Mit einfachen und effektiven Mitteln realisiertes Roadmovie über einen Vater, der seine Kinder nach einer drohenden Zwangsvollstreckung auf eine Reise durch die USA mitnimmt.

FAST FACTS:
• Nächste großartige Hauptrolle für John Magaro aus „September 5“ und „Köln 75“
• Beeindruckendes Regiedebüt
• Gefeiert auf dem Sundance Film Festival
CREDITS:
Land / Jahr: USA 2025; Laufzeit: 83 Minuten; Regie: Cole Webley; Drehbuch: Robert Machoian; Besetzung: John Magaro, Molly Belle Wright, Wyatt Solis, Talia Balsam, Rachel Alig; Festival: Sundance Film Festival
REVIEW:
Kein US-amerikanischer Schauspieler ist aktuell so zuhause im deutschen Kino wie John Magaro. Erst war er als Geoffrey Mason einer der Protagonisten in Tim Fehlbaums Oscar-nominiertem „September 5“, aktuell spielt er im Berlinale-Erfolg „Köln 75“ von Ido Fluk niemand Geringeren als Keith Jarrett. Viel hat vermutlich nicht gefehlt, und er wäre für mindestens einen der beiden Filme sogar für den Deutschen Filmpreis nominiert worden. Eigentlich aber ist der 42-jährige natürlich ein Gewächs des amerikanischen Independent-Kinos. Für Richard Kelly („The Box“), Todd Haynes („Carol“) oder Phyllis Nagy („Call Jane“) stand er bereits vor der Kamera, Mainstream-Produktionen wie Angelina Jolies „Unbroken“ oder „The Big Short“ von Adam McKay sind in seiner Filmografie eher die Ausnahme. Nicht zuletzt die Regisseurinnen Kelly Reichardt (in dessen für Cannes angekündigten „The Mastermind“ er abermals mit von der Partie ist) sowie Celine Song sorgten mit „First Cow“ und „Showing Up“ beziehungsweise „Past Lives“ dafür, dass Magaros Stern ein wenig heller zu leuchten begann. Und vor einigen Wochen feierte nun beim Sundance Film Festival „Omaha“ Weltpremiere, in dem er seine bislang größte Hauptrolle spielt.
Das Regiedebüt von Cole Webley, basierend auf einem Drehbuch von Robert Machoian, ist ein in jedem Sinne kleiner Film, entstanden mit bescheidenen Mitteln und versehen mit einer überschaubaren Handlung. Eines frühen Morgens muss ein alleinerziehender Witwer (Magaro) überstürzt mit seinen beiden Kindern das Haus der Familie irgendwo in der Provinz der so genannten Flyover-States verlassen; die Zwangsvollstreckung steht unmittelbar bevor. In einem nur mit Anschubhilfe anspringenden Auto bricht er mit der neunjährigen Ella (Molly Belle Wright), dem sechsjährigen Charlie (Wyatt Solis) sowie Golden Retriever Rex und nur dem allernötigsten Gepäck Richtung Omaha auf. Wobei man erst ganz langsam in den folgenden knapp 90 Minuten zu erahnen beginnt, was am Ende dieses kleinen Roadtrips warten könnte.
Es mag nicht viel passieren in „Omaha“, doch gerade aus feinen Details und Beobachtungen gewinnt Webleys Film echte Größe. Kameramann Paul Meyers findet in seinen Bildern Momente von Schönheit und Glück auch dort, wo weder die Mitte der USA noch die Umstände der Familie solche vermuten lassen würden. Das erstaunliche Spiel der beiden Kinderdarsteller:innen atmet Spontanität und Wahrhaftigkeit in einem Maße, wie man es auf der Leinwand nicht häufig zu sehen bekommt. Und auch wenn Webley und Machoian sich insgesamt selten allzu weit vom Erwartbaren einer solchen Geschichte entfernen, umschiffen sie doch geschickt die meisten Kitsch- und Klischeefallen. Im Zentrum des Films ist es allerdings Magaro mit einer über weite Strecken stummen Performance, der „Omaha“ zu einem Ereignis macht. Jeder seiner Blicke transportiert die Tragik und Verzweiflung, aber eben auch die Liebe dieses Vaters, und wenn er selbst im Highway-Diner auf eine Mahlzeit verzichtet, damit seine Kinder genug zu essen bekommen, bricht einem das Herz. Nicht zuletzt seinetwegen darf und muss man hoffen, dass diese kleine Indepenent-Perle noch eine lange Festivalreise (etwa nach München oder Zürich) vor sich hat – und schließlich auch einen Verleih finden wird.
Patrick Heidmann