Unbegrenzter Kinogenuss ab 12,50 Euro im Monat: Mit dieser Preisansage wurde das neue Kinoabo „Cinfinity“ heute im Rahmen eines Events in der Lichtburg Essen offiziell an den Start gebracht – und mehr als 60 Kinos sind zum Launch dabei. Wir sprachen mit den Initiatoren über das Konzept, die Erwartungen – und die fordernde Aufgabe, eine optimale Startkonfiguration zu finden.
Kinoabos sind keine gänzlich neue Idee und tatsächlich auch in Deutschland schon weiter verbreitet, als man gemeinhin annehmen könnte – wobei zwei der seit Jahren prominentesten Anbieter kaum unterschiedlicher aufgestellt sein könnten: Die bundesweit größte Programmkino-Gruppierung Yorck und UCI, Tochter der weltgrößten Kinokette AMC. Darüber hinaus gibt es Kinoabos auch bei kleineren Gruppierungen (beispielhaft sei das Lieblingskino-Abo in München und Fürstenfeldbruck genannt) und auch Familienunternehmen wie etwa in den Häusern der Betreiberfamilie Muckli. Wobei letztgenannte Modelle keine komplette „Flatrate“ darstellen, sondern auf eine Maximalzahl an Besuchen pro Monat begrenzt sind.
Existierende Modelle hin oder her: 2024 kann man durchaus als ein Jahr der Kinoabos bezeichnen. Denn was es bislang in Deutschland nicht gab, waren Unternehmens-übergreifende, bundesweite Modelle – ab sofort sind es zwei. Denn nach dem Launch des auf Programm- bzw. Arthouse-Kinos beschränkten Angebots Cineville Deutschland (der Adaption eines bereits 2009 in den Niederlanden entwickelten und Ort längst etablierten Modells) ist seit heute auch das von Martin Turowski und Ralf Thomsen aus der Taufe gehobene Kinoabo Cinfinity verfügbar. Das nicht nur sämtlichen interessierten Häusern offen stehen soll, sondern das mit besonders günstigen Basispreisen versehen ist. Anlässlich des heute in der Lichtburg Essen zelebrierten Starts sprachen wir mit den Initiatoren.
Am 26. November ist Cinfinity offiziell an den Start gegangen – und zelebriert wurde der Launch in der Lichtburg Essen. Weshalb gerade dort?
Ralf Thomsen: Ein derartiges Projekt verdient es, gebührend an den Start gebracht zu werden. Wir wollten die Katzen bewusst alle auf einmal aus dem Sack lassen – und das nicht nur mit einer schnöden Mitteilung, sondern im direkten Gespräch mit Presse und Partnern. Was konkret die Lichtburg anbelangt: Wir denken, dass der größte Kinosaal Deutschlands für unsere Initiative genau richtig ist. Denn wir denken genau so groß.
Martin Turowski: Zudem gab es noch einen anderen Gedanken. Es ist ja kein Geheimnis, dass Ralf und ich aus Schleswig-Holstein kommen und die Initiative auch dort geboren wurde. Aber wir wollten von Anfang an klar machen, dass es sich keineswegs um ein Projekt handelt, das sich lediglich auf den Norden fokussiert. Sondern um eines, das wir bundesweit umsetzen.
Ralf Thomsen: Und natürlich ist die Lichtburg mit an Bord.
Cinfinity war unterdessen gar nicht die erste Wahl für den Namen?
Martin Turowski: Wenn man so ein Projekt aufsetzt, muss man ihm natürlich erst einmal einen Arbeitstitel geben. Wir sind bewusst ein paar Schleifen gegangen, bis der endgültige Name stand – weil wir genau den passenden finden wollten. Dahinter stecken langwierige Überlegungen und Abwägungen, zwischenzeitlich waren es mehr als 20 unterschiedliche Namen, über die wir diskutiert haben.
Ralf Thomsen: Tatsächlich hat mir schon der Arbeitstitel CineFlex recht gut gefallen, weil er die Flexibilität, die Freiheit der Programmwahl mit im Namen trägt. Wir hatten uns sogar schon vorsorglich die Domain reserviert. Aber zum einen gibt es einen gleichnamigen Hersteller von Kameras für Hubschrauber und Drohnen, zudem erschien uns die Ähnlichkeit zum Namen Cineplex dann doch zu groß. Am Ende haben wir mit Cinfinity aber unseren absoluten Favoriten gefunden, auch wenn wir diese Domain tatsächlich erst ersteigern mussten – die hatte sich nämlich schon jemand reserviert.
Martin Turowski: Die Kosten hielten sich glücklicherweise noch im Rahmen, aber ein paar Tausend Euro waren es doch. Das war es uns aber wert. Denn die Verbindung von Kino und Unendlichkeit bringt in einem Wort auf den Punkt, was der Nutzer an diesem Angebot hat.
WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN ZU CINFINITY
Bis zum Launch dauerte es am Ende ein wenig länger als gehofft: Was war die größte Hürde auf dem Weg dorthin?
Martin Turowski: Die größte Aufgabe war mit Sicherheit jene, die gesamte Branche auf diesem Weg mitzunehmen. Kinos, Verleiher, Kassenhersteller, Online-Ticketing-Dienstleister und weitere Partner wollten ins Boot geholt werden. Das erforderte unzählige Gespräche und viel Überzeugungsarbeit. Aber der Aufwand hat sich absolut gelohnt. Wir möchten alle Beteiligten näher zusammenrücken lassen.
Ralf Thomsen: Die „menschliche Komponente“ war tatsächlich die entscheidende, entsprechend viel Mühe und Geduld haben wir gerne dafür aufgewandt. Eine ganz zentrale Herausforderung war aber auch die Technik – ich bin tatsächlich selbst beeindruckt, was wir dort geleistet haben. Wenn man sich ansieht, wie viele Kombinationen zwischen Kassenherstellern und Online-Ticket-Systemen es in Deutschland gibt – und wie viele unterschiedliche Versionen und Konfigurationen – dann kann man sich vielleicht grob vorstellen, wie viel Aufwand wir betrieben haben, um sicherstellen zu können, dass am Ende eine wirklich saubere Abrechnung und eine komplette Nachvollziehbarkeit der Abo-Einlösungen für alle Partner herauskommt. Das war eine Wahnsinnsarbeit.
Ist die App denn mit allen Kassensystemen kompatibel?
Ralf Thomsen: Ja. Es sind alle gängigen Systeme angebunden. Und selbst die interessierten Kinos, die noch mit dem in die Jahre gekommenen, aber verlässlichen System von Bildstein-Adloff arbeiten, werden wir noch zeitnah onboarden. Wir haben nur noch keine Schnittstelle zu Vista programmiert, weil keines der heute teilnehmenden Kinos das System nutzt. Aber das wird im Bedarfsfall kein Problem darstellen. Vista ist eines der modernsten Systeme und kann die Schnittstellen vollständig dokumentiert zur Verfügung stellen.
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12,50 Euro sind ein Kampfpreis. Welche Philosophie steckt dahinter?
Martin Turowski: Die Zahl ist natürlich ein Aufmerksamkeitsbringer. Aber in Wahrheit reden wir nicht über 12,50 Euro – sondern über mindestens 150 Euro. Denn das ist das Commitment, das man auf einen Schlag aufbringen muss, wenn man auf diesen monatlichen Preis kommen will. Wer sich nur für vier Monate binden will – das ist die Mindestlaufzeit – bezahlt mindestens 58 Euro. Am Ende geht es um 13,90 Euro, denn das ist der Preis, den man nach der Mindestlaufzeit bezahlt. Das mag man immer noch als Kampfpreis betrachten, aber das hat nichts mit Verramschen zu tun, sondern mit langfristiger Kundenbindung. Wir haben uns unfassbar viel Zeit genommen, um auszurechnen, welchen Preispunkt wir setzen müssen, um nicht nur eine Frequenzsteigerung bei den Heavy Usern zu erreichen – sondern tatsächlich eine signifikante Reichweitenvergrößerung. Das ist der Kern der Cinfinity-Idee: Wir wollen wieder mehr Menschen in die Kinos holen, wir wollen diejenigen, die sich vom Leinwanderlebnis entwöhnt haben – ganz gleich ob nun wegen der Pandemie oder aus anderen Gründen – wieder für uns gewinnen. Viele Kinos in Deutschland sind dank der enormen Investitionen der vergangenen Jahre so attraktiv wie nie zuvor. Das wird nur entdeckt, wenn die Menschen tatsächlich kommen. Unser Angebot muss etwas sein, das man sich auch spontan gönnt, das man verschenkt. Eine echte Reichweitensteigerung kann man mit einem Aboangebot nur erzielen, wenn man mit dem Gesamtpreis eine psychologische Grenze unterschreitet. Die dann auch das Nutzungsverhalten bestimmt. Bei allem, was mehr als 20 Euro im Monat kostet, denken Konsumentinnen und Konsumenten ständig aktiv darüber nach, wie oft es genutzt werden muss, damit es sich amortisiert.
Interessanterweise startet die Unlimited Card von UCI jetzt auch bei unter 20 Euro.
Ralf Thomsen: Stimmt, aber das ist ja noch recht neu. Wir hatten die Messlatte im Marketing schon vorher niedriger gesetzt. Und damals gab es nur Angebote, die deutlich über 20 Euro lagen. Das zeigt zudem, dass wir unser Angebot genau richtig ausgerichtet haben.
Unterdessen gibt es bei Cinfinity noch einen entscheidenden Faktor, was den Preis anbelangt…
Martin Turowski: Cinfinity umfasst für einen sehr günstigen Preis die normale Standard-Eintrittskarte. Darüber hinaus werden Zuschläge erhoben, wenn es der Film oder das Angebot erfordern, etwa bei Überlänge, für 3D, für VIP-Sitze oder ähnliches. Das auch technisch umzusetzen, hat einiges an Zeit in Anspruch genommen, denn der Grund-Abrechnungspreis wird von Cinfinity an das Kino erstattet, während der Kunde den Zuschlag direkt an das Kino bezahlt – das wiederum beides mit dem Verleih abrechnet. Anders gesagt: Die Preishoheit bleibt beim Kino, die Vertragsparteien bleiben Verleih und Kino. Wir sind nicht Vertragspartner der Verleiher – wollen aber natürlich gerne sehr eng mit ihnen kooperieren, nicht zuletzt, was die auf Basis der Cinfinity-Daten gewonnenen Erkenntnisse anbelangt.
Wer grundsätzlich Zweifel an einem Abomodell anmeldet, zieht gerne MoviePass als Negativbeispiel heran. Was macht Cinfinity anders – und vor allem richtig?
Ralf Thomsen: Die Leute hinter MoviePass hatten die Kinos nicht im Boot. Da kam ein Unternehmen und hat einfach von sich aus den Vollpreis auf Tickets erstattet. Genau das machen wir komplett anders.
Martin Turowski: So ein System kann nicht funktionieren, wenn es nicht partnerschaftlich betrieben wird. Deswegen war es ja auch entscheidend, dass wir alle Stakeholder mitnehmen. Aus Sicht der Branche sind wir ein Umlagemodell: Wir nehmen Abogebühren ein und kehren sie als Eintrittsgelder wieder aus.
Ralf Thomsen: Und dafür kommt jetzt die entscheidende Phase. Wir haben das Vertrauen unserer Partner erhalten. Jetzt geht es darum, in allen Dingen komplett transparent zu sein. Wir werden auch für die Verleihe regelmäßige Reportings erstellen, aus denen hervorgeht, wie viele Cinfinity-User in ihre Filme gegangen sind – und werden ihnen auch noch zusätzlich erzählen, wie viele Begleitpersonen die Abonnenten jeweils mitgebracht haben.
Wo liegt der Abrechnungspreis gegenüber den Partnern?
Ralf Thomsen: Ich sage es einmal so: Um den Preis anbieten zu können, den wir anbieten, sind wir zum Einstieg an die Schmerzgrenze für alle Beteiligten gegangen. Denn natürlich werden die Heavy User die Allerersten sein, die sich das Abo sichern und dann auch entsprechend intensiv nutzen. Mit anderen Worten: Wir werden am Anfang Verluste schreiben, bis sich der Durchschnittsbesuch pro Abonnent auf einem Niveau inpendelt, mit dem das System wirtschaftlich wird, das kann bis zu zwei Jahre dauern. Aber darauf sind wir vorbereitet, wir haben genügend Kapital im Hintergrund. Sobald der Break-Even erreicht ist, werden wir dann auch möglichst schnell den Abrechnungspreis unterjährig anheben.
Martin Turowski: Wir sind dankbar, dass wir durch die Förderungen der FFA und der MOIN Filmförderung einen guten Grundstock erhalten haben. Für die Sicherstellung des Regelbetriebes der nächsten Jahre mussten wir allerdings noch persönlich haftend über 800.000 Euro an Kapital durch Kredite akquirieren. Dadurch haben wir die Möglichkeit, langsam und gesund zu wachsen.
Von welchem Durchschnittsbesuch gehen Sie aus?
Ralf Thomsen: Wir gehen davon aus, dass wir bei etwas mehr als zwei Besuchen pro Nutzer und Monat liegen werden – aber voraussichtlich nicht ganz auf dem Niveau unserer Kollegen von Cineville, wo zuletzt von 2,5 Besuchen die Rede war.
Martin Turowski: Tatsächlich bestätigen deren Erfahrungen unsere Berechnungen, wobei man wissen muss, dass der Heavy-User-Anteil im Arthouse höher ist als im Mainstream. Wir gehen also von einer Durchschnittsnutzung aus, die um etwa 20 Prozent niedriger liegt. Etwa bei 2,1 Besuchen. Perspektivisch wird sie unseren Berechnungen zufolge auf 1,7 sinken.
Beim Start des Nonstop-Kinoabos in Österreich hatte sich gezeigt, dass nicht alle Verleiher für alle ihre Filme den Weg mitgehen wollen. Muss man bei Cinfinity mit einer ähnlichen Situation rechnen?
Martin Turowski: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir mit Aufschlägen arbeiten und somit der individuellen Wertigkeit eines Angebots zusätzlich Rechnung tragen. Darüber hinaus – und das ist der entscheidende Punkt – stehen wir für maximale Transparenz. Das ist wesentlich für die Akzeptanz aller Beteiligten.
Über das Cinfinity-Konzept hatten auch wir uns schon lange vor dem Launch unterhalten. Kommen wir zu dem, was jetzt endlich enthüllt wurde: Die Liste der teilnehmenden Kinos.
Ralf Thomsen: Dazu zunächst ein Punkt, den wir schon eingangs hätten erwähnen können: Denn auch die Aufstellung der finalen Starkonfiguration hat viel Zeit in Anspruch genommen. Wir hatten im Vorfeld des Starts etwa 150 Interessenten in der Datenbank, weswegen wir vor einer ganzen Weile auch schon einmal die recht ambitionierte Zahl von etwa 100 Startkinos in den Raum gestellt hatten.
Martin Turowski: Das wäre im Prinzip auch möglich gewesen, aber wir haben die Standorte tatsächlich handverlesen und dabei nicht zuletzt einen wichtigen Aspekt beachtet: Wir wollen zeigen, dass das System funktioniert. Aber nicht über einen Pull-Push-Effekt zwischen verschiedenen Häusern, sondern über die Generierung größerer Reichweite. Dementsprechend wollten wir es zumindest auf Ebene von Einzelbetreibern vermeiden, einem nicht teilnehmenden Haus einen Cinfinity-Konkurrenten vor die Nase zu setzen. Wir wollten keinen Unfrieden stiften. Deswegen gibt es einige Orte, bei denen wir lieber abwarten, ob sich ein bestimmtes Haus noch anschließt, bevor wir einem dortigen Interessenten grünes Licht geben.
Ralf Thomsen: Das auszutarieren war wirklich eine schwierige Aufgabe, die uns viele Nächte gekostet hat. Umso glücklicher bin ich jetzt über unsere Aufstellung mit gut 60 Kinos und über 200 Leinwänden – und einer wirklich tollen Truppe an Kolleginnen und Kollegen, die mit uns gemeinsam auf den heutigen Tag hingefiebert haben.
Warum gab es keinen Vorverkauf?
Martin Turowski: Wir wollten nicht, dass die Leute ein Abo kaufen und dann darauf warten müssen, dass sie es auch nutzen können. Das funktioniert vielleicht bei Heavy Usern, aber wir wollen ja vor allem jene Konsumenten ansprechen, die selten oder überhaupt nicht ins Kino gehen.
Wie beugen Sie einem Missbrauch des Abos vor?
Ralf Thomsen: Damit sind wir bei einem meiner Lieblingsthemen angelangt. Denn das ist ein Punkt, der uns naturgemäß sehr intensiv beschäftigt hat, für den wir aber auch wirklich umfassende Lösungen gefunden haben. Selbstverständlich wird für den Scanvorgang auf dem Smartphone-Display neben dem QR-Code auch ein sich bewegendes Profilbild angezeigt, das sich nur alle 90 Tage ändern lässt. Screenshots der Tickets sind damit nicht möglich. Gleichzeitig ist die App mit der Geräte-ID gekoppelt – und der Account lässt sich wiederum nur alle 90 Tage von einem Gerät zu einem anderen wechseln. Die Login-Daten weiterzugeben, bringt also gar nichts.
Martin Turowski: Was wir natürlich ebenso vermeiden wollen, sind No-Shows. Jeder Abonnent kann im Vorhinein maximal drei Buchungen vornehmen – und damit dieses Kontingent behalten wird, müssen die Besuche auch via Scan verifiziert werden, ansonsten schrumpft die Zahl der möglichen Buchungen. Bis hin zum Extremfall, in dem dann unser Support kontaktiert werden müsste.
Cinfinity soll nicht zuletzt einem Community-Gedanken Rechnung tragen. Wie geschieht das?
Ralf Thomsen: Schon in der ersten Version der App ist die Verknüpfung von Accounts möglich, mittels derer gemeinsame Besuche von Cinfinity-Nutzern ganz einfach geplant und gebucht werden können.
Martin Turowski: Und natürlich können direkt über die App auch Tickets für normal bezahlende Begleitpersonen gebucht werden. Das geschieht innerhalb ein und desselben Vorgangs wie die Buchung für das Abo-Ticket. Das ist ein wichtiges Feature, schließlich besagen Studien, dass 88 Prozent der Menschen nicht allein ins Kino gehen. Ein ganz wesentlicher Punkt, wenn wir von einer „Community“ sprechen, ist zudem: Wir wollen mit Cinfinity ganze Gruppen erreichen, beispielsweise also Unternehmen, die das Abo als Incentive an ihre Mitarbeitenden weitergeben. Dazu stehen wir bereits in Gesprächen, das ist ein extrem spannendes Feld, um auch bislang Kinoabstinente zu aktivieren.
Steckt hinter Cinfinity auch ein Empfehlungsalgorithmus?
Ralf Thomsen: Zunächst einmal ist es so, dass wir weniger den einzelnen Film, als vielmehr die Kinos als Ort pushen wollen. Wer die App das erste Mal öffnet, dem werden die Häuser in der Umgebung, gestaffelt nach Entfernung, angezeigt. Nach der Wahl eines oder mehrerer Lieblingskinos werden dann deren Spielpläne auf der Startseite ausgespielt, über die man direkt zu den jeweiligen Buchungsseiten gelangt. Natürlich verfügt die App über einen Ticketalarm, den man sich für spezifische Filme setzen kann. Dieser orientiert sich dann aber auch nur an der Verfügbarkeit von Tickets in den vorab ausgewählten Häusern.
Martin Turowski: Darüber hinaus wird es auch KI-gestützte Empfehlungen geben, wir arbeiten dafür mit den Spezialisten von Cinuru Research zusammen. Das grundlegende System ist schon implementiert, aber wir wollen nicht gleich damit anfangen, Nutzern Filme um die Ohren zu hauen, weil sie ein oder zwei Mal im Kino waren. Sondern wir wollen erst ein wenig mehr über sie erfahren. Zumal wir auch noch ein Filmbewertungstool aufsetzen, mittels dessen man noch konkreter etwas über Vorlieben erfahren kann als über den reinen Besuch.
Ralf Thomsen: Wobei die Cinfinity-App mit Blick auf die Erstellung von Nutzerprofilen ohnehin eine kleine Revolution darstellt. Denn bei nicht personalisierten Systemen generieren sich Profile anhand aller darüber gekauften Tickets, also auch jener, die für Kinder, Partner oder Freunde erworben werden. Bei unserem System zählt für das Profil tatsächlich nur das, was der User für sich selbst kauft. Gleichzeitig können wir aber auch genau nachvollziehen, was er an Begleitung mitbringt.
Martin Turowski: Das ist hochinteressant für Verleiher und andere Partner. Wir generieren direkt im System Daten, wie sie bislang nur über Umfragen zu gewinnen waren.
Wo liegen nun die Erwartungen an die ersten Cinfinity-Monate?
Martin Turowski: Das ist gar nicht so leicht zu quantifizieren. Zum einen, weil wir bewusst ohne Vorverkauf an den Start gegangen sind. Zum anderen, weil wir davon ausgehen, schon relativ bald weitere Kinos an Bord holen zu können. Ich sage es einmal so: Unsere Erwartung ist, dass die Anzahl der Besuche in den teilnehmenden Kinos schon bald um etwa zehn Prozent steigt.
Ralf Thomsen: Wir greifen nicht nach den Sternen und wollen auch keine unrealistischen Zielvorgaben machen. Aber selbstverständlich sind wir angetreten, um nachhaltig positive Effekte auf den Gesamtbesuch zu erzielen. Um das abschließend noch einmal zu betonen: Cinfinity ist zuallererst ein Angebot an die Menschen, das Kino wieder für sich zu entdecken.
Martin Turowski: Und deswegen bewerben wir nicht den einzelnen Film, sondern den Ort als solchen. Im Grunde machen wir eine Branchenkampagne. Hinter der aber viel mehr steckt als nur ein Aktionswochenende…
Das Gespräch führte Marc Mensch