Die Ampelkoalition ist am Ende – und das kurz vor Ende des Jahres, unmittelbar vor den abschließenden Haushaltsberatungen und inmitten einer großen Förderreform. Wir haben uns in der Branche umgehört, was das nun bedeutet – und welche Botschaft man an die Union richtet. Hier antwortet Christian Sommer, Country Representative Germany, Austria & Switzerland der Motion Picture Association.
Die Ampelkoalition ist am Ende – und das kurz vor Ende des Jahres, unmittelbar vor den abschließenden Haushaltsberatungen und inmitten einer großen Förderreform. Wir haben uns in der Branche umgehört, was das nun bedeutet – und welche Botschaft man an die Union richtet. Hier antwortet Christian Sommer, Country Representative Germany, Austria & Switzerland der Motion Picture Association.
Die Ampelkoalition ist geplatzt. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht nun für den weiteren Reformprozess?
Christian Sommer: Bei aller verständlichen Hoffnung in Teilen der Branche ist es sicher ratsam, der Realität ins Gesicht zu sehen und zu erkennen, dass dieser nun augenscheinlich zu einem Ende gekommen ist. Der so genannte große Wurf hatte von Anbeginn Konstruktionsfehler und ein Scheitern war nicht unwahrscheinlich, zu groß waren und sind die Differenzen der beteiligten Akteure, zu unklar die Kommunikation und Abstimmung. Und inhaltlich war und ist die BKM-Idee der Investitionsverpflichtung auch schlicht falsch. Da alle Vorhaben in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr umgesetzt werden können, bietet sich nun die Gelegenheit, in der nächsten Legislaturperiode einen überdachten Ansatz zu verfolgen. Allerdings ist es im Interesse der gesamten Branche, das überarbeitete FFG noch in diesem Jahr zu verabschieden, weswegen ich mich auch dieser Forderung der übrigen deutschen Filmbranche ausdrücklich anschließe. Wichtig ist jetzt aber auch – angesichts aller Unsicherheiten und der vorläufigen Haushaltsführung bis weit in das kommende Jahr hinein – ein Mindestmaß an Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu schaffen. Hierzu gehören die Überarbeitung der Ende 2024 auslaufenden Förderrichtlinien durch die BKM und die Notifizierung in Brüssel. Klar ist, dass wohl bis zur Verabschiedung eines regulären Haushalts für 2025 nur ein Teil der im Regierungsentwurf des Haushalts für 2025 vorgesehenen Mittel zur Verfügung stehen wird. Die BKM muss alle ihr zur Verfügung stehenden untergesetzlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die ohnehin schon schwierige Situation nicht weiter zu verschlimmern.
Selbst wenn die Koalition kein verfrühtes Ende gefunden hätte: Vermittelte der aktuelle Arbeitsstand denn den Eindruck, die weiteren Säulen könnten zeitnah umgesetzt werden?
Christian Sommer: Nein. Neben offenkundigen politischen Fehleinschätzungen war der Kardinalfehler die politische Verknüpfung des notwendigen attraktiven Anreizmodells, das unisono in der Branche gewollt und unterstützt wurde, mit der hochumstrittenen Investitionsverpflichtung. Ich bin mir sicher, dass mit einem klaren Kommunikations- und Abstimmungsprozess ein reformiertes Anreizmodell ohne diese toxische Verknüpfung bereits verabschiedet worden wäre, was für den Film- und Wirtschaftsstandort Deutschland unmittelbar positive Auswirkungen gehabt hätte. Aber neben den grundsätzlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedenken gegen eine für den Standort kontraproduktive Investitionsverpflichtung habe ich nach wie vor den Eindruck, dass sowohl die Notwendigkeit, als auch die positiven Auswirkungen eines international wettbewerbsfähigen Anreizmodells nicht überall gleichermaßen in den Vordergrund gestellt wurden. Häufig wurde die Debatte noch maßgeblich unter Kostengesichtspunkten geführt. Dabei zeigt der Blick beispielsweise nach Spanien und Großbritannien, aber auch nach Österreich, wie falsch dies ist. Ein attraktives Anreizmodell ist eine Garantie für Investitionen und Wachstum, wovon alle profitieren. Darauf werden wir auch weiterhin hinweisen.
So oder so kommt es nun auf die Union an. Wie lautet ihre Botschaft an sie?
Christian Sommer: Ich möchte nicht in den Chor derjenigen einstimmen, die der Union nun eine Verantwortung für das Beschaffen von Mehrheiten im Bundestag zuweisen. Für die Konsequenzen sind der Bundeskanzler und die verbleibende Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen verantwortlich. Aber ich habe die Union immer auf Seiten der Filmwirtschaft wahrgenommen und auch in der Vergangenheit wurde das FFG als ein Gesetz behandelt, das überparteilich und koalitionsübergreifend nicht nur diskutiert, sondern auch verabschiedet wurde. Insofern ist das FFG hier kein „normales“ Gesetz, das sich in die übliche Parlaments- und Mehrheitslogik reinpressen lässt. Ich bin daher zuversichtlich, dass sich hier ein Verfahren finden lässt, das eine Verabschiedung des FFG mit großer Mehrheit im Parlament in diesem Jahr möglich macht. Wie für alle Parteien gilt auch für die Union, für die kommende Bundestagswahl und mögliche Koalitionsverhandlungen den Fokus auf die schnelle Einführung eines attraktiven Anreizmodells zu legen und dabei die Länder frühzeitig einzubinden. Das Festhalten an einer Investitionsverpflichtung wäre sicher ein Fehler, der dem Standort, den Verbrauchern und der Branche schaden würde und möglicherweise jahrelange Unsicherheiten zur Folge hätte.