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Produzentin Kate Solomon über „Die Fotografin“: „Ein Leben unter dem Brennglas“

Auf dem 41. Filmfest München feierte „Die Fotografin“ mit Kate Winslet seine rauschende Europapremiere. Jetzt kommt Ellen Kuras‘ Film über das Leben der Kriegsfotografin Lee Miller im Verleih von Studiocanal in die deutschen Kinos. Wir unterhielten uns mit Produzentin Kate Solomon.

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Hooman Afshari, Kate Winslet, Lutz Rippe, Kate Solomon, Kalle Friz bei der CINEMERIT-Verleihung und Premiere von „Die Fotografin“ im Rahmen des 41. Filmfest München (Credit: © Kurt Krieger / Filmfest München)

Waren Sie von Anfang an als Produzentin an „Die Fotografin“ beteiligt?

Kate Solomon: Als ich zu dem Projekt kam, hatte Kate bereits sechs Jahre Arbeit in die Sache gesteckt. Es war ihr Traumstoff, sie wollte die Geschichte von Lee Miller unbedingt erzählen. Sie hatte bereits das Landhaus besucht und studiert, in das Lee nach dem Krieg gezogen war. Sie hatte Kontakt mit Lees Sohn aufgenommen und ihn als Mitstreiter für den Film gewonnen. Sie hatte bereits die Archive der Vogue durchgeackert. Viel Vorarbeit war also bereits geleistet, ohne dass ich von dem Stoff gewusst hätte. Nun ging es aber darum, dass Projekt tatsächlich vom Boden zu bekommen.

Und damit kommen Sie ins Spiel?

Kate Solomon: Ich habe eine Vorliebe für Filmstoffe über reale Ereignisse und reale Personen – die Kray-Brüder in „Legend“, Lance Armstrong in „The Program – Um jeden Preis“, „Flug 93“, „7 Tage in Entebbe“. Kates Agentin Hilda wusste das und brachte uns zusammen. Es gab bereits ein Drehbuch, und sie waren an einem Punkt, wo man herausfinden musste, was davon tatsächlich realistisch umsetzbar wäre, ob man bereits den richtigen Fokus setzte. Das ist immer ein bisschen heikel bei Biopics. Ein ganzes Leben ist selten filmisch. Man muss also ein Ereignis finden, einen Zeitabschnitt, der ein wichtiger Katalysator war, der das gesamte Leben wie unter ein Brennglas packt.

Sie haben einen prägnanten Abschnitt gewählt, der grob zehn Jahre umreißt. 

Kate Solomon: Das schien mir die wichtigste Periode ihres Lebens, der Abschnitt von der unbeschwerten Zeit in Südfrankreich bis nach dem Krieg, dazwischen die Zeit, in der sie Geschichte schrieb als Kriegsfotografin. Man kann auch sagen, dass es danach stetig bergab ging für sie. Aber das ist die Geschichte: Wenn man etwas ganz unbedingt will, ist das vielleicht gut für die Welt, aber nicht unbedingt für einen selbst. Das beschreibt Lee Miller ziemlich gut, denke ich. Sie hat Dinge gemacht, obwohl offenkundig war, dass sie sich damit als Mensch und Frau nicht unbedingt einen Gefallen tut. Es ist schwer, die Dinge jemals wieder abzuschütteln, die sie damals gesehen und dokumentiert hat. Heute würde man das als PTSD diagnostizieren – posttraumatische Belastungsstörung. Damals hat man mit den Schultern gezuckt. 

Speziell bei einer Fotografin…

Kate Solomon: Einer der Gründe, warum ich den Film unbedingt machen wollte: Ich glaube, dass viele Menschen überhaupt nicht wissen, wer Lee Miller war. Sie wird in gewissen Kreisen wahrgenommen und sehr geschätzt. Aber die allgemeine Öffentlichkeit müsste wohl abwinken. Aber ich finde, dass sie es verdient hat, für das, was sie geleistet und erlebt hat, wertgeschätzt zu werden. Ihre Arbeit ist großartig, ungeachtet dessen, dass sie eine Frau war. Was sie geleistet hat, ist epochal und bahnbrechend, sie hat verändert, wie man auf Kriegsfotografie blickt, was Kriegsfotografie leisten kann. Ihre Fotos lösen eine Reaktion aus, sie bewegen einen. Weil sie große Empathie mitbrachte für die Männer und Frauen und Kinder, die sie fotografiert hat. Und weil sie das einfangen konnte. 

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Kate Winslet in „Die Fotografin“ als Lee Miller (Foto: Studiocanal)

Es sind sehr weibliche Fotos, auch wenn den Menschen das nicht immer klar ist, wenn sie den Namen Lee Miller hören.

Kate Solomon: Als ich nach München zum Filmfest flog, kam ich ins Gespräch mit dem Mann neben mir, dem ich erzählte, dass ich einen Film über Lee Miller vorstellen werde. Sein Gesicht hellte sich auf und er rief: Oh, ich liebe seine Fotos! Immerhin kannte er den Namen. Aber klar, man denkt immer erst, es ist ein Mann. So richtig viel verändert hat sich da nicht.

Aber noch einmal zurück zu dem Zeitpunkt, als Sie bei „Die Fotografin“ an Bord kamen, mit der expliziten Zielsetzung, das Projekt auf den Weg zu bringen. War das schwierig – offenbar hatte sich Kate Winslet daran bislang die Zähne ausgebissen?

Kate Solomon: Gerade im unabhängigen Film kommt man nirgendwo hin, wenn man nicht viel Energie hat und Positivität ausstrahlt. Ich denke, das ein Kate und mich. Wir glauben daran, dass wir etwas bewegen können. Wir hatten uns davor noch nie getroffen, aber wir lagen sofort auf einer Wellenlänge. Wir wussten, dass wir diesen Film gemeinsam möglich machen würden. Wir haben uns also noch einmal ans Drehbuch gesetzt, haben es in Form gebracht, in die richtige Länge, immer mit einem Blick darauf, dass es auch finanzierbar sein könnte. Danach kam all das, was man immer macht. Wir haben Locations gesucht, fanden eine Regisseurin, Ellen Kuras, den weiteren Cast. Wenn man Kate als Türöffnerin an der Seite hat, kommt einem das ganz einfach vor. 

Bei Ellen Kuras, eine gefeierte Kamerafrau, wussten Sie gleich, dass Sie richtig lagen?

Kate Solomon: Das war wieder Kate! Sie hatte bereits zwei Filme mit Ellen gemacht und wusste, was sie auf dem Kasten hat. Überlegen Sie mal: Ellen musste 62 Jahre alt werden, um endlich die Gelegenheit zu erhalten, einen Spielfilm zu inszenieren. Das ist verrückt. Ich will nicht die alte Leier wiederholen, dass sie längst ein gefeierter Filmemacher wäre, wäre sie ein Mann. Aber ist es nicht auffällig? So eine großartige Kamerafrau, so eine großartige Künstlerin. Sie ergriff die Gelegenheit beim Schopf und hat uns nicht enttäuscht. 

Warum tendieren Sie als Produzentin zu Geschichten mit einem wahren Hintergrund?

Kate Solomon: Weil die Wahrheit so viel verrückter ist als das, was man sich ausdenken kann. Ich habe Anthropologie studiert, ich liebe es, Menschen zu beobachten, ihr Leben, ihr Verhalten, wie sie miteinander umgehen. Ich rede gern mit Menschen und höre ihnen zu. Ich will herausfinden, wie sie das Leben sehen, wie sie ihr Leben meistern. Es ist faszinierend, wie viel dabei ohne Worte erzählt und mitgeteilt wird. Als Verlängerung dazu begreife ich meine Arbeit als Produzentin, zumindest den inhaltlichen Teil. Wobei es auch bei Verhandlungen über Finanzierung und so weiter hilfreich sein kann, Anthropologie studiert zu haben. 

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Hooman Afshari und Lutz Rippe konnten Produzentin Kate Solomon auf der Bühne im Mathäser begrüßen. (Credit: SPOT media & film)

Übernimmt man nicht auch sehr viel Verantwortung, wenn man das Leben real existierender Menschen in einem Spielfilm erzählt?

Kate Solomon: Dessen bin ich mir bewusst. Aber es birgt auch so viele Möglichkeiten. Ich finde es faszinierend, das Privileg zu haben, sich so intensiv mit dem Leben eines Menschen befassen zu dürfen. Die Menschen, die einen dabei begleiten, werden Teil des eigenen Lebens. Diese Arbeit verbindet. Mit vielen der Leute bin ich immer noch eng befreundet, weil man zusammen etwas erlebt und geleistet hat.

War es Ihnen wichtig, die Geschichte einer Frau zu erzählen? 

Kate Solomon: Uns war es wichtig, eine tolle Geschichte zu erzählen. Darauf kommt es an. Wir machen Kino nicht nur für Frauen, wir machen Kino für Frauen und Männer, für alle. Dass es die Geschichte einer Frau ist, ist schön und gut und wichtig, aber tatsächlich nachrangig. Wenn ein Film gut ist, dann kann jeder etwas damit anfangen. Darum sollte es uns gehen. Darum geht es ganz gewiss mir als Produzentin. Ich denke, „Die Fotografin“ ist ein außergewöhnlicher Film über eine außergewöhnliche Frau, für den sich Frauen ebenso begeistern können wie Männer. Sonst hätten wir unsere Arbeit nicht gutgemacht.

Das Gespräch führte Thomas Schultze.