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Michael Kötz: „Wir haben eine wunderbare Akzeptanz in der Filmbranche“

Am Mittwoch startet das Festival des deutschen Films. Es ist die 20. Ausgabe und damit Zeit für Intendant Michael Kötz im SPOT-Interview über die Erfolgsgeschichte zu reflektieren und auf das aktuelle Programm zu blicken.

Michael Kötz
Der Intendant des Festivals des deutschen Films: Michael Kötz (Credit: Arthur Bauer)

Das Festival des deutschen Films feiert 2024 seine runde 20. Ausgabe. Mit welchen Besonderheiten können Sie im Programm aufwarten?

Michael Kötz: Es wird nicht viel anders sein als in den anderen Jahren. Wir sind ein Festival, das immer eine Mischung von unterhaltsamen, eher einfach gebauten Filmen bis hin zu richtigen Arthouse-Filmen präsentiert. Diese Spannbreite etwa im Fernsehbereich vom 20.15-Uhr-Hauptprogramm bis zu Formaten, die um Mitternacht auf Arte laufen, bieten wir. Wir arbeiten uns jedes Jahr durch ungefähr 350 Filme, die produziert wurden. Dieses Jahr präsentieren wir 56 Filme.

Zum Geburtstag wird man normalerweise beschenkt. Ihr Festival hat viele Zuschauerinnen und Zuschauer, die Stars kommen gerne auf die Parkinsel. Haben Sie darüber hinaus Wünsche?

Michael Kötz: Unserem Festival fehlt im Grunde genommen nicht viel. Deswegen wüsste ich nicht, was ich mir unbedingt wünschen müsste. Es läuft großartig. Wir haben eine wunderbare Akzeptanz in der Filmbranche, die von unserem Festival schwärmt. Die Menschen kommen gerne.  Stark von anderen Festivals unterscheidet uns auch, dass die öffentlichen Subventionen bei knapp unter 10 Prozent liegen. Wir haben ein Budget, das zwischen 2,6 und 2,7 Millionen Euro liegt. Wir bekommen zusammengerechnet 250.000 Euro von der Landesregierung und der Stadt an Förderung. 15 Prozent des Budgets kommt von Sponsoren. 75 Prozent machen wir mit verkauften Tickets und dem Catering. Dabei stellen sich manchmal Fragen: Wenn ich jetzt einen anspruchsvollen Film ins Programm nehme, ist das potenziell für mich als Unternehmer geschäftsschädigend, weil ich wenige Tickets verkaufen würde. Dann brauche ich Filme, die diesen komplizierten Film mitfinanzieren. Wir müssen eine Mischung bieten, wie das gut subventionierte Festivals nicht müssen. 

Michael Kötz beim Festival des deutschen Films
Michael Kötz beim Festival des deutschen Films (Credit: Sebastian Weindel)

Das Festival läuft vom 21. August bis 8. September deutlich länger als zwei Wochen. Ist es dann auch immer wieder ein Kraftakt und eine gewisse Nervosität, dieses Budget gestemmt zu bekommen, obwohl es die drei gefestigten Säulen gibt?

Michael Kötz: Wir sehen das gelassen, obwohl wir einen so hohen Anteil an Eigenfinanzierung haben. Das eine Mal, als es einen Einschlag gab, war das Hochwasser, bei dem wir in den Spätsommer ziehen mussten, weil die Parkinsel überschwemmt war. Das zweite Mal war die Corona-Pandemie. Aber wir können uns auf unser Publikum verlassen. Insofern sind wir nicht nervös. Wir bauen unser Festival jedes Jahr auf der grünen Wiese auf. In dieser wunderschönen Parklandschaft am Rheinufer steht noch nichts, wenn wir kommen. Die Atmosphäre dort ist auch unser Kapital, weil man schon gerne einfach so dort hingeht.

Wie hat sich der Zuspruch der prominenten Kreativen vor und hinter der Kamera über die Jahre entwickelt? 

Michael Kötz: Unser erster Gast war damals Hanna Schygulla. Die Beziehungen mussten am Anfang aufgebaut werden. Natürlich riefen die ersten Schauspiel-Stars erst einmal ihre Kollegen an, um zu fragen, ob man da denn hingehen könne. Ludwigshafen ist eben nicht München oder Berlin. Inzwischen fragen sie nicht mehr nach, weil sie fast alle schon von uns gehört haben. Es waren auch schon viele da und kommen gerne wieder. Das hat sich großartig entwickelt. Es ist auch einsichtig, warum man das mag: Man steht vor einem gefüllten Kinosaal mit 1.000 Menschen, bei dem es anschließend ein Filmgespräch gibt, das nicht mal eben erledigt werden muss, sondern es ein eigenes Zelt gibt, wo man, wenn man will, eineinhalb Stunden über den eigenen Film sprechen kann. Dort sitzen dann auch Hunderte von Zuschauenden, stellen Fragen und hören zu. 2023 haben insgesamt 16.000 Menschen an diesen Filmgesprächen teilgenommen. Das ist fast wie eine Volkshochschule im Medienbereich, aber auf nette Weise – und mit einer Weinschorle in der Hand. Das hat Volksfestcharakter. Zudem laden wir die Branchenmenschen nach dem offiziellen Programm noch zu einer privaten Party in den Backstage-Bereich, wo es keine Journalisten und Fotografen gibt und man unter sich sein kann.

20 Jahre Festival des deutschen Films

Welche besonderen Highlights bietet das diesjährige Programm? Sie eröffnen zum Beispiel mit der Premiere von „Familie is nich“ mit Meret Becker. Der neue „Merz gegen Merz“-Film „Geheimnisse“ läuft exklusiv.

Michael Kötz: Wir haben schon Premieren. In der Regel kommen diese aus dem Fernsehbereich. Aber die Premieren sind uns nicht so wichtig. Ich verstehe ja auch, dass man in schweren Zeiten immer die größtmögliche Startrampe für seinen Kinofilm sucht. Trotzdem kommt man, wenn man schon auf einem anderen Festival seine Premiere gefeiert hat, gerne zu uns, weil man das mal als Erfahrung erleben will. Bei uns wird ja auch kein Film sozusagen bloß abgehakt. Wir nehmen alle Produktionen wirklich ernst.

Es läuft auch die Berlinale-Weltpremiere „In Liebe, Eure Hilde“. Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries erhält einen Schauspiel-Preis. Als weitere Rampe ist dann diese Vorführung auch nochmal näher am Kinostart dran. 

Michael Kötz: Wobei das gar nicht unsere Überlegung war, als es darum ging, wem wir einen Schauspiel-Preis geben. Die Art, wie Liv Lisa Fries grundsätzlich und in vielen Filmen spielt, ist einfach großartig. Sie hat den Preis verdient. Vor zwölf Jahren war sie bei uns übrigens schon einmal als Jurymitglied dabei. Sie kommt also nicht zum ersten Mal. Heute allerdings befindet sie sich auf dem Weg in eine Weltkarriere. Dass sie großartig sind, das gilt aber auch für die beiden anderen Schauspielgenies Joachim Król und Christoph Maria Herbst, die wir ebenso auszeichnen. Und Christoph Maria Herbst, mit dem die Menschen vor allem schön witzige Stunden verbinden, war noch nie bei uns. 

Ziehen sich bestimmte Themen durch die von Ihnen gesehenen Kino- und TV-Produktionen des Jahres?

Michael Kötz: Ich fand es erstaunlich, wie viele Filme sich heute noch einmal mit Nazi-Deutschland befassen, was bis zum „Tatort“ reicht. Man kann es sich angesichts der Gegenwart mit Putin & Co. zusammenreimen, warum dem so ist. Dagegen zurückgegangen sind Filme, in denen sich Menschen selbst finden müssen. Da gab es zuletzt eine ganze Welle, die um das heilige Ego kreiste. Nun entdeckt man wieder die Gesellschaft und deren Bedeutung. Das stimmt mich optimistisch, weil ich auch glaube, dass der Ego-Kult mal zu Ende gehen muss. Niemand ist eine Insel. 

Daniela und Michael Kötz
Daniela und Michael Kötz (Credit: Arthur Brauer)

Wie fällt Ihr Blick in die Zukunft für das Festival des deutschen Films aus? Wie geht es auf Leitungsebene weiter? Soll Ihre Frau, die Programmdirektorin und Co-Geschäftsführerin ist, das perspektivisch irgendwann mal übernehmen?

Michael Kötz: Ich mache diese Arbeit sehr gern und deshalb so lange wie es mir möglichst ist. Und dann gibt es meine Frau, mit der ich ja alles zusammen mache und fünf Kinder haben wir auch noch gemeinsam, von denen drei schon mal sozusagen das Richtige studieren. Ich bin da zuversichtlich.

Das Interview führte Michael Müller