirkungskraft dieser Band geworfen.“
In Entwicklung sind zudem drei große Kinoproduktionen sowie eine kleinere. Bei der ersten arbeitet SUPERFILM nach „Kafka“ wieder mit Starautor Daniel Kehlmann zusammen: „Lichtspiel“ heißt das Projekt und ist die Verfilmung von Kehlmanns gleichnamigem Roman. Für die Adaption zeichnet der Schriftsteller selbst verantwortlich, David Schalko soll die Regie übernehmen. Mit Amusement Park von Malte Grunert und Daniel Brühl ist eine erstklassige, sogar oscargekrönte, Produktionsfirma als Koproduzent an Bord („Im Westen nichts Neues“), die ihrerseits bereits Erfahrungen mit Kehlmann gesammelt hat: Er schrieb das Drehbuch für Daniel Brühls Regiedebüt „Nebenan“. Die Federführung liegt bei SUPERFILM. Wenn alles gut läuft, soll Ende 2025 gedreht werden. Das zweite große Kinoprojekt, das SUPERFILM für die große Leinwand plant, kommt auch von Mastermind David Schalko. „Das werden wir allerdings nicht in Österreich drehen können, weil sich die Geschichte weitestgehend im Kopf eines Menschen abspielt und wir dafür eine Welt erschaffen müssen, die nur mit einer Virtual Production Stage, die es in Österreich nicht gibt, herstellbar sein wird“, so Lueftner. Fündig geworden ist der Produzent in Kanada. Mit kanadischen Partnern, die im Besitz der größten Virtual Production Stage in Nordamerika sind, wird das Projekt federführend aus Kanada heraus finanziert. Nicht ganz uninteressant sei dabei, dass das kanadische Steueranreizmodell noch attraktiver ausgestattet sei als das österreichische, unterstreicht Lueftner.
Das dritte große Kinoprojekt, von Lueftner produziert, ist eine Verfilmung der berühmten Geschichte von Till Eulenspiegel, als Banden-Heist-Film à la „Ocean’s Eleven“ neu gedacht, aber auch historisch im Mantel-und-Degen-Gewand (hier hat Eulenspiegel also definitiv den Schalko im Nacken sitzen 🤣). Für die Eigenentwicklung sucht Lueftner aktuell nach möglichen Partnern aus Deutschland.
Bei dem angesprochenen „kleinen“ Kinoprojekt handelt es sich um eine reine Eigenproduktion, ein Fußballfilm, bei dem die bekannte Schauspielerin Pia Hierzegger das Drehbuch schreibt und auf dem Regiestuhl Platz nimmt. Es wird ihre zweite Kinoregiearbeit nach „Altweibersommer“ sein, den sie mit der Film AG gemacht hat und der aktuell in Fertigstellung ist. Als Vorlage des Projekts mit SUPERFILM dient Hierzegger Tonio Schachingers 2019 erschienenes Buch „Nicht wie ihr“, das über einen österreichischen Fußballprofi und dessen Gedankenwelt erzählt.
Neben dieser erstmaligen Zusammenarbeit (Hierzegger stand allerdings für SUPERFILM-Produktionen bereits vor der Kamera, so bei „Aufschneider“ mit Josef Hader), wird es auch eine wiederkehrende Zusammenarbeit geben, mit einer ebenso bekannten und vielfach laudierten kreativen Persönlichkeit der österreichischen Branche. Die Rede ist von Karl Markovics, mit dem SUPERFILM nach zwei erfolgreichen Landkrimis (siehe oben) nun zwei Serienkonzepte entwickelt. Bei beiden Serien ist Markovics als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller im Lead. Das erste Serienprojekt trägt den Titel „Die Raumpfleger“ und wird von Lüftner als eine Working-Space-Comedy beschrieben, die Abenteuer einer Gruppe schlecht ausgebildeter Astronauten erzählt, die mit ihrem Raumschiff für die Beseitigung von Weltraummüll verantwortlich sind. „Das ist ein sehr weit gediehenes Projekt, für das wir schon viel Unterstützung bekommen haben, u.a. vom ORF und Filmfonds Wien.“ Der Filmfonds Wien hatte einen Test-Trailer mitfinanziert, weil das Team ausprobieren wollte, wie man Österreicher im Weltraum in die Schwerelosigkeit befördert, ohne auf „Gravity“-Niveau sein zu müssen, aber dennoch technisch glaubwürdig rüberkommt. „Wir wollen uns bei dem Projekt nicht der Technik unterordnen, weil es immer noch Comedy ist. Da kommt es nicht darauf an, dass der Pizzakarton zum richtigen Zeitpunkt durchs Bild fliegt oder nicht“, erzählt Lueftner. Die zweite Geschichte, die SUPERFILM mit Markovics entwickelt, ist die serielle Adaption von Robert Menasses mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnetem Roman „Die Hauptstadt“. Die Vorlage ist ein großer Wurf über die Europäische Union, klar pro-europäisch. „Es steht außer Frage, dass wir in ein nach-nationales Europa finden müssen. Der Stoff ist als Feelgood-Family-Serie gedacht, weil wir den Eindruck haben, dass man die Europäische Union auch als gemeinsame Familie begreifen sollte“, sagt Lüftner. Die Finanzierung wird nun angepackt – „ein spannender Prozess, in Zeiten wie diesen eine Serie mit europäischen Partnern aufzusetzen“.
Damit nicht genug der guten Nachrichten aus dem Hause SUPERFILM. Den Joker zieht Lueftner nämlich am Schluss unseres Gesprächs. Zwölf Jahre nach Ausstrahlung der Kultserie „Braunschlag“, mit der SUPERFILM ein Stück Fernsehgeschichte schrieb, arbeiten Lueftner/Schalko gemeinsam mit dem ORF an einer zweiten Staffel. Endlich! In das fiktive Örtchen, das am Ende von Staffel eins evakuiert werden musste, weil herauskam, dass es als illegales Lager für tschechischen Atommüll benutzt wurde, kommt also wieder Leben. „Nach zwölf Jahren ist die radioaktive Strahlung in Braunschlag auf ein Level abgesunken, dass wir die Genehmigung erhalten haben, es wieder zu besiedeln“, so Lueftner schmunzelnd. Eine super Idee für die Story gebe es bereits. Ist halt einfach SUPERFILM.
Barbara Schuster