Vierteiliger Episodenfilme über Lottogewinner, denen kein Glück mit dem Knacken des Jackpots beschieden ist.
FAST FACTS:
• Schwarze Komödie über die sonderbaren Fügungen des Glücks
• Episodenfilm mit vier köstlich-bösartigen Kurzgeschichten
CREDITS:
O-Titel: Heureux gagnants; Land / Jahr: Frankreich 2024; Laufzeit: 103 Minuten; Regie & Drehbuch: Maxime Govare & Romain Choay; Besetzung: Fabrice Eboué, Audrey Lamy, Anouk Grinberg, Pauline Clement, Louise Coldefy, Verleih: Happy Entertainment / 24 Bilder, Start: 30. Januar 2025
REVIEW:
Wer dabei war vor zehn Jahren in Cannes, als „Wild Tales“ von Damián Szifron erstmals der vom Donner gerührten Presse gezeigt wurde, als man überhaupt nicht wusste, was auf einen zukommen würde, und dann gleich in der ersten Szene eine abstürzende 747 buchstäblich direkt auf das Publikum zuraste (ungläubiges Staunen und Szenenapplaus, dann der Vorspann), der wird das nicht nur nicht vergessen, sondern seither auf einen Omnibus-Film gewartet haben, der diesem Blick in die Abgründe der menschlichen Seele einen ähnlichen Orkan an niederträchtigem schwarzem Humor folgen lässt. „Sechs Richtige – Glück ist nichts für Anfänger“ ist nicht ganz so fies wie Szifrons Film, aber schon mal ziemlich verdammt gut, wie er vier Kurzgeschichten aneinanderreiht, in denen das vermeintlich große Glück eines Lottogewinns sich als Pyrrhussieg erweist.
Es hat ein bisschen was von den Kurzgeschichten eines Roald Dahl, wie hier das Glück den vermeintlichen Gewinnern durch die Finger rinnt, wie sie sich kurz davor wähnen, den buchstäblichen Jackpot im Leben geknackt zu haben, dann aber doch vor dem Ziel doch noch einmal jäh abbiegen. Gerade das Unbarmherzige, vermischt mit einer Portion Niedertracht und Schadenfreude, macht hier den besonderen Reiz aus. Ob es nun ein von seiner anstrengenden Familie geplagter Jedermann ist, der auf dem Weg zum alljährlichen Familienurlaub herausfindet, mehrere Millionen gewonnen zu haben, allerdings nur wenige Stunden hat, um den Gewinn bei der Behörde geltend zu machen. Oder die Lottogewinnerin, die gerade erst die Gewinnersumme eingestrichen hat und gleich auch noch den Mann ihres Lebens kennenlernt, der so gut ist, dass ihre Freundinnen berechtigten Zweifel daran haben, dass er es gut mit ihr meint. Oder die Pfleger eines Altersheims, die den Lottogewinn eines Opas einstreichen, der einen Herzinfarkt erlitten hat, als er von seinem Glück erfuhr. Oder – und das ist die beste und unerhörteste der Episoden – der islamistische Attentäter, der mitten bei einem Anschlag auf eine U-Bahn mit zwei Mit-Terroristen Kunde erhält, sechs Richtige zu haben.
Komisch ist, wenn man trotzdem lacht, auch wenn einem das Lachen im Halse steckenbleiben will in dieser generell liebenswerten, aber durchaus makabren und in der einen besagten Episode fast an „Wild Tales“-Qualitäten heranreichenden Geschichtensammlung über die sonderbaren negativen Fügungen des Glücks: Auch wenn man den Lotto-Jackpot knackt wie die vier Protagonisten in dem Regiedebüt des Duos Maxime Govare & Romain Choay, es ist doch immer ein Haken dabei, eine besondere Gemeinheit des Lebens, die alles zunichte macht. Natürlich kann das Thema nur anreißen, wenn man pro Geschichte etwa 25 Minuten zur Verfügung hat. Da muss es zack-zack gehen mit der Einführung der Figuren und des Plots, danach ist alles nur Abwicklung. Das hohe Tempo macht den Witz des Films aus, dessen Schauspieler, insbesondere Fabrice Eboué und Audrey Lamy in der ersten Episode, aber allesamt so gut sind, dessen Figuren mit wenigen Strichen so gewitzt gezeichnet sind, dass man auch mehr Zeit mit ihnen und ihren Zwickmühlen verbringen würde. Weil doch nichts lustiger ist, als anderen Leuten im Kino dabei zuzusehen, wie sie mit Karacho scheitern.
Thomas Schultze