Der RTL Deutschland CEO Stephan Schmitter hat dem hörenswerten OMR Podcast ein langes Interview gegeben. Darin spricht er über den Raab-Deal, das Anbandeln mit ZDF-Moderator Jan Böhmermann und große Fiction-Überraschungen im Positiven wie im Negativen.
Der RTL Deutschland CEO Stephan Schmitter zieht ein erstes Fazit zum Stefan-Raab-Start, ob es nach dem gemeinsamen Doku-Projekt mit Jan Böhmermann in Zukunft weitergehen kann, dass sich RTL die Free-TV-Rechte an „James Bond“ von ProSiebenSat.1 zurückholt und welche positiven wie negativen deutschen Fiction-Überraschungen es in den vergangenen Jahren auf RTL+ gab. Das macht er in der aktuellen Ausgabe des geschätzten OMR Podcast von Philipp Westermeyer, der mit RTL bei dem Doku-Projekt „Unser Team – Die Heim-EM 2024“ über OMR Frames zusammenarbeitet.
Zur Fiction hält Schmitter fest, wie kostspielig aufwendige fiktionale Serienformate wie „Sisi“ sind, die dann pro 45-minütiger oder 60-minütiger Episode 1,5 Millionen Euro kosten können. Als besonders gelungenes Beispiel der vergangenen Jahre hebt er das Format „Neue Geschichten vom Pumuckl“ von der Produktionsfirma Neuesuper hervor. RTL wusste, dass sie damit eine Perle in der Hand hatten, aber nicht genau einschätzen konnten, wie gut das Ganze beim Publikum ankommt.
„Und dann knallt sie so durch die Decke. Ein sehr bayerisches Produkt, das lange nicht mehr da gewesen war. Der ‚Pumuckl‘ wurde dann unser erfolgreichstes Fiction-Format bei RTL+“, sagt Schmitter. Dagegen nannte er auch ein negatives Beispiel: Die vor zwei, drei Jahren veröffentlichte Crime-Serie nach Ferdinand von Schirach hätte einen großen Namen, tolle Regisseure und einen tollen Cast mit einer Riesen-Pressekampagne gehabt. „Am Ende hat es keiner geguckt“, lautet Schmitters Fazit.
Weitere Böhmermann-Zusammenarbeit möglich?
Zum US-Wahlkampf wurde auf RTL+ die Doku „I’m Sorry, Mr. President – der Tiefe Fall des El Hotzo“ veröffentlicht, die ZDF-Moderator Jan Böhmermann gemeinsam mit der Internetpersönlichkeit El Hotzo umsetzte. Zur spontanen Zusammenarbeit auf der Streaming-Plattform RTL+ sagte Schmitter: „Jan Böhmermann stand nicht auf der Longlist von RTL, weil er per se eher eine öffentlich-rechtliche Zielgruppe anspricht, die sehr schwer zu bewegen ist, weil sie die ARD- und ZDF-Mediathek hat. Die Zahlungsbereitschaft dieser Zielgruppe ist jetzt nicht so hoch.“
Weiter führt Schmitter aus: „Wie ich das jetzt wahrgenommen habe, suchte Jan Böhmermann jemanden, der bereit ist, mit dem ein bisschen bei den Öffentlich-Rechtlichen gecancelten El Hotzo was zu machen und ihm eine Fläche zu geben. Wenn solch eine Anfrage kommt, musst du die Chance dann auch ganz schnell wahrnehmen. Wir haben bei uns ganz kurze Entscheidungswege mit den Kreativen und dem Geschäftsführungsteam. Das ist auch immer Risiko.“
Aber offenbar ein Risiko, was sich für RTL auszahlte. „Das funktioniert super“, sagt Schmitter über die Resonanz. „Wir sind total glücklich, weil wir zum einen in der Bubble Böhmermann eine Rolle spielten. Dann ist es ein toller Inhalt. Es wird kontrovers darüber gesprochen. Aber genau das braucht es, wenn man der nationale Streamer sein will. Dann ist mit Fritz-Kola auch ein toller neuer Werbepartner dabei, der bei uns vorher noch nichts machte.“
Über weitere potenzielle Zusammenarbeiten mit Böhmermann deutete Schmitter an: „Böhmermann hat einen ZDF-Vertrag. Aber wenn er will. Für ihn stehen die Türen weit offen. Wer mit uns arbeiten will, darf das gerne machen.“
Raab-Fazit nach den ersten Wochen
Schmitter sprach auch generell viel über die Streaming-Plattform RTL+, dass dort das „Dschungelcamp“ mit mehr als zwei Millionen Abrufen pro Show führend, aber auch „Das Sommerhaus der Stars“ dort mit mehr als einer Millionen Abrufen pro Sendung sehr erfolgreich unterwegs sei. Vor seiner Zeit hätte es sogar mal die Überlegung gegeben, den späteren Prime-Video-Hit „LOL: Last One Laughing“ zu RTL+ zu holen. Das Format sei RTL angeboten worden. Die Kölner hätten es damals aber nicht aktiv abgelehnt, sondern intern für sich entschieden, dass sie es nicht machen wollten.
Schmitter gibt auch noch ein paar mehr Details zum großen Stefan-Raab-Deal. Als sich Schmitter und der Entertainer das erste Mal zum Kennenlernen in Köln trafen, habe Raab, der sich vor zehn Jahren bewusst für eine weitere Karriere hinter der Kamera entschied, gesagt: „Aber ich komme nicht zu euch.“ 2023 habe es dann aber einen Anruf Raabs gegeben. Er müsse Schmitter und CCO Inga Leschek dringend innerhalb der nächsten 48 Stunden sehen. „Dann haben wir uns nochmal in Köln getroffen. Der Rest ist Fernsehgeschichte.“
Zu den von der Presse in den Raum gestellten 90 Millionen Euro Produktionsbudget für Raabs Produktionsfirma Raab Entertainment in den nächsten fünf Jahren, sagt Schmitter: „Wir kommentieren keine Zahlen. Stefan hat per se einen hohen Anspruch an die Produktionen. Wir haben einen ganz vernünftigen Deal.“
RTL habe Raab aber nicht mit Geld überzeugt. „Stefan hat einfach Lust und Ideen, die er in der Vergangenheit als Produzent nicht vermittelt bekam. Er will es allen nochmal beweisen. Vielleicht ist er auch durch den ein oder anderen im Markt getriggert“, sagt Schmitter. Die RTL+-Show „Du gewinnst hier nicht die Million“ von Raab habe ungefähr 500.000 Abrufe pro Woche. Die erste Folge komme mittlerweile auf mehr als zwei Millionen Abrufe. Die Raab-Show spricht vor allem eine eher männliche ältere Zielgruppe (30/49 & 30/59) an, die vorher auf dem eher mit Reality-TV und Soaps weiblich geprägten RTL+ weniger unterwegs war.