In Venedig wurden seitens der unabhängigen Reihe Giornate degli Autori kurzfristig Screenings des Putin-kritischen Films „The Antique“ abgesagt. Hintergrund ist eine von Mitproduzenten aus Russland und Kroatien erwirkte einstweilige Verfügung. Der georgische Hauptproduzent ficht diese an – und italienische Medien wittern politisch motiviertes Vorgehen.
Der Fall ist zumindest ungewöhnlich, ob er auch eine politische Dimension hat, ist unklar – dass italienische Medien ihn zumindest zu wittern meinen, liegt angesichts der Thematik aber mehr oder minder auf der Hand.
Für den 28. August für Presse und Branche geplante Screenings von „Antikvariati” („The Antique“) im Rahmen der unabhängigen (aber mit dem Festival kooperierenden) Reihe Giornate degli Autori – wurden kurzfristig abgesagt. Hintergrund ist eine vor einem venezianischen Gericht von zwei der beteiligten Produktionsunternehmen – mit Sitz in Russland (Viva) und Zypern (Pygmalion, letzeres Tochter des kroatischen Unternehmens Avvantura) – erwirkte einstweilige Verfügung, die auf Basis des Vorwurfs erlassen wurde, dass es hinsichtlich des Drehbuchs ungeklärte Fragen zum Urheberrecht gebe. Laut dem Gerichtsbeschluss stünden „erhebliche Verstöße“ des georgischen Unternehmens Cinetech von Hauptproduzent Zurab Magalashvili gegen das Koproduktionsabkommen im Raum. Magalashvili und der von ihm beauftragte Weltvertrieb MPM International weisen die Vorwürfe zurück – und fechten die Entscheidung an.
Diversen Medienberichten zufolge soll der Gerichtsbeschluss einer Durchführung der Screenings nicht zwangsweise im Weg gestanden haben, allerdings hätten die Organisatoren beschlossen, Vorstellungen auf Eis zu legen, bis die Situation geklärt sei.
„Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Existenz des Werks und seine Sichtbarkeit in Venedig in den kommenden Tagen zu unterstützen, und zwar unter Einhaltung des Gesetzes und der Meinungsfreiheit des Filmemachers“, heißt es in einer Stellungnahme der Giornate degli Autori – wobei unklar ist, welche Maßnahmen man nach Absage der ersten Screenings (und der Streichung einer öffentlichen Vorführung aus dem Programm) ergreifen will, um die „Sichtbarkeit“ sicherzustellen.
Dass vor allem italienische Medien einen politischen Hintergrund – sprich: eine Einflussnahme Russlands auf die Mitproduzenten – vermuten, liegt am Inhalt des Films von Regisseur Rusudan Glurjidze. Denn er dreht sich um die Verhaftung und Ausweisung tausender in Russland lebender Georgier, die im Herbst 2006 offenkundig als Racheakt für die Festnahme von vier russischen Offizieren in Tiflis erfolgte, denen Spionage vorgeworfen worden war. Tatsächlich hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland wegen dieses Vorgehens zu einer Schadenersatzzahlung in Höhe von zehn Mio. Euro verurteilt. Glurjidze selbst war einer der Betroffenen.