Heute hat sich Malika Rabahallah als neue Leiterin des Filmfest Hamburg der Öffentlichkeit vorgestellt und erste Programmpunkte bekanntgegeben. Wir haben die Gelegenheit genutzt und gleich einmal nachgefragt, auf was Gäste und Publikum sich bei der 32. Edition freuen können.
Sie haben im Januar 2024 Ihre Arbeit als Festivalchefin des Filmfest Hamburg aufgenommen. Was waren Ihre ersten Schritte?
Malika Rabahallah: Ich habe mir in den ersten Monaten die Arbeitsprozesse angeguckt, das Team kennengelernt, das schon lange dabei ist und viel Expertise hat, und viele Partner:innen und Sponsoren getroffen. So viel Zeit für die Vorbereitung meines ersten Festivals habe ich gar nicht… gerade mal acht Monate, weniger als eine Schwangerschaft!
Das Filmfest Hamburg ist sehr stark geprägt von seinem vormaligen Leiter Albert Wiederspiel, genauso aber auch von seiner Programmleiterin Kathrin Kohlstedde. Kathrin bleibt dem Festival erhalten (wie schön!). Heißt das im Umkehrschluss, dass Sie das Festival nicht gleich neu erfinden wollen, sondern auch auf Bewährtes und Beliebtes weitersetzen werden?
Malika Rabahallah: Das Festival unter der Leitung von Albert Wiederspiel, mit Kathrin Kohlstedde und dem gesamten Team, hat ganz vieles sehr richtig gemacht. Mein Augenmerk liegt jetzt darauf, das Festival zukunftsfähig zu machen. Dafür sind drei Dinge wichtig: Erstens die Digitalisierung – darüber wollen wir zugleich auch jüngere Leute ansprechen. Zweitens Nachhaltigkeit, die darf heute nicht mehr ausgeblendet werden, sondern muss Teil jeder Überlegung sein. Beim Festival müssen wir mit Blick auf die großen Faktoren Mobilität der Gäste und das Catering noch besser werden. Drittens geht es um Diversität. Die Gesellschaft hat sich verändert. Wir machen ein Festival für alle Hamburgerinnen und Hamburger.
„Unser Festival soll in den Stadtteilen noch sichtbarer werden.“
An welchen Stellschrauben werden Sie drehen/wollen Sie drehen/haben Sie schon gedreht? Wofür soll Ihr Filmfest Hamburg stehen?
Malika Rabahallah: Ich habe mir angeguckt, wo wir stattfinden. Das ist vor allem im Zentrum von Hamburg. Ich möchte aber ein Festival für alle Hamburgerinnen und Hamburger machen, es soll diverser werden. Deshalb gehen wir in diesem Jahr mehr in die Stadtgesellschaft und erweitern unser FILMFEST UMS ECK-Angebot um weitere Kinos. Und unser Festival soll in den Stadtteilen noch sichtbarer werden. Da werden wir sicherlich vom großen Filialnetz der Hamburger Sparkasse profitieren können. Die Haspa ist unser neuer Partner, mit der wir ab diesem Jahr im Rahmen des HaspaJoker-Vorteilsprogramms kooperieren. Eine weitere wichtige Institution mit Standorten in den Stadtteilen sind die Hamburger Bücherhallen, die uns helfen, unser Festival in die Stadt zu tragen
Den neuen Film von Mohammad Rasoulof haben Sie bereits als Deutschlandpremiere angekündigt, ein echter Coup! Welche weiteren Highlights und Neuerungen können Sie bereits verkünden?
Malika Rabahallah: Ein weiterer Coup ist die Deutschlandpremiere von Jacques Audiards „Emilia Pérez“. Was für ein Film! Der Musical-Thriller lief beim Festival in Cannes und hat dort mehrere Preise gewonnen. Darauf darf sich das Hamburger Publikum also schon freuen und auch auf drei Folgen der ARD-Degeto-Serie „Schwarze Früchte“. Das Projekt ist mir sehr wichtig, weil dort die Lebenswirklichkeit von Schwarzen und queeren Menschen thematisiert wird. Wir zeigen die Serie in unserer TV-Sektion unter der neuen Leitung von Bettina Schoeller Bouju. Beim MICHEL Kinder und Jugend Filmfest werden wir außerhalb des Wettbewerbs das neue Rentierabenteuer „Niko – Reise zu den Polarlichtern“ zeigen. Der Animationsfilm wurde von der Hamburger Firma Ulysses Films produziert.
Das Filmfest Hamburg war von jeher mit der Hamburger Filmförderung eng verbunden, die jetzt Moin heißt und die Sie lange Jahre mitgeprägt haben. Werden Sie die Zusammenarbeit noch weiter intensivieren?
Malika Rabahallah: Die MOIN ist weiterhin ein sehr wichtiger Partner. Helge Albers und ich sind ehemalige Produzenten. Uns ist es wichtig, den Standort Hamburg voranzubringen und die Filmbranche nach Hamburg zu holen. Da ziehen wir an einem Strang. Mit der Explorer Konferenz und unseren INDUSTRY DAYS setzen wir aktuelle Themen auf die Agenda und möchten sie mit den Filmschaffenden diskutieren. Mir liegt besonders der Nachwuchs am Herzen. Mit dem 2022 von Kathrin Kohlstedde eingeführten internationalen Nachwuchsprogramms Filmfest Hamburg Atelier in Kooperation mit der Sémaine de la Critique in Cannes bringen wir junge Talente aus deutschen Filmhochschulen noch stärker mit internationalen Debüfilmer:innen zusammen. Dieser internationale Wissenstransfer ist mir wichtig. Neu in diesem Jahr ist eine Kooperation mit ENCOURAGE Film Talents, die mit uns zusammen einen ENCOURAGE Film Talents Day machen. Dabei geht es vor allem um Vernetzung, Karriereentwicklung und Stärkung der Stimmen einer neuen Filmemacher:innen-Generation. All das ist nur der Anfang unseres langfristigen Engagements, den deutschen Filmnachwuchs durch einen internationalen Austausch zu bereichern und seine kreative Entwicklung zu stärken. Hamburg bietet als weltoffene Stadt den perfekten Ort, wo seit jeher nationale und internationale Perspektiven aufeinandertreffen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Politik und anderen Hamburger Institutionen? Werden Sie bei der Umsetzung Ihrer Ziele unterstützt?
Malika Rabahallah: Das Verhältnis ist sehr gut und vertrauensvoll. Ich werde voll und ganz unterstützt. Natürlich wäre eine Erhöhung des Etats wichtig. Wir haben rund 50.000 Zuschauer und könnten noch mehr bewegen. Wir bringen nicht nur die Filme, sondern auch viele internationale Gäste nach Hamburg, das könnten gerne noch mehr werden!
Perspektivisch gesehen: Wo soll das Filmfest Hamburg in fünf Jahren stehen und wofür soll es in fünf Jahren stehen?
Malika Rabahallah: Filmfest Hamburg steht für ein leidenschaftliches, diverses Festival mit sorgfältig kuratierten Filmen, großartigen Gästen und viel Spaß. Die Hamburgerinnen und Hamburger fiebern den neuesten Produktionen entgegen. Alle, Publikum und Branche, treffen sich Ende September zehn Tage lang im Alsterpavillon mit Blick auf die schönste Stadt der Welt. Besser geht’s nicht!
Die Fragen stellten Barbara Schuster und Thomas Schultze.