Mit dem Endspiel zwischen Spanien und England ist gestern Abend die Fußball-EM in Deutschland zu Ende gegangen. SPOT media & film blickt zurück auf das Endspiel und die vierte Turnierwoche auf und neben dem Platz.
Mit einem 2:1-Sieg gegen England holte sich Spanien gestern verdientermaßen den EM-Titel. Dabei stellten die Iberer zahlreiche Rekorde auf: erstmals gelang es einem Team, alle sieben Spiele des Turniers zu gewinnen, mit insgesamt vier Titeln sind sie jetzt Rekord-Europameister und mit Lamine Yamal haben sie den jüngsten Europameister aller Zeiten in ihren Reihen. Yamal, der zuvor schon zum jüngsten EM-Spieler und jüngsten EM-Torschützen aller Zeiten avanciert war, hatte am Tag vor dem Finale seinen 17. Geburtstag gefeiert.
Für die Three Lions heißt es hingegen weiter warten auf den ersten internationalen Titel seit 1966.
Das Erste konnte sich am Finaltag ebenfalls über einen Rekord freuen: die gut 21,6 Mio. Zuschauer, die das Spiel dort verfolgten, bedeuteten einen Bestwert für das gesamte Turnier für ein Spiel ohne deutsche Beteiligung.
„Aus der Traum“, hieß es dagegen für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft schon im Viertelfinale mit einer 1:2-Niederlage gegen den späteren Titelträger. Und ehrlich gesagt – auch am Tag danach saß der Schock über das unglückliche Ausscheiden bei mir noch tief – und ich denke, so wird es vielen der mehr als 26 Mio. Zuschauer gegangen sein, die das Spiel vor den Bildschirmen verfolgt haben und den Abertausenden in den Fanzonen, Biergärten und Kneipen. Zu bitter war der späte Nackenschlag durch das Kopfballtor von Mikel Merino kurz vor Ende der Verlängerung, in der die Nagelsmänner dem Sieg eigentlich näher waren als die Spanier, von denen zumindest ich das Gefühl hatte, sie wollten sich eigentlich nur noch ins Elfmeterschießen retten.
Doch vorbei ist vorbei – da half auch kein Lamentieren über den nicht gegebenen Elfmeter nach einem offensichtlichen, aber in den Augen von Schiedsrichter Anthony Taylor nicht strafbaren Handspiel im Strafraum des Spaniers Marc Cucurella in der 106. Spielminute. Dass sich der Schiedsrichter die Szene nicht einmal auf dem Bildschirm angeschaut hat, um seine Entscheidung ggf. noch einmal zu überdenken, hat nicht nur bei mir, sondern auch bei vielen anderen beim Public Viewing im Fürstenfeldbrucker Scala-Kino für Unverständnis gesorgt; die Erklärung von ARD-Schiedsrichterexpertin Bibiana Steinhaus-Webb brachte da auch nicht mehr Licht ins Dunkel. Auf der Plattform change.org wurde sogar eine Petition initiiert, in der eine Spielwiederholung gefordert wurde.
Allerdings muss man auch sagen, dass Toni Kroos durchaus mit der Gelb-Roten-Karte vom Platz hätte gehen können, vielleicht sogar müssen. Aber auch da hat der Schiedsrichter, der wohl nicht seinen allerbesten Tag hatte, einige Augen zugedrückt – auch wenn ihm sonst die Gelben Karten doch recht locker saßen.
Festzuhalten bleibt: die deutsche Mannschaft konnte erhobenen Hauptes aus diesem Turnier gehen. Wer hätte noch vor wenigen Monaten gedacht, dass sie in vier Spielen so gute Leistungen bringen wird.
Die Stimmung im Land bekam durch das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft natürlich einen Knacks und derartige Topquoten im Fernsehen wie bei den Spielen mit deutscher Beteiligung gab es auch nicht mehr. Aber mit den Niederländern und den Türken waren im Viertelfinale ja zumindest noch zwei Teams im Turnier, deren Fans bis dato immer für gute Stimmung gesorgt haben – in und außerhalb der Stadien.
Diesbezüglich nur schade, dass beide Mannschaften schon im Viertelfinale aufeinander trafen, wo sich letztlich die Elftal durchsetzen konnte und erstmal seit 20 Jahren wieder ins Halbfinale einer Europameisterschaft einzog.. Deren Fans zeigten bereits vor dem Spiel im Berliner Olympiastadion gewohnt ausgelassen und verbreiteten dann auch – gerade, nachdem ihre Mannschaft einen 0:1-Rückstand in ein 2:1 gedreht hatte – im Stadion beste Stimmung.
Doch zu Spielbeginn war das Stadion noch fest in der Hand der geschätzt 30.000 türkischen Fans, die jedoch im Spielverlauf immer ruhiger wurden. Ein Fanmarsch zum Olympiastadion musste von der Polizei zunächst mehrfach gestoppt und dann schließlich abgebrochen werden, nachdem von einigen der Fans erneut der Wolfsgruß, Symbol für die rechtsextreme türkische Partei Graue Wölfe, gezeigt wurde.
Für RTL sorgte das Spiel mit jeweils mehr als zehn Mio. Zuschauern in beiden Halbzeiten zum Abschluss der EM-Übertragungen für neue Bestwerte.
Zuvor hatten sich die Engländer im 100. Spiel ihres Trainers Gareth Southgate ausgerechnet durch einen Sieg im Elfmeterschießen gegen die Schweiz ebenfalls fürs Halbfinale qualifiziert. 30.000 Engländer im Düsseldorfer Stadion, darunter Prinz William, mussten sich aus dem Schweizer Fanblock Sprüche wie „God save the Cheese“ gefallen lassen, hatten das lachende Ende dann aber für sich.
Das – letztlich für seine Mannschaft erfolgreiche – Halbfinale gegen Frankreich wurde für den Spanier Marc Cucurella, der im Viertelfinale gegen Deutschland in der 106. Minute das nicht geahndete Handspiel begangen hatte, zum Spießrutenlaufen. Bei jedem seiner Ballkontakte gab es in der Münchner Arena ein gellendes Pfeifkonzert. Ein Unding, wie ich als langjähriger Fußballfan finde, das sich beim Finale in Berlin wiederholte. Schließlich war es der Schiedsrichter, der das Handspiel nicht geahndet hat…
Historisches gab es in diesem Spiel auch zu bestaunen – und das im wahrsten Sinne des Wortes: der Spanier Lamine Yamal, der am Samstag vor dem Finale seinen 17. Geburtstag feierte, avancierte mit seinem Traumtor zum zwischenzeitlichen 1:1 zum jüngsten Torschützen der EM-Geschichte, nachdem er sich zuvor schon den „Titel“ des jüngsten Spielers der EM-Geschichte gesichert hatte.
Und noch ein „schräger“ Fakt zum Spiel: das zwischenzeitliche 1:0 für Frankreich war das erste eigene Tor der Equipe Tricolore aus dem Spiel heraus; bis dato hatte die Truppe von Didier Deschamps nur einen Elfmeter und zwei Eigentore der Gegner auf dem Konto gehabt.
FAZIT
Stand die WM 2006 noch unter dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“, kann man bei der gestern zu Ende gegangenen EM durchaus sagen, dass „Europa zu Gast bei Freunden“ war; es war durchaus ein Sommermärchen 2.0. Natürlich spielte auch das Wetter mit – von wenigen Ausnahmen wie dem Viertelfinalspiel der deutschen Mannschaft in Dortmund gegen Dänemark, das wegen Regens für gut 20 Minuten unterbrochen werden musste, nachdem zuvor bereits die Fanzone im Westfalenpark unweit des Stadions hatte geräumt werden müssen.
Die Fans waren in bester Partystimmung – allen voran natürlich die Niederländer mit ihrem Links-Rechts-Tanz -, die Fanzonen platzten aus allen Nähten, obwohl sie – wie in München um das Olympiastadion – sogar noch erweitert wurden, und größere Scharmützel unter den Fangruppen blieben aus.
Wer kein Ticket fürs Stadion ergattern oder keinen Platz in Fanzonen, Biergärten und Kneipen fand, machte es sich daheim auf der Couch vor dem Fernseher oder mit Laptop auf dem Schoss bequem. Und so konnten das Erste und das ZDF am Ende des Turniers dann auch sehr zufrieden Bilanz ziehen.