Am 12. April startet die 55. Ausgabe des Schweizer Dokumentarfilmfestivals Visions du Réel. Bei der Filmauswahl konnte zum zweiten mal in Folge die Geschlechter-Parität erreicht werden.
Die 55. Ausgabe des Schweizer Filmfestivals Visions du Réel unter Leitung von Emilie Bujès wird am 12. April mit dem dänischen Film „As the Tide Comes In“ von Juan Palacios und Sofie Husum Johannesen eröffnet. Heute wurde das vollständige Programm des Festivals vorgestellt, das als eines der wichtigsten internationalen Festivals für Dokumentarfilme gilt. Die offizielle Auswahl umfasst 165 Filme aus 50 Ländern, davon sind 88 Weltpremieren und 14 internationale Premieren. Zum zweiten Mal in Folge hat die Auswahlkommission die Gender-Parität berücksichtigt. Neben den drei bereits angekündigten Gästen – dem chinesischen Filmemacher Jia Zhang-Ke, dem amerikanischen Autor und Regisseur John Wilson und der französischen Regisseurin Alice Diop – wird das Festival zehn Tage lang auch andere wichtige Persönlichkeiten des zeitgenössischen Films wie Carlo Chatrian, Martín Rejtman, Carmen Jaquier, Eduardo Williams oder die Autorin Christine Angot begrüßen.
Der scheidende Leiter der Berlinale Carlo Chatrian bildet gemeinsam mit der Schweizer Filmemacherin Carmen Jaquier und der Produzentin Dora Bouchoucha die Jury des Internationalen Wettbewerbs für Langfilme.
In diesen wurden drei Schweizer (Ko)-Produktionen eingeladen, zwei davon von deutschsprachigen Filmschaffenden. Dabei handelt es sich um „The Landscape and the Fury“ von Nicole Vögele, in dem die Filmemacherin an der bosnisch-kroatischen Grenze die Räume und Wege von Migrant:innen in einem von der Vergangenheit heimgesuchten Gebiet kartographiert, „Far West“ von Pierre-François Sauter, eine Untersuchung der Auswirkungen des abgehobenen internationalen Tourismus in einem Fischerdorf auf den Kapverden, und „The Song of Others“ von Vadim Jendreyko, der Europa, seine Geschichte und sein Erbe in Form eines persönlichen und eindringlichen Essays durchstreift. Der Internationale Langfilm-Wettbewerb zeigt insgesamt sieben von Frauen realisierte Filme sowie zehn erste Langfilme. Aus Deutschland habe es drei Koproduktionen in die Auswahl geschafft, und zwar „The Return oft he Projectionist“ von Orkhan Aghazadeh, „Rising Up at Night“ von Nelson Makengo sowie „Kamy“ von Ilyas Yourish und Shahrokh Bikaran.
Im Nationalen Wettbewerb für Langfilme und mittellange Filme, die in der Schweiz (ko)produziert wurden, konkurrieren elf Beiträge. Die Preise vergibt die Jury um den Schweizer Editor Gabriel Gonzalez („Dahomey“), Pauline David, Programmgestalterin und künstlerische Leiterin des belgischen Festivals En ville, und Bojana Marić, internationale Vertriebsagentin für Lightdox. Zehn der elf ausgewählten Filme feiern ihre Weltpremiere in Nyon, darunter „Braunaupark“ von Felix Hergert und Dominik Zietlow oder „Everything is Temporary“ von Juliette Klinke. Laut Festival beeindruckt der Nationale Wettbewerb mit Filmen von Schweizer Filmschaffenden aus allen Regionen – „Filme, die in Zürich, in Ruanda, in Myanmar, auf Sizilien oder in einem Pfadfinderlager gedreht wurden, aber auch von Schweizer Produktionsfirmen (ko-)produzierte Werke von Filmschaffenden, die zum Teil aus dem Ausland stammen – und zeugt von der Vielfalt und der Vitalität der Schweizer Szene.“
Zu den vielen Zusatzangeboten zählt auch die Reihe „Spezielle Projektionen“, die sich 2024 auch in die Literatur vertieft und dort u.a. Steve McQueens neues Oeuvre „Occupied City“ nach dem Buch von Bianca Stigter präsentiert, das beim Festival de Cannes 2023 Weltpremiere feierte.
„Die 128 neuen Filme der diesjährigen Auswahl bieten unserem Publikum einmal mehr die Möglichkeit, im zeitgenössischen Film einzutauchen. Sie bieten ein reiches und heterogenes Spektrum an Formen, Ansätzen und Perspektiven sowie viele Einblicke in die Realität und in Erzählungen. Das Programm, das zum größten Teil aus Neuentdeckungen unter den rund 3300 eingereichten Filmen besteht – eine Steigerung von mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr –, bekräftigt auch den Anspruch von Visions du Réel, neue Talente zu fördern. Allein im Internationalen Wettbewerb für Langfilme sind unter den fünfzehn Filmen der Auswahl zehn erste Langfilmen dabei. Wir bemühen uns weiterhin unermüdlich um Parität, was uns nach 2023 auch dieses Jahr wieder gelungen ist“, freut sich Emilie Bujès, künstlerische Leiterin des Festivals.
Sehr ernst nimmt das Festival die Themen Inklusion und Zugänglichkeit für möglichst viele Menschen. Mélanie Courvoisier, administrative Festivaldirektorin, erläutert: „Visions du Réel bietet 2024 zum ersten Mal zwei „Relax“-Vorführungen an, bei denen sich das Publikum frei ausdrücken, bewegen und den Vorführraum jederzeit betreten und verlassen kann. Darüber hinaus ist der Zugang zu den Masterclasses in diesem Jahr kostenlos und die Masterclass von Alice Diop wird erneut in Gebärdensprache gedolmetscht – nach dem großen Erfolg der Verdolmetschung der Masterclass von Jean- Stéphane Bron im Jahr 2023. Schließlich wird das Online-Angebot, das im Rahmen der digitalen Ausgabe 2020 lanciert wurde, zum ersten Mal über das Festival vom 18. bis 28. April hinaus ausgedehnt und mehr als 50 Filme aus der Auswahl umfassen.“
Das gesamte Programm ist hier zu finden.