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Steve Bache zur Auszeichnung in Tallinn: „Alle Zweifel verflogen“

Mit seinem Debüt „No Dogs Allowed“ gewann Steve Bache auf dem 28. Tallinn Black Nights Film Festival den First Feature Award für den besten Film. Wir unterhielten uns mit dem Filmemacher über eine aufregende Woche in Estland und anstrengende Jahre davor. 

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„No Dogs Allowed“-Regisseur Steve Bache mit seinem Hauptdarsteller Carlo Krammling in Tallinn (Credit: PÖFF)

Gratulation zu Auszeichnung in Tallinn. Wie haben Sie den Abend erlebt?

Steve Bache: Es war aufregend, völlig verrückt. Wir hatten die anderen Beiträge unserer Reihe allesamt gesehen und waren sehr beeindruckt von der generell sehr hohen Qualität. Keiner ließ sich mit dem anderen vergleichen, es waren verschiedene Genres, verschiedene Themen. Deshalb ließ sich nur schwer abschätzen, welcher Film die Nase vorn haben könnte. Besonders gut gefallen hatte uns der Film „Corinna“, von dem ich dachte, dass er der Favorit war. Wenn wir also eine „special mention“ bekommen hätten, wäre ich schon glücklich gewesen. Dass wir dann als bester Film gewinnen konnten, ist unglaublich. Wir saßen im Publikum und überlegten uns, was wir denn sagen würden, wenn man uns vielleicht doch auf die Bühne holen würde. Als es dann so weit war, standen wir da und hatten alles vergessen. Wir waren buchstäblich sprachlos, es war sehr überwältigend.

Wer war mit dabei bei der Preisverleihung?

Steve Bache: Weil die Premiere bereits eine Woche zuvor gewesen war, war das Team bereits wieder abgereist. Nur noch Hauptdarsteller Carlo Krammling, meine Partnerin und ich waren noch vor Ort. Es war ein besonderer Moment für mich, dass ich mit Carlo nach vorne kommen und mit ihm den Preis entgegennehmen konnte. Danach kamen noch die Juryleute zu uns und gaben uns Feedback, erzählten uns, wie beeindruckt sie von dem Film gewesen wären, dass sie ihn sofort zu ihren Favoriten gezählt hätten. Auch ein Vertreter der Fipresci-Jury erzählte mir, dass „No Dogs Allowed“ bei ihnen ganz vorne mit dabei gewesen wäre. 

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Regisseur Steve Bache (2.v.l.) mit seinen Darsteller:innen Robin Sondermann, Carlo Krammling und Sithembile Menck (Credit: PÖFF)

Wie haben Sie die Tage in Tallinn insgesamt erlebt? War es eine gute Erfahrung?

Steve Bache: Ich bin sehr begeistert von dem Festival. Ich habe mich länger mit Nikolaj Nikitin unterhalten, der die Critics‘ Picks kuratiert, und habe den Eindruck gewonnen, dass die Black Nights immer noch etwas unter dem Radar fliegen, was ich überhaupt nicht verstehen kann. Ich war schon in Cannes und auf der Berlinale, aber da ist alles so groß und unübersichtlich, so weit weg. In Tallinn kommt man schnell miteinander in Kontakt, weil der Austausch gezielt gepflegt und angeregt wird. Die Wege sind kurz, man sieht sich schnell wieder. 

Unmittelbar nach der Premiere war „No Dogs Allowed“ bereits in der ZDF-Mediathek abrufbar, einen Tag später wurde er aufgrund seiner Altersfreigabe im Nachtprogramm ausgestrahlt. Haben Sie bereits Feedback erhalten?

Steve Bache: Ich habe noch keine endgültigen Zahlen erfahren, habe aber gehört, dass er bei der Ausstrahlung einen MA von 4,8 Prozent hatte, was ich angesichts des Themas des Films einfach einmal als sehr positiv werte. Ansonsten habe ich einige Artikel und Reviews gesehen und bin sehr glücklich, wieviel Zuspruch der Film erfährt. Das tut sehr gut, weil der Weg nicht ganz einfach war, es auch Absagen von Festivals wie der Berlinale oder München gab, die uns doch sehr verunsichert haben, weil man zu zweifeln beginnt und überlegt, ob wir etwas falsch gemacht hatten. Wenn man ihn dann mit Publikum sieht wie in Tallinn, sind alle Zweifel verflogen. Das ist toll. 

Das ist umso beeindruckender, als dass „No Dogs Allowed“ sich mit klugem Kopf einem echten Reizthema annähert. Es kann für Sie nicht immer einfach gewesen sein, sich so intensiv damit zu befassen.

Steve Bache: Natürlich geht einem das an die Nieren. Ich habe mich auch sehr intensiv mit meinem Drehbuchautor Stephan Kämpf und den anderen Teammitgliedern darüber ausgetauscht. Es war eine Arbeit, die sich über mehrere Jahre hinzog. Den ersten Kontakt zu dem 15-Jährigen, dessen Geschichte die Basis für unseren Film war, hatte ich vor fünf Jahren. Mit der Zeit braucht man eine dicke Haut, muss man lernen etwas abzustumpfen, weil man mit vielen unschönen und schrecklichen Dingen konfrontiert wird, wenn man sich mit Pädophilie befasst. Die kriminelle Energie ist unbeschreiblich. Man kann nur hoffen, dass dagegen mit allen rechtlichen Mitteln vorgegangen wird. Aber ich muss auch sagen: Das ist nicht das Thema des Films. Wir wollten von einem 15-Jährigen erzählen, der diese Neigung in sich entdeckt und für sich einen Weg finden muss, eine Haltung dazu zu entwickeln. Was uns bei der Auseinandersetzung geholfen hat, war, eine gewisse Hoffnung zu behalten. Wir wollten beleuchten, dass Hoffnung bestehen kann für diesen Jungen, dass er Rückhalt finden kann, dass eine Aussicht darauf besteht, kein ausgegrenztes Leben führen zu müssen. 

Wie geht es bei Ihnen weiter? Gibt es schon einen neuen Stoff?

Steve Bache: Ich habe gerade einen Stoff zur Förderung vorliegen bei der FFA, ein Kriminalfall aus den Nullerjahren, den ich gerne filmisch umsetzen würde. Gleichzeitig lese ich aber auch Drehbücher und bin auf der Suche nach Stoffen, die eine metaphorische Ebene bedienen. Ich bin ein großer Fan von magischem Realismus, würde gerne etwas in diese Richtung machen. Generell sehe ich mich weniger als Auteur. Ich will nicht alle Jubeljahre einen eigenen Stoff realisieren, sondern habe Lust, als Regisseur zu arbeiten und Geschichten zu erzählen. Das wäre der nächste Schritt. 

Das Gespräch führte Thomas Schultze.