Fortsetzung der köstlich-makabren Serie über fünf irische Schwestern, die sich gegen die feindselige Umwelt mit bisweilen nicht immer ganz legalen Mitteln zur Wehr setzen.
FAST FACTS:
• Erste Staffel gehörte zu den großen Highlights der Apple-TV+-Saison 2023
• Pechschwarze Komödienserie über fünf irische Schwestern
• Unverändert hochkarätig besetzt u.a. mit Sharon Horgan, Sarah Greene und Eve Hewson
• Basierend auf der belgischen Serie „Clan“
CREDITS:
Land / Jahr: USA, Belgien, UK, Irland 2024; Laufzeit: 8 x 45 Minuten; Showrunner: Brett Baer, Dave Finkel, Sharon Horgan; Besetzung: Sharon Horgan, Anne-Marie Duff, Sarah Greene, Eva Birthistle, Eve Hewson, Fiona Shaw, Owen McDonnell, Michael Smiley; Plattform: Apple TV+; Start: 13. November 2024
REVIEW:
Was war das für ein köstlicher morbider und makabrer Spaß, die erste Staffel von „Bad Sisters“, die im Oktober 2022 bei Apple TV+ vom Stapel lief: Fünf sehr unterschiedliche Schwestern aus einer kleinen Gemeinde am Meer in Irland haben mit kleineren und größeren Tücken des Alltags zu kämpfen, gehen aber immer gemeinsam durch Dick und Dünn und halten gerade dann zusammen wie Pech und Schwefel, als sich herausstellt, dass die älteste, Gracie, die ewigen Missbilligungen, abfälligen Bemerkungen und zunehmend physischen Aggressionen ihres Ehemanns nicht mehr länger ertragen kann. Die fünf Schwestern sind toll, gespielt von Mit-Showrunnerin Sharon Horgan, Anne-Marie Duff, Sarah Greene, Eva Birthistle und Bonos Tochter Eve Hewson. Aber das Trumpfass war der monolithische Gegenspieler THE PRICK, Gracies Ehemann, genussvoll virtuos gespielt von Claes Bang aus „The Square“, ein Ekelpaket reinsten Wassers, wie man es in den schwärzesten Ealing-Komödien nicht besser hingekriegt hätte: manipulativ, süffisant, verdorben, gemein und allen anderen immer einen Schritt voraus. Unbesiegbar. Mit fairen Mitteln.
Wer die erste Staffel nicht gesehen hat, der sollte jetzt vielleicht nicht weiterlesen. Aber das Problem, das die zweite Staffel der Adaption der belgischen Serie „Clan“ hat, ist ganz einfach, dass da ein Vakuum ist nach dem gewaltsamen Ableben des PRICK. Er ist einfach nicht mehr da. Und damit fehlt auch erst einmal die ganz besondere Reibung, die die ersten zehn Folgen zu einem so besonderen und ungewöhnlichen Genuss gemacht hatten, speziell wenn man sich die Mühe gemacht hat, die Serie im Original zu sehen: Der dicke irische Akzent der Schauspielerinnen ist eine wahre Freude, speziell im Kontrast zu dem ziselierten, feingliedrigen Oxford-Englisch ihrer Nemesis. Aber der PRICK ist weg, und „Bad Sisters“ braucht eine ganze Weile, um ohne ihn als Gegengewicht zu dem Gegacker und Gestreite der Garvey-Schwestern einen Groove zu finden und Fahrt aufzunehmen, wieder an einen Punkt zu kommen, an den man kommen muss, wenn man sich vorgenommen hat, ein modernes „Arsen und Spitzenhäubchen“ zu sein.
Die Handlung setzt eine Weile nach den Ereignissen der ersten Staffel ein. Entscheidend ist zunächst, dass Gracie eine neue Liebe gefunden hat, für die sich nicht nur ihre Schwestern, sondern auch der Zuschauer:in freut nach all dem, was sie über sich hatte ergehen lassen, um das Leben ihrer Tochter Blanaid in ruhigen Fahrwassern zu halten. Ian, gespielt von Owen McDonnell aus „Killing Eve“ und „True Detective“, ist das Gegenteil des PRICK, ein lässiger, tiefenentspannter und liebevoller Typ, der, da reicht ein Blick, genau der Richtige für Gracie ist. Hinge da nicht das Ableben des PRICK wie ein Menetekel über ihren Köpfen, die Ungewissheit, ob nicht vielleicht doch noch herauskommt, was wirklich passiert ist an jenem folgenreichen und tragischen Tag, könnten die anderen Schwestern sich einfach nur ihrem Alltag widmen. Die resolute Eve wäre immer noch die, die die Familie zusammenhält, auch wenn privates Glück weit entfernt scheint. Die impulsive Bibi würde immer noch damit ringen, ob es die richtige Idee ist, dass ihre Lebensgefährtin ein Baby austrägt. Die labile Ursula müsste damit fertigwerden, dass sie von ihrem Mann verlassen wurde. Und die chaotische Becka wäre einfach damit beschäftigt, für sich eine Haltung dazu zu entwickeln, was ein positiver Schwangerschaftstest für sie bedeutet.
Viel Stoff, der da verhandelt werden könnte. Aber da ist noch der aus der ersten Staffel bekannte Cop Loftus, gespielt von Barry Ward, der mit seiner neuen Assistentin, der emsigen Houlihan, auf den Plan gerufen wird, als in einem Tümpel ein Koffer mit den sterblichen Überresten des Vaters des PRICK gefunden wird und damit auch dessen Tod wieder ein Thema wird. Die bibelfeste Nachbarin Graceys, Angelica, gespielt mit einem Maximum an frömmelnder Aufdringlichkeit von der legendären Fiona Shaw, und ihr unter ihrem Pantoffel stehender Bruder Roger, gespielt von Michael Smiley, rücken ins Zentrum als weitere Dornen im Auge der Schwestern. Vor allem aber ist es ein tragischer Unfall in der zweiten Folge, der die Handlung wirklich in Bewegung setzt, weil er die komplette Chemie der Show wieder auf Anfang setzt und die Schwestern in ihren Grundfesten erschüttert. Dennoch schaut man mit einer gewissen Ungeduld zu, was sich Sharon Horgan und ihre Mit-Showrunner Brett Baer und Dave Finkel haben einfallen lassen. Erst ab etwa Beginn der zweiten Hälfte beginnt sich abzuzeichnen, wohin der sorgfältige Spannungsaufbau führt, wird die zweite Staffel von „Bad Sisters“ wirklich zu den „Bad Sisters“, wie man sie vor zwei Jahren schätzen und lieben gelernt hat. Dann überschlagen sich die Ereignisse, dann kann man nicht mehr wegsehen.
Thomas Schultze