Österreichs Filmwirtschaft ist nicht nur vital, sondern auch vielseitig. Der Bereich Animation gehört längst neben der klassischen Filmproduktion zum Geschäft. Und er floriert, wie arx anima beweist: Vom reinen Servicedienstleister arbeitete sich das Studio als Pionier zum majoritären Produzenten.
Österreich kann nicht nur wunderbare Spiel- und Dokumentarfilme, sondern längst auch erstklassige Animation. Zu den bekanntesten Spezialisten auf diesem Gebiet zählt arx anima. Kinohits aus jüngerer Vergangenheit, bei denen sie mitarbeiteten, umfassen „Die Häschenschule – Der große Eierklau“ (Teil 3 ist gerade in Entwicklung), „Die Heinzels“ (Teil zwei mit Untertitel „Neue Mützen, neue Mission“ kommt an Weihnachten in die Kinos) oder „Der kleine Rabe Socke – Suche nach dem verlorenen Schatz“.
Alles Produktionen der Hamburger Kollegen von Akkord Film um Dirk Beinhold. Mittlerweile fungiert arx anima nicht mehr nur als Service-Dienstleister oder minoritärer Koproduzent, sondern auch als federführender Produzent von großen Kinoabenteuern, wie aktuell etwa „Monster Mia“, der mit den Schwesterniederlassungen in Deutschland sowie dem M.A.R.K.13-Label Peng! Boom! Tschak! Films entsteht (Regie: Verena Fels, Rene Weinber; Drehbuch: Katharina Reschke, Jasmina Kallay) und 2025 fertiggestellt sein soll, oder einer „Geschichten vom Franz“-Serie zusammen mit Geyrhalter Film, die bereits die beiden Kinospielfilme produzierten. Doch zurück auf Anfang… denn bis arx anima große Kinoprojekte selbst produzieren konnte, dauerte es ein Weilchen…
Das Studio ist seit 2011 am Markt, die GmbH seit 2014 und gegründet von Dunja Bernatzky und Kris Staber, die beide nach wie vor im Lead sind, Bernatzky als CEO und Head of IP, Staber als COO. „Das Thema Animation hat Kris und mich damals zusammengebracht. Er ist Animator, ich gelernte Schauspielerin. Beide Berufsfelder sind eng verbunden und basieren auf vielen gleichen Grundlagen: Der Animator ist quasi der Puppenspieler und als Schauspieler schlüpfst du quasi in die Puppe und spielst sie direkt. Viele der grundlegenden historischen Werke sind die gleichen und man bedient sich der gleichen Konzepte“, so Bernatzky. Staber arbeitete damals in England und war der Überzeugung, dass man den Bereich Animation doch auch in einem von so hoher Lebensqualität gekennzeichneten Land wie Österreich erfolgreich aufbauen kann. Gesagt, getan. So gründete das Duo arx anima, mit Sitz in der im fünften Bezirk liegenden Wehrgasse in Wien. Gestartet ist das Studio zunächst mit kleineren Arbeiten, reiner Servicework im Bereich Game-Trailer für Outfit7, dem Hersteller Charakter-basierter Apps. Outfit7 fühlte sich bestens aufgehoben bei arx anima, die ihre Arbeiten stets on time & budget zuverlässig ablieferten, „außerdem sind wir nicht zwider“, scherzt Bernatzky.
Das Motto von arx anima: Mutig sein, ins Risiko gehen, sein Bestes geben.
Schnell wurde es mehr. Für Disney Records erstellte arx anima mit den Figuren von Outfit7 das YouTube-Musikvideo „You Get Me“, das millionenfach abgerufen wurde, dann zogen sie den ganz „dicken Fisch“ an Land: „Outfit7 fragte uns, ob wir uns auch eine Animationsserie zutrauen würden. Vollmundig sagten wir ‚Ja‘! Kaum hatten wir den Hörer aufgelegt, bekamen wir doch etwas Bammel…“, erinnert sich Bernatzky. Es handelte sich um „Talking Tom & Friends“ und es ging um 52 Folgen à 11 Minuten. „Unser Maximum an animierten Minuten waren bis dahin 2 Minuten 30. Jetzt galt es, ein Volumen von acht Kinofilmen in einem Jahr zu stemmen.“ Bernatzky und Staber sind nicht die Art Menschen, die den Kopf in den Sand steckt, wenn es eine Herausforderung zu meistern gilt. Ihr Motto ist: Mutig sein, ins Risiko gehen, sein Bestes geben. Es hat geklappt. Denn aus einer Staffel wurden drei, die arx anima vier Jahre lang beschäftig hielt. „Wir haben uns rangetastet. Bei den ersten zwei Staffeln haben wir von 9 Produktionsschritten 2 outgesourct, nach Asien, wo wir 12 Studios ausprobierten. Bei der ersten Season bei zwei Drittel der Episoden, bei der zweiten Staffel ein Drittel der Episoden und bei der dritten Staffel entstanden 9 von 9 Produktionsschritten dann komplett inhouse, blieben trotzdem im Zeit- und Budgetrahmen.“ Der Grund dafür: „Wir sind super technisch zu Werke gegangen“, erzählt Bernatzky. Die Workflows wurden technisch so optimiert, dass der Audi-Claim „Vorsprung durch Technik“ auch von arx anima stammen könnte. „Kris liebt es, Prozesse zu optimieren. Bei der Arbeit an ‚Talking Tom‘ hat sich seine Obsession positiv niedergeschlagen. „Wir durften viel lernen, weil wir alle Schritte, vom Script bis hin zur Fertigstellung inhouse durchlaufen sind“, so Bernatzky. Der Schritt zum Animationsfilm lag nahe. „Die Abläufe bei einem Feature Film funktionieren ähnlich. Man hat die gleichen Departments bzw Produktionsschritte, lediglich ein bisschen anders verschränkt. Durch die Serie haben wir die nötigen Einblicke in Produktionsabläufe erhalten und konnten bei über hundert Episoden nach jeder Episode optimieren und Prozesse anpassen“, sagt Bernatzky. Die Chance, in den Kinofilmbereich einzusteigen, erhielten sie schließlich von der deutschen Akkord Film mit Servicework bei „Die Heinzels“ und „Der kleine Rabe Socke 3“. Doch bei Servicework blieb es natürlich nicht. Wieder waren es die Akkord-Kollegen, die ihnen die Chance gaben, einen Koproduktions-Credit zu bekommen: Mit „Die Häschenschule 2“ war es dann so weit. „Das war definitiv ein weiterer Meilenstein für uns“, so Bernatzky. Ein großes Anliegen war dem arx-anima-Duo, für die österreichische Kinoauswertung eine österreichische Sprachfassung zu erstellen.
Diese sei nicht geplant gewesen, auf die Anregung der Wiener Kollegen dann aber umgesetzt worden. „Dialekt bzw. die österreichische Sprache ist Kulturgut und sollte bei Kindern und Jugendlichen lebendig gehalten werden. In Österreich gab es zuletzt Mitte der Neunziger bei ‚Ein Schweinchen namens Babe‘ eine österreichische Sprachfassung, sogar innerhalb der Story mit verschiedenen Dialekten“, erzählt die Produzentin. Beim Österreich-Release von „Die Häschenschule 2“ schnitt dann tatsächlich auch die österreichische Sprachfassung etwas besser ab als die deutsche. Insgesamt konnte sich das Abenteuer zum nach Besuchen erfolgreichsten österreichischen Film 2022 entwickeln. Das Angebot einer österreichischen Dialektfassung hat sich arx anima seither auf die Fahnen geschrieben. Derzeit ist die für „Die Heinzels 2“ in Finalisierung mit prominenten Sprechern wie Michael Ostrowski, Paul Pizzera und Hilde Dalik. Insgesamt sind die Zeiträume in der Animationsfilmproduktion wesentlich länger als beim Realfilm. Jedes Projekt ist unterschiedlich, in der Regel sitzt man mit mehreren Partnern in einem Boot. Allein die Produktion bzw. der „Dreh“ schluckt zwei Jahre, die Finanzierung, wenn sie sehr schnell geht, beginnt bei 1,5 Jahren aufwärts. „Im Gegensatz zum Realfilm, die die Sprinter sind, sind wir die Marathonläufer“, sagt Bernatzky. „Ein Animationsprojekt in Koproduktion ist wie eine Partnerschaft, man heiratet mit einem vorgefertigten Scheidungsdatum.“ Nach den jahrelang gesammelten Erfahrungen wagte arx anima schließlich den Schritt in die majoritäre Verantwortung eines Projekts. „Unser Anliegen ist es, auch IPs selber voranzutreiben und zu entwickeln und Filme zu machen… Das Projekt, mit dem die Schmiede diesen Schritt wagte, ist schon sehr lange in Entwicklung, genauer gesagt seit zehn Jahren.“ „Monster Mia“ heißt der Stoff. Dabei handelt es sich um eine Adaption einer britischen Buchreihe und handelt von einem kleinen Monster-Mädchen, das in der gruseligen Finsterwald-Akademie zur Schule geht und dort mit ihren Monsterfreunden allerhand Abenteuer erlebt. „Das war eine wilde Reise, die immer noch andauert. Kinostart soll zu Halloween 2026 sein“, sagt die arx-anima-Chefin. Die größte Herausforderung sei gewesen, das Projekt aus Österreich heraus zu stemmen. Um das Budget zusammenzubekommen, stellten man es als paneuropäische (fast Eigen-)Produktion auf, indem arx anima Schwesterunternehmen in Deutschland gründete. „Viele Köche verderben den Brei. In einem Koproduktionsgefüge gibt es immer Reibflächen. Dabei geht so viel Kapazität, Geld und Zeit verloren. Hat man alles unter einem Mantel, fällt ganz viel von dieser Reibfläche weg und man spart vor allem Geld, das man lieber in die Qualität der Bilder steckt.“
„Nach 13 Jahren am Markt ist arx anima definitiv angekommen.“
Dunja Bernatzky
In Madrid wurde daraufhin arx aniMAD gegründet, die wiederum für die Produktion von „Monster Mia“ ein Joint Venture mit Lightbox einging (arxLight), und in Frankfurt arx anima Hessen. Mit der Stuttgarter Peng! Boom! Tschak! Films und Mideu in Leipzig waren noch zwei weitere deutsche Koproduzenten an Bord. „Alles stand auf ‚Go!‘, das Projekt war durchfinanziert, wir waren kurz vor Storyboard-Start, als Mideu entschloss, aus Animation auszusteigen und dadurch die ganze Produktion ins Wanken brachte“, erinnert sich Bernatzky. Doch auch hier: Kopf in den Sand stecken, war keine Option. Kurzerhand gründeten Bernatzky und Staber einen Ableger im MDM-Land, die arx anima MD, um die Fördermittel der MDM und das Team nicht zu verlieren. Dadurch konnte „Monster Mia“ in Produktion geschickt werden, gearbeitet wird aktuell an Asset (Sets Props Characters) und Layout. Das Storyboard ist gerade fertiggeworden. Für die Standorte in Hessen und Mitteldeutschland sollen nach „Monster Mia“ auf alle Fälle Anschlussprojekte gefunden werden. „Wir haben dort einfach sehr gute Erfahrungen gemacht und die Talente vor Ort sind wirklich herausragend. Unser Ziel ist es, diese Schwesterstudios auszubauen und somit auf stabile Beine zu stellen“, so Dunja Bernatzky. Projekte habe man bereits im Kopf. Für die Wiener geht es nach Abschluss von „Monster Mia“ weiter mit „Pirat Moses“ und „Die Häschenschule 3“, in gewohnter Konstellation mit Akkord Film. Die Finanzierung hat bereits begonnen. Insgesamt spüren die Animationsprofis aus Österreich seit Einführung des neuen Anreizmodells vor eineinhalb Jahren größeres Interesse am heimischen Filmmarkt. Kris Staber sitzt in vielen Ausschüssen, um die Fahne für die Sparte Animation hochzuhalten.
Denn im Bereich Animation ist arx anima durchaus Vorreiter in Österreich. „Es gab ja lange überhaupt keine Animation made in Austria. Das haben wir mit aufgebaut. Dabei war und ist der transparente Austausch mit den Förderinstitutionen wichtig“, sagt Bernatzky. „Wir haben doch markante Unterschiede zum Realfilm. Animation rennt anders und hat andere Anforderungen. Das musste den Förderer auch erst näher gebracht werden. „Nach 13 Jahren am Markt ist arx anima definitv angekommen. Mit vier Units – Features & Series, VFX, Special Format und IP Department – und über 20 Mitarbeitenden steht das Wiener Mutterschiff gut da. Herausforderungen wird es immer geben, wie eben die stabile und zuverlässige Finanzierung bestimmter Budgetgrößen oder die schwierige Phase Post-Covid“, schließt Bernatzky. Mut und eine gehörige Portion Leidenschaft gehören eben zum Business. Beides gibt es im Wiener Animations-Wonderland.
Barbara Schuster