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25 Jahre „Bang Boom Bang“, 25 Jahre Kinokult

Das Regiedebüt von Peter Thorwarth feiert 25. Jubiläum: „Bang Boom Bang“ ist längst ein zeitloser Klassiker. Wir nutzten die Gelegenheit, Regisseur Thorwarth und seinen Produzent Christian Becker erzählen zu lassen, was wirklich Sache war und ist.

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Young Soul Rebels: Peter Thorwarth und Christian Becker. Damals. Als alles anfing. (Credit: Peter Thorwardt privat)

Am 26. August 1999 kam „Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“ in die deutschen Kinos. Auch wenn der von Senator Filmverleih ausgewertete Film „nur“ auf 540.000 Besuche in der Kinoauswertung kam, entwickelte sich die Ruhrpott-Gangsterkomödie mit Oliver Korritke und Markus Knüfken in den Hauptrollen schnell zum Kult, zum immer und immer wieder gefeierten Original, mittlerweile wie eine deutsche „Rocky Horror Picture Show“ seit unglaublichen 1293 Wochen im Kino.

Nun wird das 25-jährige Jubiläum mit Sondervorführungen in Anwesenheit von Filmemachern und Darstellern gebührend gefeiert. Am Freitag, 28. Juni, 21 Uhr, gibt es in der Lichtburg Essen eine Sondervorführung in Anwesenheit von Cast & Crew. A m 6. September zeigt das Cineplex Hamm „Bang Boom Bang“ und on-top „Was nicht passt, wird passend gemacht“ als Double Feature auf großer Leinwand.  Am Freitag, 20. September gibt es schließlich im UCI Ruhr Park Bochum die große 25 Jahre Feier und Jubiläum. 

SPOT media & film nutzte die Gelegenheit und ließ Regisseur Peter Thorwarth und Produzent Christian Becker eine aufregende Zeit Revue passieren und die eine oder andere Anekdote erzählen. Viel Spaß bei der Lektüre unsere Gesprächsprotokolls.

EIN MEGA SPIRIT

Peter Thorwarth: Ich habe eine tolle Drehzeit in Erinnerung. Wir befanden uns in einer Aufbruchsstimmung, weil wir es irre fanden, die Chance gekriegt zu haben, so früh einen solchen Film machen zu dürfen. Christian und ich haben unser komplettes Hochschul-Team, das uns schon bei unserem Kurzfilm unterstützt hat, mitgenommen. Das war was ganz besonders. Mit so einem jungen Team nach Unna zu gehen, in meine Heimatstadt. Es fühlte sich nach Nachhausekommen an. Christian ist ja eher vom westlichen Rand des Ruhrgebietes, Unna ist östlicher Rand. Auch unsere Kurzfilme, die wir an der HFF München gedreht hatten, spielten eigentlich im Ruhrpott. Allerdings konnten wir es uns nicht leisten dort zu drehen. Aber mit dem richtigen Cast und ein paar gefakten Nummernschildern, ließ sich um die Illusion erzeugen.

Christian Becker: Ich hatte immer mindestens 20 Nummernschilder aus dem Ruhrgebiet im Auto. Die wir einfach über Autos auf der Straße oder unsere Filmautos drübergeklebt haben. Das hat Spaß gemacht.

Peter Thorwarth: Bei „Bang Boom Bang“ hatten wir dann das Budget mit Sack und Pack nach Unna zu gehen. Das hat sich bezahlt gemacht. Mit Bang Boom Bang ist es uns gelungen, genau das Lebensgefühl einzufangen. Natürlich sind es größtenteils Impressionen, die ich in meiner Teenagerphase gesammelt habe. Der Film zieht genau da draus seine Kraft. Und diese Kraft strahlt er auf der Leinwand aus. Und anscheinend hat er ja was Zeitloses – sonst wäre er nicht zu so einem nachhaltigen Phänomen geworden.

NUR COOLE LEUTE

Christian Becker: Ich hatte damals mit Thomas Häberle von der Kinowelt zwei gemeinsame Filmproduktionen (Indigo/ Becker & Häberle) gegründet und das Tolle war: Für die komplette Crew war „Bang Boom Bang“ im Grunde das Spielfilmdebüt, vom Kameramann über den Beleuchter hin zum Ton… Nur die meisten Schauspieler waren alte Hasen. Diether KrebsWilly Thomczyk und Ralf Richter kannten wir ja bereits von unseren Kurzfilmen. Ralf holte dann seinen Kumpel Martin Semmelrogge mit in Boot. Christian Kahrmann kannten wir aus der „Lindenstraße“. 

Peter Thorwarth: Ich nicht. 

Christian Becker: Aber du hattest ihn bereits für ein anderes Projekt im Casting. Bei Bang Boom Bang passte er perfekt. Ingolf Lück, weil wir immer „Formel Eins“ geguckt hatten, Ralph Herforth

Peter Thorwarth: Moment: Ralph hatte sich ja selbst ins Spiel gebracht. Er hatte von Schauspielkollegen gehört, dass wir „was Geiles am Planen dran sind“ und wollte unbedingt dabei sein. Den fertigen Film fand er übrigens scheiße. 

Christian Becker: Ok, aber Jochen Nickel, den wir in „Stalingrad“ toll fanden.

Peter ThorwarthRalph Herforth fand ich in „Kurz und schmerzlos“ auch toll, selbst wenn er „Bang Boom Bang“ scheiße fand. Jochen Nickel war eh einer, der wahnsinnig gern bei Hochschulfilmen mitgemacht hat. Ich hatte ihn erstmals gesehen, als ich Fahrer bei „Abgeschminkt!“ war. Da waren alle wahnsinnig angespannt, als seine Ankunft am Set angekündigt wurde, der große Jochen Nickel aus „Stalingrad“! Dann war er so nahbar, offen und ehrlich – das war beeindruckend. Genauso toll habe ich die Zusammenarbeit mit ihm bei „Bang Boom Bang“ in Erinnerung.

Peter Thorwarths „Bang Boom Bang“ (Credit: Senator)

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DIE SACHE MIT DIETHER KREBS

Christian Becker: Die große Geschichte war Diether Krebs.

Peter ThorwarthDiether Krebs konnten wir ja schon für die Kurzversion von „Was nicht passt“ gewinnen. Allerdings siezten wir ihn damals noch. Für „Bang Boom Bang“ haben ihm die Rolle auf den Leib geschrieben. Ich schickte ihm das Buch, irgendwann rief er zurück, sagte: Tolles Buch, aber er könne das aus gesundheitlichen Gründen nicht mitmachen. Er hat mir verschwiegen, was er wirklich hat. Ich dachte, es geht um einen Bypass. Christian und ich redeten auf ihn ein, sagten, wir würden den Dreh auch verschieben, er müsste einfach die Rolle spielen! Irgendwann rief er noch mal an und sagte tatsächlich zu, weil er in der Nähe von Unna, unserem Drehort, eine Klinik ausfindig gemacht hätte, in die er sich behandeln lassen könne und wir haben dann unseren Drehplan auf seine Behandlungszeiten angepasst. Auch da habe ich noch nicht gecheckt, was los ist, dass er nämlich eine Chemotherapie machte. Das habe ich lange nicht zusammengekriegt, auch, als wir mit ihm über seine Figur sprachen, seine Frisur, die ich mit viel Bart und langen Haaren wollte, er aber meinte, den Bart müsse man ihm knüpfen, weil er wenig Bartwuchs hätte, und die Haare fände er am besten ganz kurz. Auch wollte er keine Zigaretten rauchen, sondern sie nur zwischen die Lippen nehmen, wie einer, der sich das Rauchen abgewöhnen will. Beim Dreh habe ich schon gemerkt, dass er effizient mit seiner Energie umgeht. Er war perfekt, konzentriert, fiel aber nach jeder Szene wie ein Blasebalg in sich zusammen, schleppte sich zu seinem Wohnmobil und wartete dort auf die nächste Szene. Nach Abschluss der Dreharbeiten standen wir in Dortmund an der Hotel Bar, und ich sagte: „Toll, dass das geklappt hat, Herr Krebs.“ Und er: „Lassen wir doch mal das blöde Herr Krebs weg. Ich bin der Diether.“ Bei der Premiere in Köln hatte er Tränen in den Augen und bedankte sich bei mir, dass er sich noch einmal so auf der Leinwand sehen durfte. Ich habe ihn dann noch mal getroffen, nach einer Aufführung seiner Comedy-Show im Berliner Tränenpalast. Wir saßen beim Bier und einer kam vorbei und sagte, Heinz Schubert (Ekel Alfred) sei gerade gestorben. Und Diether antwortete leise: ja, ja früher oder später erwischt es jeden.

Christian Becker: Im November 1999 haben wir ihn noch mal in München getroffen und wollten wissen, was er nach seiner Theatertournee vorhabe. Er sagte nur, er habe keine Pläne darüber hinaus. Da hat er sich von uns verabschiedet. Auch das haben wir nicht gecheckt. 

Peter Thorwarth: Von seinem Tod erfuhr ich aus dem Radio, als ich ironischerweise bei meinen Eltern im Ruhrgebiet war, am 4.1.2000. Das hat mich getroffen wie ein Hammer. Dass er tatsächlich an Krebs gestorben ist.

Christian Becker: Wir wollten mit ihm eigentlich die Kinoversion unseres Kurzfilms „Was nicht passt, wird passend gemacht“ machen. Die Rolle war ihm ja auch auf den Leib geschrieben. Auf einem Foto im Film haben wir ihn trotzdem dabei. Mit seinen beiden Film-Söhnen im Arm, gespielt von Dietmar Bär und Michael Brander.

LET’S GO BACK

Peter Thorwarth: Ich habe noch gar nicht erzählt, wie sich dieses Projekt überhaupt entwickelt hat. Das ist ja die allertollste Geschichte. Christian und ich waren im gleichen Semester an der HFF München, hatten unsere Kurzfilme miteinander gemacht. Mit denen waren wir sehr erfolgreich in Hof auf dem Festival, wo wir als „die jungen Wilden“ unterwegs waren. Da trafen wir auf Jacqueline Jagow und Melanie Möglich, die aus derselben Ecke wie Til Schweiger kamen und von ihm den Auftrag erhielten, alle VHS-Kassetten von Kurzfilmen deutscher Filmschulen einzusammeln und ihm nach Amerika zu schicken. Er wollte informiert sein, was sich auf dem deutschen Markt tut. Irgendwie fand er meine Telefonnummer heraus und rief an, es war nur mein Mitbewohner Bernd Bünseler, der mittlerweile Geschäftsführer bei Rat Pack ist, da. Als er mir erzählte, wer angerufen hat, dachte ich, der verarscht mich. Til rief dann wieder an – und wir hingen drei Stunden am Telefon. Er fand toll, was wir machten, und wollte sich unbedingt treffen. Er lud mich und Christian nach Berlin ein, wo er gerade für einen Job war. Wir fuhren hin, machten aber noch ein paar Termine, mit Claus Boje und natürlich Senator Film.

Christian BeckerAlfred Holighaus war ja immer in Hof, der hat uns dort entdeckt, und der wollte uns mit Hanno Huth von Senator zusammenbringen. Wir haben dann in Berlin allle den Kurzfilm geschaut…

Peter Thorwarth: Nee, wir waren direkt eingeladen, am Ku’damm zum Schnitzelessen. Da saßen Hanno und Alfred und irgendwann kamen wir auf meine Kurzfilme zu sprechen, sie seien große Fans, ob ich denn schon eine Idee für einen Langfilm hätte. Da habe ich dann total geblufft. Das Einzige, was ich wusste, war, dass einer den Daumen im Tresor verliert, das fand ich ne witzige Idee, und dass es im kleinkriminellen Milieu im Ruhrgebiet spielen sollte. Da meinte Hanno Huth trocken: Wir sind dabei! 

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Peter Thorwarths „Bang Boom Bang“ (Credit: Senator)

EIN DREHBUCH, DAS NICHT TOTENTWICKELT WURDE

Christian Becker: Es herrschte Aufbruchsstimmung, kurz vor dem Neuen Markt. Senator wollte „Bang Boom Bang“ und „Lammbock“ machen. Peter hatte nur die paar Ideen, und ich sagte Hanno und Alfred: OK, Peter hat in sechs Wochen das Drehbuch fertig.

Peter Thorwarth: Nicht ganz. Hanno Huth meinte es ernst. Er sagte sogar, er wollte direkt einen Deal mit uns machen, bevor andere ihm zuvor kamen. Schließlich wurden unsere beiden Kurzfilme „Was nicht passt“ und „Mafia Pizza Razzia“ von Constantin Film bzw. Buena Vista als Vorfilme fürs Kino gekauft. Christian und Hanno sind sich dann direkt über dem Schnitzel per Handschlag einig geworden. Hanno wollte wissen, wann er das Drehbuch lesen kann. Da sagte Christian: in einem Monat. Und ich hatte noch keine einzige Zeile davon! Nach dem Essen habe zu Christian dann gesagt, dass ich das niemals schaffe. Außerdem hatte ich bereits einen Auftrag für einen Pilotfilm für eine Pro7 Serie („Die Zwei beidem vom Fach“, GAT), den ich noch schneiden musste. Doch Christian ließ nicht locker: Das sei unsere Chance, du MUSST das hinkriegen… Nach der Post des Piloten bin ich dann abgetaucht zu meiner damaligen Freundin nach Kopenhagen, um die nötige Ruhe zu haben. Ich hatte einen Haufen verrückter Ideen, hatte aber Schwierigkeiten, sie zu einer Geschichte zusammenzubringen. Dann kam der Autor Stefan Holtz dazu, mit dem ich auch heute noch eng zusammenarbeite. Wir sind eine Woche durch Kopenhagen gelaufen und haben uns die Geschichte immer und immer wieder erzählt, bis die Story flüssig war. Stefan schrieb sie in Stichpunkten auf, ich schrieb in zehn Tagen das Drehbuch, das ging direkt zur Filmstiftung NRW, die es direkt gefördert hat. Auch von Senatorkamen keinen großen Notes. Das ist meiner Meinung auch das Geheimnis: Dass der Stoff nicht totentwickelt wurde! Es hat den Spirit behalten.

DAS HÄRTESTE TESTPUBLIKUM

Peter Thorwarth: Wir waren stolz wie Bolle, als der erste Schnitt fertig war. Dann stellten uns dem härtesten Testpublikum, das man sich vorstellen kann: in der HFF München. Unsere Kommilitonen guckten ganz genau hin. Am nächsten Tag hatte ich kein gutes Gefühl, Christian rief noch eine Praktikantin an, die auch beim Testscreening war, die uns bestätigte, dass der Film komplett durchgefallen war, was sicher auch nicht ganz objektiv war. Kurzzeitig sollte der Schnitt von anderen Editoren übernommen werden, die damals angesagt waren. Das wollte ich aber nicht. Es gelang mir, Christian und Thomas Häberle zu überzeugen, noch mal eineinhalb Monate in den Schnitt zu investieren. Mit Editorin Anja Pohl bin ich dann in Klausur gegangen, und wir haben den Film in Form gebracht. Mit ein paar Nachdrehs.

Christian Becker: Zwölf oder dreizehn Nachdrehs. 

Peter Thorwarth: Stopp, es waren sicher keine zwölf bis dreizehn. Und außerdem keine Nachdrehs im üblichen Sinne. Nachdreh hört sich nach viel Geld an. Aber es waren teilweise nur der Kameramann und ich unterwegs, um kleine Inserts zu drehen. Die Szene mit Til Schweiger auf dem Fußballplatz. Das wollte ich aufpimpen, da musste jemand ran, der gut den Ball hochhalten konnte. Mein Bruder hat in München Sport studiert und kannte jemanden, der das drauf hatte. Am Vorabend hatten wir das gesamte Equipment an der HFF ausgeliehen und   Vorabend in meinen Opel Kadett gepackt, morgens in der Früh ziehe ich die Vorhänge auf und sehe, dass München unter einer kompletten Schneedecke lag. Wir mussten aber eine grüne Rasenfläche finden. Also hat Christian den Platzwart im Olympiastadion mit einem Autogramm von Diether Krebs bestochen und überredet, dass wir als Filmhochschüler dort drehen dürfen. Dort gab es eine Rasen-Bodenheizung. Derjenige, der die Beine von Til gedoubelt hat, drückte mir noch ne CD in die Hand und sagte, er habe ne kleine Band, falls wir noch Musik für den Film bräuchten. Das war Flo, der Drummer von Sportfreunde Stiller.

Peter Thorwarth & Christian Becker

Peter Thorwarth, Jahrgang 1971, ist seit 25 Jahren ein erfolgreicher Regisseur und Drehbuchautor. Zu seinem Werk gehören die Unna-Trilogie („Bang Boom Bang“, „Was nicht passt, wird passend gemacht“, „Goldene Zeiten“) und Titel wie „Nur ein Tag“ oder „Der letzte Bulle“. Zudem schrieb er das Drehbuch von „Die Welle“, der erfolgreichste deutsche Spielfilm des Jahres 2008. Zuletzt sorgte er Furore mit handfestem Genrekino auf Netflix: „Blood Red Sky“ und „Blood & Gold“ erwiesen sich weltweit als Publikumserfolge.

Christian Becker, Jahrgang 1972, ist mit seiner Constantin-Tochter Rat Pack Filmproduktion sowie der Westside Filmproduktion im dritten Jahrzehnt einer der erfolgreichsten Filmproduzenten Deutschlands. Zu seinen größten Erfolgen/Projekten gehören neben den Filmen mit seinem HFF-Kommilitonen Peter Thorwarth Titel wie „Fack Ju Göhte“, die „Wickie“-Filme, die „Hui Buh“-Filme, die beiden „Jim Knopf“-Realifilmproduktionen, „Die Welle“ oder „Türkisch für Anfänger“. Aktuell arbeitet er mit Christian Ditter an einer Neuverfilmung des Michael-Ende-Klassikers „Momo“.

PREMIERENFIEBER

Christian Becker: Jetzt aber: Premiere feierten wir auf dem Filmfest München. Wir haben ihn angeschaut und fanden ihn nicht mehr gut.

Peter Thorwarth: Das stimmt auch nicht wirklich. Den Film mit Publikum zu sehen, hat durchaus Spaß gemacht. Es gab Applaus bis zum Endes des Abspanns. Wir hatten sogar den Nachwuchspreis gewonnen – also den halben, denn die andere Hälfte ging paritätisch an eine Nachwuchsregisseurin aus dem Arthouse-Bereich . Am nächsten Tag kam ich ins Büro, da waren auch Alfred HolighausThomas Häberle und Hanno Huth. Es herrschte gute Atmosphäre, aber trotzdem vernahm ich eine leichte Anspannung. Sie wollten mich überreden, eine Szene zu kürzen. Ich willigte ein, sagte aber, dass ich im Gegenzug ein neues Ende drehen will. Da ist allen die Kinnlade runtergefallen. Beim Screening auf dem Filmfest ist mir nämlich eingefallen, wie man das Ende noch runder machen könnte, in dem alle Storystränge am Flughafen Dortmund zusammenkommen. Zu unserer Ehrenrettung muss sagen, dass dies vorher so nicht möglich war, denn ursprünglich sollte der Film am Dortmunder Hauptbahnhof enden. Da hatte uns die Deutsche Bahn während des Drehs allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht.   

EVERGREEN

Christian Becker: Er war damals kein so großer Hit im Kino, wie alle jetzt denken. Wir hatten nur 540.000 Besucher. Es war ein Achtungserfolg, aber kein Überflieger. So richtig durch die Decke gegangen ist er erst, als wir eine der ersten wirklich aufwändigen deutschen DVDs gemacht haben. Damals war DVD noch ganz neu, und während meine Abschlussarbeit an der HFF noch lautete „Warum sich die DVD niemals durchsetzen wird“ (und ich sogar ne richtig gute Note dafür erhielt), war ich dann doch hin und weg, als ich erst später das erste Mal eine DVD gesehen hatte. Senator arbeitete damals mit Universum Film im Home Entertainment zusammen. Dort gab es einen Produktmanager namens Phil Friederich, der jetzt Turbine Medien macht, die wir danach übrigens für die VÖ von „Didi der Doppelgänger“ zusammen gegründet haben. Mit Phil zusammen erstellten wir eine unglaublich aufwändige DVD mit animiertem Menü, Easter Eggs usw. mit jedem erdenklichen Bonusmaterial, Audiokommentar etc. Das hat sich verselbständigt, und die Leute haben den Film entdeckt. Die Kinos haben ihn wieder aufgegriffen und in Bochum lief er dann durchgehend. 

Peter Thorwarth: Den Film macht so zeitlos, dass seinen Humor aus dem Zusammenspiel der Charaktere schöpft. Die sind zwar extrem, aber doch authentisch. Der Lokalkolorit hat sicher dafür gesorgt, dass der Film zunächst im Ruhrgebiet zündete, aber er hat auch eine cineastische Qualität. Die wurde vielleicht anfangs nicht so wahrgenommen. Der Erfolg hat sich langsam eingestellt. Während des Drehs entstand so eine Klassenfahrtstimmung. Irgendwie konnten wir das ganze Team mit unserer Euphorie anstecken. Ich hatte schon früh das Gefühl, dass wir was ganz Besonderes schaffen. Ich erinnere mich an das große erste Testscreening vom Verleih. Das lief im Kinopolis in Sulzbach. Da waren Anatol Nitschke und Christoph Ott dabei. Wir saßen also im Kino und es waren sehr viele „Star Wars“-Fans im Saal, unser Film lief als Sneak Preview. Viele dachten, es werde jetzt „Episode 1“ gezeigt, der zu dieser Zeit ebenfalls ins Kino kam. Als dann der Trailer von „Star Wars“ kam, wussten alle, dass also nicht der Film gezeigt werden würde. Ein Raunen der Enttäuschung ging durch die Menge. Als das Senator Logo kam, wurde das Raunen noch größer, „Boa, jetzt zeigen sie so ne deutsche Scheiße!“ Die ersten sind direkt rausgegangen. Doch dann wurde es spannend: Der Film hat das Publikum nach und nach gepackt. Am Ende herrschte eine super Stimmung. Es war ein großer Erfolg. Diese Reaktion ermutigte den Verleih, den Film groß zu starten. Aber es hat dann eben ein Weilchen gebraucht, bis er sich zum Phänomen entwickelte.

ES WIRD GEFEIERT

Peter Thorwarth: Schon die 20-Jahre-Feier vor fünf Jahren war sehr eindrucksvoll.

Christian Becker: Wir spielten den Film in 12 bis 14 Sälen parallel, also dem kompletten UCI Bochum, 3000 Leute kamen, viele kostümiert, mit T-Shirts, mit umgebauten Autos, einer hatte einen Taunus mit Tresor hinten drin. Es gibt unglaublich viele Fans und Freaks, die sich tätowiert haben, Merchandise gemacht haben…

Peter ThorwarthHenning von H-Blockx hat gesagt, dass er mit den Jungs auf jeden Fall was machen will. Die waren gerade bei Rock am Ring und Rock im Park und sind dann beim Jubiläum vor dem Kino auf einem großen Red Bull-Tourbus aufgetreten.

Christian Becker: Wir hatten H-Blockx damals in Unna beim Ärzte-Konzert gesehen und Peter hat den Sänger Henning angesprochen, weil wir ihre Musik cool fanden. Daraus hat sich eine Freundschaft entwickelt. 

Peter Thorwarth: Es war eine glückliche Fügung, dass wir sie gewinnen konnten. Henning Wehland hatte das Drehbuch  dann einen Tag später im Wartezimmer beim Arzt gelesen und sich kaputtgelacht. Es hat sich alles wie schicksalsmäßig gefügt, ist organisch gewachsen. Wenn ich heute den Film anschaue, entdecke ich natürlich überall Ecken und Kanten, aber selbst die machen den Film irgendwie sympathisch, handmade eben. Das verzeihen die Fans, wenn die Seele des Films stimmt.

Christian Becker: Aber zurück zu den Jubiläumsveranstaltungen: Es gibt vier große Veranstaltungen – es beginnt diesen Freitag, die  Zeche Zollverein macht eine Ausstellung „Glück auf, Film ab!“ über Filme im Ruhrgebiet, da ist „Bang Boom Bang“ Eröffnungsfilm in der Lichtburg Essen. Am 26. Juli zeigen Alfred Holighaus und Christoph Ott unseren Film im Kant Kino in Berlin. Am 6. September gibt es ein Doppelpack mit „Bang Boom Bang“ und „Was nicht passt, wird passend gemacht“ in Hamm, die beiden Kinosäle sind allerdings schon ausverkauft. Und in Bochum im UCI ist dann am 20. September die riesengroße 25 Jahresfeier in allen Sälen, wo es zur Kino-Karte wieder ein extra designtes BBB T-Shirt gibt..

DAS IST NE BANK

Christian Becker: Der Film hieß anfangs gar nicht „Bang Boom Bang“, sondern „Bank Boom Bang“. So hatte Peter ihn genannt. Die Ursprungsgeschichte drehte sich um ein Paar, das sich aus einer Bank freischießt. Diese Geschichte hatte er Hanno Huth neben der Story mit dem Daumen im Tresor gepitcht. Mit Senator wurden die Verträge mit „Bank Boom Bang“ gemacht, ich musste mich an die Förderantrage machen, was früher sehr aufwändig war, weil man alles gefühlt 1000 mal kopieren musste. Glücklicherweise hatte ich einen Schlüssel der HFF, wo ich nachts mit einem verlorenen Kopierstecker heimlich zum Kopieren rein bin. Dann kam Peter aus Kopenhagen zurück, und es gab keine Bank mehr in der Story.

Peter Thorwarth: Ich hatte eigentlich ein 90-Minuten-Shootout in der Bank geplant. Aber in „Mafia Pizza Razzia“ hatten wir bereits ausgiebig rumgeballert. Also haben wir den Banküberfall einfach als Vorgeschichte benutzt. 

Christian Becker: Und wir tauschten einfach das „k“ gegen ein „g“ aus. Auf den Verträgen ist es nicht aufgefallen, wir konnten uns immer rausreden, dass es ein Rechtschreibfehler war. Wir fanden den Titel dann auch super…

Peter Thorwarth: Zuerst nicht. Der Verleih hatte noch den Aufruf gestartet, wenn jemand einen besseren Titel hat, schenkt er ne Reise nach Mallorca. Michael Brandner brachte den Untertitel „Ein todsichere Ding“ und ich glaube, der ist dafür wirklich nach Mallorca geflogen! Irgendwann haben wir uns mit „Bang Boom Bang“, der uns aus der Verlegenheit heraus entstanden ist, total angefreundet.

Barbara Schuster und Thomas Schultze haben zugehört, Barbara Schuster hat verschriftet.