Der Direktor des Camerimage Film Festival, das die Kunst der Bildgestaltung feiert, steht unter Beschuss: Seine Worte in einem Artikel, der im Fachmagazin Cinematography World erschien, werden ihm als frauenfeindlich ausgelegt. Neben Steve McQueen hat nun auch Caroline Fargeat ihr Kommen abgesagt. Sie zog auch ihren Film „The Substance“ zurück.
In einem in dem Fachmagazin Cinematography World erschienenen Artikel mit Überschrift „Time for Solidarity“ hat sich der Direktor des polnischen Camerimage Film Festival, das die Kunst der Bildgestaltung feiert, Gedanken über die sich verändernde Filmindustrie gemacht und welche Wege sein Festival dabei gehen kann/muss. Teile des Artikels wurden als frauenfeindlich ausgelegt. Wie Cinematography World berichtet, schrieb Marek Żydowicz darüber, wie die Förderung von Frauen bei Regie und Kamera bei Festivals zu „mittelmäßigen Filmproduktionen“ führen könnte. In einem Teil, der immer wieder zitiert wird, heißt es: „Können wir Arbeiten und Künstler von renommiertem Rang und Namen opfern, um mittelmäßigen Produktionen Raum zu geben?“ In einer weiteren Passage, die für erzürnte Gemüter sorgte, soll stehen: „EnergaCamerimage ist bestrebt, den Beitrag von Frauen in der Filmkunst zu würdigen, gleichzeitig aber auch die künstlerische Integrität zu wahren. Veränderung? Ja, aber lassen Sie uns anständig und ehrlich bleiben. Es geht um eine schnelle Entwicklung, nicht um eine fanatische Revolution, die die Kathedralen der Kunst zerstört und ihre Skulpturen und Gemälde wegwirft.“
Nachdem Steve McQueen aus diesem Grund seine Reise nach Torun abgesagt hat (sein „Blitz“ ist nach wie vor Eröffnungsfilm, der Filmemacher selbst hätte einen Ehrenpreis erhalten), veröffentlichte die Jury um Cate Blanchett ein Statement, das zu „räsoniertem Austausch“ aufruft. In dem gemeinsamen Statement heißt es: „Wir begrüßen die Debatte über die Vertretung der Geschlechter. Wir freuen uns darauf, mit unseren Kolleg:innen auf dem Festival an sinnvollen Diskussionen über mehr Inklusion und die Anerkennung von Spitzenleistungen in all ihren Formen in unserer Branche teilzunehmen. Wir unterstützen von ganzem Herzen den notwendigen Wandel hin zu echter Inklusivität, und Festivals können ein großartiges Forum sein, um solche Gespräche zu führen und sich für positive Veränderungen einzusetzen.“
Verschiedene Gruppen verdammten Żydowicz und warfen ihm vor, sich gegen Veränderungen und die Einladung von Frauen zu stellen. Die Gruppe Women in Cinematography etwa schrieb: „Camerimages historischer Ausschluss von allen bis auf einige wenige Frauen ist der eigentliche Grund, warum Women in Cinematography Anfang dieses Jahres gegründet wurde“, und gab eine Liste von Forderungen heraus, wo positive Veränderungen stattfinden müssen, um das Vertrauen in das Festival und die Integrität seiner Leitung wiederherzustellen. Nach Steve McQueen sagte nun auch die französische Filmemacherin Caroline Fargeat ihr Kommen ab. Sie zog sogar ihren Film „The Substance“ aus dem Programm zurück.
Żydowicz rechtfertigte sich und sagte, dass Camerimage immer bestrebt gewesen sei, nur das Beste des zeitgenössischen Kinos zu zeigen, unabhängig davon, wer es geschaffen hat. Gegenüber dem Hollywood Reporter sagte er nach McQueens Absage: „Das Festival ist dazu da, sich gegenseitig als Gemeinschaft zu umarmen und die Bilder, die wir als Gemeinschaft schätzen, gemeinsam zu würdigen. Lassen Sie uns als Gemeinschaft einen sinnvollen Diskurs führen, damit wir beginnen können, auf eine gerechtere Art und Weise auf Veränderungen einzugehen. Lassen Sie uns ein Gespräch führen und die Schritte festlegen, die das Festival, unsere Branche, offener, einheitlicher und repräsentativer für alle Stimmen machen.“
Die 32. Ausgabe von Camerimage startet am 16. November und geht bis 23. November. Im Haupt-Wettbewerb wurde u.a. „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala (Kamera: Martin Gschlacht, der auch in der Jury des Hochschulwettbewerbs ist) eingeladen, Edward Bergers „Konklave“ (Kamera: Stéphane Fontaine) In der TV-Sektion läuft u.a. „Herrhausen – Herr des Geldes“ von Pia Strietmann (Regie) und Florian Emmerich (Kamera).
Die Jury des Hauptwettbewerbs wird dieses Jahr von Cate Blanchett geleitet. Weitere Jurymitglieder sind die Bildgestalter:innen Anthony Dod Mantle, Jolanta Dyclewska, Rodrigo Prieto sowie Lukasz Zal, sowie Produzentin Anna Higgs und Kostümbildnerin Sandy Powell. In der Jury für polnische Filme sitzt u.a. Florian Hoffmeister; in der, die über den Debütwettbewerb für Bildgestalter:innen entscheidet, Michael Neubauer.