Ein eindringlicher Appell für Demokratie, Vielfalt und Miteinander. Und ein ebensolcher für eine zeitnahe Umsetzung der Förderreform auf Bundesebene. Die offiziellen Reden zum Filmfest-Empfang des FFF-Bayern lieferten, was zu erwarten war. Die Gespräche am Rande unterstrichen, weshalb das richtig und wichtig war.
Keine beeindruckenden Besuchszahlen, Einschaltquoten oder Fördermeilensteine? Keine Bilanzhighlights, kein hervorgehobener Kino- oder Serienhit? Für den Empfang eines Förderers ist das eher ungewöhnlich. Aber man kann auch nicht von gewöhnlichen Zeiten sprechen. Umso weniger nach den Ergebnissen der Europawahl und der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen. Nicht in einem Umfeld, in dem sogar zu Branchenthemen in den vergangenen Tagen gelegentlich der Wunsch nach einer gewissen „verbalen Abrüstung“ geäußert wurde.
So legte FFF-Geschäftsführerin Dorothee Erpenstein den Fokus ihrer Eröffnungsrede auf zwei Dinge: Zum einen die Teams der neun beim Filmfest München vertretenen FFF-geförderten Produktionen. Zum anderen gesamtgesellschaftliche Probleme, die momentan von Tag zu Tag nur größer zu werden scheinen. Probleme, die Kunst und Kultur natürlich nicht im Alleingang lösen können. Die aber jedenfalls gerade auch dort adressiert werden müssen. Denn gerade der Kulturbereich, so Erpenstein, habe die Verantwortung – vor allem aber auch die tatsächliche Möglichkeit – dazu beizutragen, dass Vielfalt, dass Demokratie als etwas Positives wahrgenommen wird.
Und auch wenn der FFF für die Produktion von „Zwei zu Eins“ nicht als Förderer an Bord war, hob die FFF-Geschäftsführerin den Eröffnungsfilm des Filmfestes München in diesem Zusammenhang hervor. Denn er lege den Finger in eine Wunde, er beleuchte Vorgänge, die Teilen der Gesellschaft das Gefühl gegeben hätten, abgehängt worden zu sein.
Der bayerische Staatskanzleichef, Medienminister und FFF-Aufsichtsratsvorsitzende Florian Herrmann wiederum fokussierte sich erwartungsgemäß auf die finanzielle Seite bzw. die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Und im Grunde kann man es an dieser Stelle kurz machen, denn es handelte sich um zwei Kernaussagen.
Zum einen jene, dass die bayerische Staatsregierung voll hinter der Branche stehe und nicht nur Lippenbekenntnisse abgebe. Denn wo andere sparen würden, habe Bayern im Doppelhaushalt 2024/2025 den Ansatz für die Filmförderung um zwei Mio. Euro pro Jahr erhöht. (Die AfD kam in diesem Kontext nicht zur Sprache, aber es sei an dieser Stelle doch noch einmal erwähnt, dass sie in den Haushaltsverhandlungen eine komplette Streichung sämtlicher Fördermittel für Film und Fernsehen forderte.)
Zum anderen diese: „Es ist Fünf vor Zwölf für Viele!“ Gemünzt war das selbstverständlich auf einen strukturell abgehängten Produktionsstandort, dem sich mit einer entschiedenen Förderreform aber wieder echte Chancen eröffnen würden. Bayern unterstütze die BKM bei der Umsetzung des Drei-Säulen-Modells, das „möglichst zügig kommen müsse“. Denn an dieser Stelle gehe es nicht um Parteipolitik. Sondern um den Filmstandort und seine Player, die endlich wieder Planungssicherheit benötigten.
Wie wichtig und richtig die Schwerpunkte beider Reden waren – das unterstrichen die Gespräche beim Empfang leider nachdrücklich. Wobei es durchaus nicht so war, dass nicht über aktuell laufende oder kurz vor Umsetzung stehende Projekte gesprochen wurde. Aber mehr als einmal fielen Sätze wie „Ja, ich bin deutscher Produzent. Aber was soll ich machen?“ – gefolgt von recht eindrucksvollen Prozentzahlen, mit denen andere (europäische) Länder im Rahmen von Anreizmodellen und sonstigen Vergünstigungen um Produktionen werben. Bis zu 70 Prozent an potenzieller Förderung im Baskenland? Das lässt aufhorchen. Auch wenn durchaus zu erkennen ist, dass bestehende Vergünstigungen im einen oder anderen Land zumindest teilweise ins Visier geraten – aktuelles Paradebeispiel ist Italien. Wobei man nicht zuletzt dort ganz erhebliche Einschnitte vornehmen könnte, ohne gegenüber dem jetzigen deutschen System ins Hintertreffen zu geraten.
Nun, wie sagte es Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Rande des Filmfestes? Sie freue sich über die Solidaritätsbekundungen; darüber, dass Bayern in Sachen Förderreform an ihrer Seite stehe. Aber Bayern solle sich auch dafür einsetzen, dass auch andere an ihrer Seite stünden…