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Produzentin Wendy Jacobson zu „Deadpool & Wolverine“: „Eine kommunale Erfahrung“

„Deadpool & Wolverine“ ist ein weltweiter Blockbuster mit 440 Mio. Dollar Kasse am ersten Wochenende. Wir haben uns mit Produzentin Wendy Jacobson von Marvel Studios darüber unterhalten, was das Erfolgsrezept der Marke ist.

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Shawn Levy, Ryan Reynolds, Wendy Jacobson, Emma Corrin, Hugh Jackman, (Credit: Sebastian Gabsch)

Was hat ein „Deadpool“-Film, was andere Marvel-Filme nicht haben?

Wendy Jacobson: Die Antwort ist ganz simpel: Ryan Reynolds. Er ist die DNS der Figur, er ist unser Leitstern, auf ihn geht die Tonalität zurück: respektlos, witzig, unverschämt. Vor allem aber weiß Ryan genau, dass die Comedy, und sei sie noch so irrwitzig, nicht funktionieren kann, wenn er das Publikum nicht emotional am Haken hat. Das trifft auf die ersten beiden „Deadpool“-Filme zu, in ganz besonderem Maße aber auf „Deadpool & Wolverine“. Es war Ryans Idee, Shawn Levy als Regisseur an Bord zu holen. Womöglich nicht der erste Filmemacher, an den man denken würde für einen „Deadpool“-Film. Aber er ist absolut perfekt als Regisseur. 

Ein bisschen haben Sie es ja schon beantwortet, aber was ist es denn, das „Deadpool & Wolverine“ von den ersten beiden Filmen abhebt?

Wendy Jacobson: Schon wieder eine simple Antwort: Hugh Jackman. Bisher war „Deadpool“ mehr oder weniger eine One-Man-Show. Jetzt haben wir zwei Ikonen an Bord in Rollen, für die sie geboren wurden. Hugh spielt Logan / Wolverine zum zehnten Mal, beginnend im Jahr 2000. Für mich ist er der X-Man einer Generation. Ich habe die ersten Filme damals als Mädchen selbst im Kino gesehen und wusste einfach: Das ist es. Ryan und Hugh Seite an Seite zu haben, gibt dem Film eine Alchemie, die noch keiner davor gehabt hatte. 

Dabei sind die Figuren geradezu gegensätzlich angelegt.

Wendy Jacobson: Das war der Witz. Wir wollten sie als ungleiches Paar zeichnen, ein odd couple. Weil Ryan als Deadpool durchgehend redet und Witze reißt, würde man meinen, dass ein Ungleichgewicht entsteht. Aber genau das ist nicht der Fall. Hugh hat weniger Gags, ist eher einsilbig. Aber auf seine Weise ist er genauso komisch. Sein Timing ist perfekt. Und Timing ist alles bei Comedy. Das sorgt für eine interessante Balance, die auch Deadpool ganz anders dastehen lässt. Das ist der Kick unseres Films. 

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Wendy Jacobson (Credit: Sebastian Gabsch)

Bevor Sie zu den Marvel Studios stießen, waren Sie für die Flynn Picture Company von Beau Flynn produzentisch an Großproduktionen wie „San Andreas“, „Rampage“ oder „Red Notice“ beteiligt. Was gefällt Ihnen an der Arbeit dieser massiven Filmunternehmungen?

Wendy Jacobson: Mir liegen diese Filme einfach. Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen und bin mit Mannschaftssport aufgewachsen – ich spiele Volleyball! Ich bin immer wieder erstaunt und erfreut, was man gemeinsam erreichen kann, wenn viele Menschen an einem Strang ziehen. Es ist aufregend, mit den brillanten Leitern der verschiedenen Gewerken zu tun zu haben, von denen jeder einen gewaltigen Stab ebenso brillanter Künstler und Handwerker hinter sich hat. Sie vereinen Jahrzehnte Erfahrung auf sich, speziell bei „Deadpool & Wolverine“. Ich sehe als Aufgabe, einerseits der Kitt zu sein, der die Abteilungen verbindet, andererseits für jeden einzelnen von ihnen die Voraussetzungen zu schaffen, dass sie so frei wie möglich agieren und ihre beste Arbeit abliefern können. Ich würde es als kommunale Erfahrung beschreiben. Manchmal bin ich Moderatorin, manchmal Übersetzerin, manchmal Antreiberin. Es ist inspirierend, wenn man es mit Leuten zu tun hat wie Kevin Feige, Shawn Levy und Ryan Reynolds, das Dreigestirn ultimativer Entscheider, deren Bedürfnisse und Ideen man immer wieder in Einklang bringen muss. Mir gefällt es, Ordnung ins Chaos einer Produktion zu bringen. 

Ich habe großen Respekt vor Ihrer Leistung: Es kann ja minütlich etwas aus dem Ruder laufen. Wie stellt man es an, nicht täglich in Schnappatmung zu verfallen oder Panikattacken zu bekommen? 

Wendy Jacobson: Wenn es um Filme geht, muss schon wirklich alles den Bach runtergehen, um meinen Herzschlag entscheidend zu erhöhen, geschweige denn in Panik zu geraten. Das hat ein bisschen mit der nötigen Erfahrung zu tun. Wenn man ein paar heikle Situationen gemeistert hat, weiß man, dass man das kann. Als ich noch als Assistentin gearbeitet habe, war das anders. Da wurde ich oft panisch, weil man von zu mir einfach sagte: Mach dies, lass jenes geschehen. Und ich hatte keine Erfahrung und wusste nicht wie. Heute weiß ich es zu schätzen, dass man mich damals in kalte Wasser geworfen hat. Das härtet ab. Eine Freundin von mir ist Köchin – ein deutlich stressigerer Job als Filmproduzent. Sie sagte zu mir: Man darf sich nicht ablenken lassen, man braucht Laserfokus. Wenn ich in die Küche gehe, bin ich eins mit der Aufgabe, dann fühle ich es einfach. Ich versuche das, auf meine Arbeit als Produzentin zu übertragen, nach Möglichkeit immer dafür zu sorgen, dass die Künstler ihre Vision umsetzen können. Manchmal muss man Kompromisse eingehen, weil sich Probleme anders nicht lösen lassen. Da bin ich dann besonders gefragt, weil man den Kompromiss auch vermitteln muss, nicht als Notwendigkeit, sondern als Chance. Ich will nicht angeben: Bisher funktioniert es ganz gut. 

Das Gespräch führte Thomas Schultze.