SmHJHX

Am Freitag, den 25.10. werden wir ab 15.00 Uhr bis ca. 18 Uhr umfangreiche technische Wartungsarbeiten durchführen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

Von Klischees und Achterbahnfahrten

Eine dynamische und innovative Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu fördern, ist zentrale Aufgabe der Deutsch-Französischen Filmakademie. Ein wichtiges Instrument dafür ist das Deutsch-Französische Filmtreffen. Bei dem auch in diesem Jahr der Nachwuchs ganz besonders im Fokus stand – und das sich als Füllhorn an Diskussionsanreizen zeigte.

OA e x
Ermöglicherinnen des Deutsch-Französischen Filmtreffens: Daniela Elstner (UniFrance), Kirsten Niehuus (Medienboard) und Simone Baumann (German Films) (Credit: Robert Recker)

Zugegeben. Das ist nun wirklich keine „Breaking News“: Frankreich ist einer der wichtigsten Partner Deutschlands. Auch und gerade im Bereich der Koproduktionen für Filme und Serien. Dennoch schadet es nicht, hin und wieder konkret zu illustrieren, wie eng diese Partnerschaft ist. Etwa mit dem Verweis auf eine Studie der Europäischen audiovisuellen Informationsstelle zu Trends bei Europäischen High-End-TV-Serien. 

Die zwar vorrangig dadurch auffällt, dass sie das (vorläufige?) Ende eines Booms in den Blick rückt: Zuletzt weniger Produktionen und vor allem im Schnitt weniger (und darüber hinaus kürzere) Staffelfolgen. Die aber nichtsdestotrotz auch zeigt: Zwischen 2015 und 2023 (erfasst wird anhand des Zeitpunkts einer Veröffentlichung, nicht des Produktionszeitraums) war Frankreich in diesem Segment mit 36 Koproduktionen der mit Abstand wichtigste Partner Deutschlands (die Nummer 2 ist laut dieser Erhebung tatsächlich Schweden); „Allemagne“ wiederum war – nach Großbritannien – der zweitwichtigste Partner Frankreichs.

Die Gründe für diese enge Partnerschaft sind natürlich mannigfaltig, am Rande des Deutsch-Französischen Filmtreffens wurden einzelne Faktoren aber immer wieder in den Mittelpunkt gerückt – darunter natürlich vor allem die (gastgebende) Deutsch-Französische Filmakademie, 1999 von Gerhard Schröder und Jacques Chirac initiiert und im Juni 2000 konstituiert.

OA e x
Deutsch-Französische „Gastgeberfamilie“ (Credit: Robert Recker)

Eine Institution, auf die zahlreiche wichtige Initiativen zurückgehen: Die Förderung nach dem Deutsch-Französischen Abkommen in Form der „Mini-Traité“-Förderung, die von der FFA gemeinsam mit dem französischen Centre National de la Cinématographie (CNC) durchgeführt wird. Das Atelier Ludwigsburg-Paris als einjährige Masterclass für den Nachwuchs in den Bereichen Produktion und Verleih. Und nicht zuletzt unter anderem auch das 2003 aus der Taufe gehobene Deutsch-Französische Filmtreffen. Ein in wechselnden Städten der beiden Nationen angesiedelter Ort des Austauschs, des Netzwerkens, der Diskussion und Information.

Davon gab es bei der diesjährigen Ausgabe in Berlin immens viel, tatsächlich ließ der dicht getaktete Ablauf an den beiden Tagen nur wenig Zeit zum Durchschnaufen. Was einen guten Grund hatte: Es sind aufregende Zeiten – im positiven wie negativen Sinn. Tatsächlich hätte man sich kaum ein passenderes Intro für die beiden Tage vorstellen können, als den wilden Ritt, den AC Coppens zu Beginn durch diverse Fragestellungen antrat, die mit im Zentrum des Austauschs stehen würden: Was bedeutet Unabhängigkeit im Angesicht der Abhängigkeit von öffentlichen Geldern? Wie positioniert sich eine Industrie als „sexy“, der (wie auch anderen Branchen) Sexismus und Machtmissbrauch leider alles andere als fremd sind? Wie gelingt die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und kulturellem Anspruch? Wie geht man mit globalen Plattformen um, die alles und jeden zu überbieten in der Lage sind? Wie positioniert man sich zum Thema KI – und wie zur (absehbaren) Flut an User Generated Content? Wie sieht das Ganze rechtlich überhaupt aus? Wie wird man als deutsches Produktionsunternehmen angesichts der Unsicherheiten bei der Förderung auf Bundesebene nicht verrückt? Undundund…

AC Coppens‘ Rat: Durchatmen. Durchatmen, sich der eigenen Stärken bewusstwerden, Chancen identifizieren. Und daran denken, was der Markt braucht: Junge, starke Stimmen und Themen; neue, großartige Geschichten.

Die auch und gerade aus der grenzübergreifenden Zusammenarbeit entstehen können und sollen; nicht umsonst zählten Absolventinnen und Absolventen sowie Alumni des Atelier Ludwigsburg-Paris zu den wichtigsten Gästen an diesen beiden Tagen. Und nicht umsonst sehen sowohl German Films als auch UniFrance (wo man laut Geschäftsführerin Daniela Elstner übrigens nun ebenfalls der Plattform X den Rücken kehrt – gute Entscheidung!) eine ihrer wichtigsten Aufgaben darin, den jungen kreativen Nachwuchs zu fördern, ihn bei Publikum wie Branche gleichermaßen bekannt zu machen.

OA e x
Furioser Einstieg: AC Coppens ging in einer halbstündigen Tour de Force durch aktuelle Fragestellungen (Credit: Robert Recker)

Alles nur eitel Sonnenschein in der Zwei-Länder-Beziehung? Nein, natürlich nicht. An manchen Punkten ist durchaus Luft nach oben – und das lässt sich ironischerweise gerade auch an einem Erfolgsprojekt wie „Tandem – In welcher Sprache träumst Du?“ festmachen. Einem Film, zu dem eine interessante (und höchst unterhaltsame) Case Study präsentiert wurde – und der seine Entstehung tatsächlich auch dem Deutsch-Französischen Filmtreffen vor fünf Jahren verdankt, bei dem Marie-Ange Luciano von Les Films de Pierre mit Roman Paul von Razor Films zu dem damals noch im Frühstadium befindlichen Drehbuch ins Gespräch kam. 

Ein Film, bei dem sich (wieder einmal) zeigte, dass der DFFF keine reibungslose Wechselwirkung mit französischen Förderinstrumenten entfaltet (konkret ging es um die Höhe der in Deutschland zu verortenden Produktionsausgaben, letztlich musste man sich gegen DFFF-Förderung entscheiden) – und dass eine „Mini-Traité“-Förderung schon auch mal überraschend abgelehnt werden kann (zuerst mehrheitlich, nach Änderungen am Drehbuch dann sogar einstimmig, wie Roman Paul und Gerhard Meixner augenzwinkernd schilderten). Stein des Anstoßes seien nicht zuletzt als unerwünschte Klischees empfundene Charakterzeichnungen gewesen. Am Ende holte man Belgien mit ins Boot (und sicherte sich damit dann auch wieder den Zugang zu Eurimages-Förderung), reduzierte die deutsche Drehzeit, um mehr Anreizförderung aus Frankreich zu bekommen – und durfte sich über Grand-Accord-Förderung von ARTE freuen. Und ein tolles Werk.

OA e x
Nicht zuletzt dem Nachwuchs wurde eine Bühne geboten (Credit: Robert Recker)

Apropos „Mini-Traité“: Nicht dass eine entsprechende Forderung auf der Bühne zur Sprache gekommen wäre. Aber festzustellen ist doch, dass das Budget seit 2001 (je 1,5 Mio. aus Deutschland und Frankreich) nahezu unverändert ist – nur 2015 wurde das Instrument um 200.000 Euro für die Entwicklungsförderung aufgestockt…

Auch wenn man sich womöglich zumindest einen Inflationsausgleich wünschen würde – die „Mini-Traité“ ist keine Selbstverständlichkeit. Und selbst Dinge, die man bei unseren Nachbarn für eine solche hätte halten wollen, sind es nicht. Zumindest nicht mehr. Julia Schulte von France TV Distribution konnte aber nicht nur von einer „Achterbahnfahrt“ berichten – und realistisch einordnen, was aus dem Wunschtraum wurde, lokale Produktionen über Streamer an einen Weltmarkt zu bringen. Sondern auch über neue Chancen sprechen. 

Darunter auch solche, die mitunter einen Anschubs durch die Politik benötigen: Denn nicht zuletzt für Befürworter einer Investitionsverpflichtung war das Deutsch-Französische Filmtreffen ein echter Wohlfühltermin, gerade auch dank des exklusiven Ausblicks, den CNC-CEO Olivier Henrard auf Ergebnisse einer Evaluierungsstudie zum französischen Modell geben konnte, die am 26. November vorgestellt wird.

OA e x
Nahm vor Ort an der Diskussion teil: SPOT-Chefredakteur Marc Mensch (Credit: Robert Recker)

Träumen musste man beim Deutsch-Französischen Filmtreffen jedenfalls in keiner Sprache von wertvollen Insights. Denn die gab es in realiter zuhauf – und gerade die Case Study zu „Tandem“ wurde bei der Kurzvorstellung des kreativen Nachwuchses von einer Teilnehmerin als besonders detailreicher Einblick hervorgehoben. Ihr Vorredner wiederum stellte als aktueller Absolvent des Atelier fest, dass ihm die dortige Fortbildung in einem Jahr mehr gebracht habe, als vier Jahre auf einer regulären Filmhochschule. Denn der Lerneffekt im Austausch zweier Länder mit durchaus unterschiedlichen Herangehensweisen an die Ausbildung sei immens.

Junge Menschen, die auch etwas im Herzen tragen, das den aktuellen Präsidenten der Deutsch-Französischen Filmakademie geprägt hat – der wiederum sein Herz auf der Zunge trug, als er die Medaille de Chevalier des Arts et des Lettres verliehen bekam: Glückwunsch, lieber Fabian Gasmia!

Und letztlich ist, so das Fazit des Filmtreffens, dieser Austausch; diese Bereitschaft voneinander zu lernen und immer offen für Neues (auch KI…) zu sein, ein zentraler Schlüssel, um all jene Frage, die AC Coppens in den Raum gestellt hatte, mit Blick in die Zukunft positiv beantworten zu können. Wobei, das sei zum Abschluss gesagt, ein stabiles, funktionierendes und verlässliches deutsches Fördersystem nun auch kein Fehler wäre. Bonne chance!