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Pressekonferenz „Joker: Folie à Deux“: „Wir wollten wieder nach den Sternen greifen“

„Joker: Folie à Deux“ überraschte als ungewöhnliches Musical und psychologisches Drama. Bei der PK erzählten Todd Phillips und seine beiden Stars Joaquin Phoenix und Lady Gaga vor allem, wie sie sich der Musik annäherten. Die Frage nach dem Ausstieg aus dem Todd-Haynes-Film kurz vor Drehstart, würgte Phoenix ab.

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PK von „Joker: Folie à Deux“: Joaquin Phoenix, Todd Phillips, Lady Gaga (Credit: G. Zucchiatti La Biennale di Venezia – Foto ASAC)

Joker: Folie à Deux“ war heute DAS Gesprächsthema auf dem Lido. In der Pressekonferenz sagte Regisseur Todd Phillips, es fühle sich richtig an, wieder hier zu sein. Mit „Joker“ hatte er vor fünf Jahren den Goldenen Löwen mit nachhause genommen. „Die Weltpremiere in Venedig für unseren zweiten Film ist die logische Startrampe. Wir fühlen uns Venedig sehr stark verbunden, nicht weil wir hier letztes Mal gewonnen haben, sondern auch wegen der Tatsache, wie der Film hier behandelt und aufgenommen wurde.“ Dieses Mal sei er allerdings wesentlich aufgeregter und nervöser. Es sei wesentlich einfacher als eine Art Rebell hier einzubrechen als dieses Mal als eine Art „Amtsinhaber“. Die Erwartungen seien entsprechend hoch. „Der Druck ist da. Bei Teil eins konnten wir im ganzen Herstellungsprozess noch unter dem Radar fliegen. Das ging bei Teil zwei nicht mehr“, so Phillips.

Interessant war, was Phillips zur Bedeutung der Musik in seinen beiden Filmen sagte. „Joaquin und ich haben beim Dreh von Teil eins immer über Musik gesprochen. Musik war elementar. Es gibt in Teil eins Momente, in denen Joker nur tanzt, seine Gefühle über Tanz ausdrückt. Der Score von Hildur Gudnadóttir war wie eine zweite Figur. Es war ein logischer Schritt, die Idee der Musik in Teil zwei weiterzuführen, Musik und die Bedeutung, die Musik für Arthur hat.“ Als sich die musikalischen Elemente bei der Drehbuchentwicklung von „Joker: Folie à Deux“ herauskristallisiert hatten, kamen sowohl Todd Philipps als auch Joaquin Phoenix auf Lady Gaga. „Wir dachten uns: Stell dir vor, sie würde mitmachen. Dann hätten wir die Musik automatisch dabei.“

Dass Teil zwei eine Art Musical werden würde, stand bereits mit dem Drehbuch fest. „Die Musik stammt aus einer bestimmten Zeit. Sie sollte sich anfühlen wie die Musik, die Arthur früher mit seiner Mutter angehört hat, als er ein Junge war“, erzählt Phillips. Die Zeit ist sehr speziell, eine Art rollback für Arthur. Für Joaquin Phoenix sei es eine Freude gewesen, sich dieser Songklassiker anzunehmen und sie aber so anfühlen zu lassen, als hätten sie einen ganz besonderen Stellenwert für Arthur. „Sie sind oft die einzige Möglichkeit, wie er sich ausdrücken kann“, so Phoenix. Er erzählte, dass sie zunächst nach Referenzen suchten, Frank Sinatra, Sammy Davis Junior und andere Legenden. „Wir begannen, deren Songs zu emulieren. Aber wir realisierten, dass das nicht Arthur ist, sondern nur jemand, der er vielleicht gerne gewesen wäre. Da machte es klick. Wir nahmen diese Songs und machten unsere eigenen Interpretationen daraus.“ Lady Gaga sei früh dabeigewesen. „Wir arbeiteten mit dem Pianisten am Set. Jeder Take wurde zu einer anderen Version, weil wir es live gemacht haben. Das fühlte sich aufregend an.“

Lady Gaga unterstrich, dass der Weg, wie sie sich bei „Joker: Folie à Deux“ der Musik angenähert hätten, speziell und neuartig gewesen sei. „Außerdem ist der Film für mich kein Musical. Die Musik gibt den Figuren eine Möglichkeit, das auszudrücken, was sie sagen müssen, denn manchmal sind die Dialoge nicht genug. Wie Joaquin sagte, haben wir viel live gemacht, und der Pianist am Set war wie ein Schauspieler off camera in der Szene mit uns. Wir haben viel Arbeit reingesteckt in die Art und Weise, wie wir singen“, so Gaga. Für sie sei es vor allem darum gegangen, Gesangstechniken zu vergessen, das richtige Atmen zu vergessen. „Ich musste erlauben, dass der Song komplett aus der Figur heraus kommt.“

Rückblickend auf Teil eins und die Tatsache, dass der Film 2019 so ein Sensationserfolg war und gewaltigen Anklang fand bei den Menschen, sagte Joaquin Phoenix: „Ich bin mir nicht sicher, warum der Film so großen Anklang fand. Die Leute lesen den Film ja ganz unterschiedlich, was interessant ist.“ Das unterstrich Phillips: „Einige Leute sahen in ihm eine ganz straighte Comicbuch-Adaption, die anderen sahen mehr darin. Ich weiß es auch nicht genau. ‚Joker‘ passte unglaublich gut in die Zeit vor fünf Jahren, hielt der Gesellschaft von damals einen Spiegel vor.“

Phillips sagte, dass ihm klar war, dass Phoenix kein Schauspieler ist, den man für Sequels gewinnen kann. „Wir witzelten beim Dreh von Teil eins darüber. Aber mir war klar: Wenn es eine Fortsetzung geben sollte, musste sie ihm genauso Angst einjagen wie Teil eins. Wir mussten kühn sein, etwas wagen, nach den Sternen greifen, etwas anderes machen, etwas, mit dem niemand gerechnet hat.“ An diesem nach den Sternen greifen, wollte Lady Gaga unbedingt Teil haben. „Der erste Teil hat mich so sehr bewegt, Todd und Joaquin legten die Latte wirklich hoch. Ich hatte das Gefühl, etwas zu sehen, was ich noch nie gesehen hatte. Deshalb wollte ich bei der Fortsetzung gerne dabei sein.“ Zur Zusammenarbeit mit Ausnahmetalent Phoenix sagte sie zum Schluss: „Es war eine komplett neue Erfahrung. Joaquin ist ungebunden und frei. Mit einer genauen Vorstellung ans Set zu gehen, war die falsche Herangehensweise. Wir strebten alle nach dem Augenblick.“ Phillips fügte an: „Es ist ein nicht so ergebnisorientiertes Arbeiten. Es geht eher darum, im Moment zu leben. Wir haben viel geprobt, viel aufgebaut, geübt, nur um all das dann oft wieder umzuschmeißen.”

Lustig wurde es, als ein Kollege sich erst für den schönen Film bedankte und dann fragte, ob man bald einen dritten „Joker“-Film erwarten dürfe. „Haben Sie den Film wirklich gesehen?“, fragte Phillips zurück. Immerhin war er so freundlich und führte seinen Ansatz als Filmemacher aus: „Die Geschichte von Joker/Arthur ist mit dem zweiten Film auserzählt. Als Filmemacher würde mich nicht interessieren, in dieser Welt zu bleiben. Für mich geht es einzig und allein darum, mit welchen Schauspielern ich arbeiten will. Um diese Schauspieler baue ich dann Filme. Die ‚Joker‘-Filme waren für Joaquin und in der Fortsetzung auch um Lady Gaga gebaut. Mein Ziel ist nicht, in dem DC-Universum zu bleiben.“

Die Frage an Joaquin Phoenix, warum er kurz vor Drehstart aus dem Film von Todd Haynes ausgestiegen sei, würgte der Star elegant ab. „Ich denke, ich könnte hier nur meine persönliche Meinung preisgeben. Die anderen Kreativen sind nicht anwesend und könnten nichts dazu sagen. Das wäre nicht wirklich hilfreich. Dankeschön.“

Barbara Schuster