Am 20. Juni startet Maike Conways „2Unbreakable“ über zwei Breaking-Profis. Nicht nur beim Breakdancen braucht man einen langen Atem, viel Übung und eine gewisse Hartnäckigkeit – auch beim Filmemachen, wie sie erzählt.
Maike Conway hätte sich auch ein Leben als Musicaldarstellerin oder Tänzerin vorstellen können. Tanz- und Musikfilme aus den USA hat sie in ihrer Kindheit und Jugend regelrecht verschlungen. Die musikalische Prägung erfolgte durch das Elternhaus. Ihr Vater hat viel Jazz gehört, sie oft in Jazzclubs mitgenommen. „Zuhause hörten wir Funk, Soul, Hiphop. Ich habe viele Jahre Jazztanz gemacht. Musik und Tanz waren immer da“, erzählt sie beim Treffen in München. Auf der Stage School Hamburg merkte sie, dass ihre Stimme nicht dazu taugen würde, als professionelle Musicaldarstellerin zu arbeiten. „Leider, ich hätte gerne eine tolle Stimme gehabt.“
Deshalb wurde sie Filmemacherin, learning by doing – ohne Abitur, ohne Studium, sondern über Umwege einer Gasthörerschaft an der HFF München („einen Studienplatz habe ich nicht bekommen“) und eines Praktikums als Editorin. Conway hat sich von Anfang an dem dokumentarischen Schaffen verschrieben, arbeitet regelmäßig und sehr gerne für den BR („Lebenslinien“) und die ZDF-Reportage-Reihe „37°“. Das sorgt für steady income, wobei es anfangs auch nicht leicht gewesen sei, einen Fuß in die Sendertüren zu bekommen. „Ich war einfach hartnäckig und vielleicht auch naiv, weil ich nie ein reguläres Studium durchlaufen habe und an Dinge ganz anders herangehe“, erklärt sie. Das dokumentarische Arbeiten liegt ihr, „weil ich neugierig bin, gerne mit Menschen rede“, so Conway. Zu ihren Auszeichnungen zählen ein Grimme-Preis Nominierung (für „Chancen“), Publikums Grimme-Preis (für „Ibrahim und Jeremia“), der Sistar und der Bayerische Fernsehpreis (für „Niemand darf es wissen – Corinne und ihr Geheimnis“).
Da es nichts mit der eigenen Tanzkarriere wurde, war ihr großer Traum, einen Tanzfilm zu machen. „Das dauert halt dann, genauer gesagt, bis man 57 Jahre alt ist“, scherzt sie. Am 20. Juni startet ihr Kinodebüt „2Unbreakable“, in dem Conway zwei Breaking-Profis begleitet, Joanna von der Crew The Saxonz (aus Sachsen) und Serhat von der Sankofa Crew aus München, sie bei verschiedenen Battles zeigt, ihren Weg in den olympischen Kader (Breaking ist seit diesem Jahr olympische Disziplin!), aber auch die Menschen dahinter näherbringt und den Spirit einfängt, der diesen Sport mehr sein lässt als Sport, bei dem trotz Leistungsdruck und dem Willen, der oder die Beste zu werden, immer der Family & Community-Gedanke an erster Stelle steht. „Es war schwierig, dieses Projekt vom Boden zu bekommen. Die Zielgruppe für einen Film über Breaking ist überschaubar. Ich habe viele Exposés geschrieben, aber keine Finanzierung zustande gebracht“, erzählt Conway. Irgendwann hat es geklappt (Stichwort Hartnäckigkeit), und die Filmemacherin bekam Förderung vom FFF Bayern. „Das war 2015 oder 2016. Das hat mir ermöglicht, herumzureisen und die Crews zu suchen. Beim Dokumentarfilm ist es so, dass man bei allem in Vorleistung gehen muss. Entweder macht man das selbst oder man hat eine Produktionsfirma. Die Förderung hat mir für die Vorabrecherche viel geholfen.“
Der Kinofilm machte einen Umweg über einen TV-Dreiteiler. Da sich die Bausteine für eine Kinoproduktion nur schwer zusammensetzen ließen, klopfte Conway beim ZDF 37° an. Die Redaktion gab grünes Licht für 3×30 Minuten über die sächsische Crew The Saxonz. Als es los gehen sollte kam Corona. Doch Conway blieb dabei. „Im Endeffekt war der durch die Pandemie erzwungene Stillstand gar nicht so schlecht, weil keine Battles stattfanden und die sonst so unglaublich busy und schwer zu greifenden Breaker Zeit hatten und ihr auch eingehender den Blick hinter den Tanz hinein ins Private gewährten. „Die Planung mit ihnen war dennoch sehr herausfordernd. Ich konnte wenig vorab festzurren“, so Conway. Beim ZDF war man happy mit dem Ergebnis und committete sich zu einem Langfilm. Doch Conway warf ein, dass der dann nur fürs Kino in Frage käme: Warum würde sich ein Fernsehpublikum nach dem Dreiteiler noch mal einen Langfilm über das gleiche Thema anschauen wollen? Moviepool kam als Produktionsfirma dazu (zu Moviepool-Mutter Tellux hat Conway eine langjährige Beziehung), Cine Global als Verleihpartner. Neben den The Saxonz stellte Conway die Münchner Sankofas, die sie schon seit dem TV-Dreiteiler im Blick hatte. Und wieder war der tiefere Blick wichtig: „Mir geht es immer um die Menschen, was sie tun. Wer sind diese Tänzer? Warum wollen die das? Warum schmeißen die sich auf den Boden und trainieren jeden Tag mehrere Stunden?“, so Conway. Am Ende hat sich alles wunderbar ergeben. „Mit Joanna und Serhat und dass Breaking olympische Disziplin wurde und die beiden in den Kader kamen, wurde ‚2Unbreakable‘ ein stimmiges Paket fürs Kino.“
Ein üppiges Budget hatte die Produktion nicht, Kameramann Tobias Tempel, Tonmann Björn Rothe und Editor Hauke von Stietencron arbeiteten zu einem Freundschaftspreis. Das Thema Musik war besonders heikel: Bekanntermaßen müssen Musikrechte bei Kinofilmen für jedes einzelne Stück erworben werden, anders als beim Fernsehen, wo man alle GEMA-Musik nutzen darf. „Für die Originalmusik, die bei den Battles zu hören war, wäre es zu kompliziert und teuer gewesen, die Rechte zu erwerben. Also musste ich Musik finden, die passt und bezahlbar war. Unser Editor hat diese neue Musik dann auf die Battles geschnitten. Das war sehr aufwändig, aber nötig“, so Conway. Das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen. Auch mit kleinem Budget entstehen große Filme, wenn alle mit Herzblut dabei sind und im selben Takt tanzen.
Barbara Schuster