Western in klassischer Anmutung, in dem ein junger Mann von seinem todgeweihten Vater den Auftrag erhält, diejenigen zu sühnen, die ihn verraten haben.
FAST FACTS:
• Kompetenter Western in überzeugendem Look
• Versammelte Starpower mit Pierce Brosnan, Samuel L. Jackson und Veronica Ferres
• Weltpremiere auf dem 20. Zurich Film Festival
CREDITS:
Land / Jahr: USA 2024; Laufzeit: 93 Minuten; Regie: Richard Gray; Drehbuch: Lee Zachariah; Besetzung: Pierce Brosnan, Samuel L. Jackson, Brandon Lessard, Veronica Ferres, Q’orianka Kilcher
REVIEW:
Jeder neue Western ist Anlass zur Freude: Das amerikanischste aller Genres muss weiterleben, weil sich an ihm nicht nur amerikanische Gründergeschichte ablesen lässt, sondern stets auch über die Zeit erzählt wird, in der die Filme entstanden. Und zum Glück immer noch entstehen. „The Unholy Trinity“ von Richard Gray, der auf dem 20. Zurich Film Fest seine Weltpremiere feiert, reiht sich nahtlos ein in andere unabhängige Westernproduktionen der letzten Jahre. Spontan fallen „Dead for a Dollar“ von Walter Hill, „Old Henry“ von Potsy Ponciroli, „Slow West“ von John Maclean und „The Dead Don’t Hurt“ von Viggo Mortensen ein, mit überschaubaren Budgets entstandene Filme, die sich verneigen vor der Hochphase des Genres in den Fünfzigerjahren, ein bisschen Budd Boetticher, ein bisschen Delmer Daves, ein bisschen Anthony Mann, aber innerhalb der klassischen Konstruktion neue Drehs finden, ohne revisionistisch zu sein oder die Motive zu verraten.
Ein bisschen dauert es, bis man sich eingegroovt hat, bis auch der Film zu sich findet. Die ersten Szenen jedenfalls lassen noch keinen Rückschluss zu, dass man als Westernfan bestens unterhalten wird. Der Look ist erst einmal unauffällig, der Einsatz eines speziellen Objektivs in der ersten Szene, das die Ränder des Bilds unscharf werden lässt, trägt nicht unbedingt zur Wertigkeit des Inszenierten bei. Ein Mann wird erhängt. Bevor die Hinrichtung vollstreckt wird, hat er noch Zeit, seinem erwachsenen Sohn eine letzte Aufgabe auf den Weg mitzugeben: Der junge Mann soll den Sheriff der Kleinstgemeinde Trinity zur Strecke bringen, um ihm die gerechte Strafe dafür zukommen zu lassen und er für seinen Verrat büßen muss – nicht irgendein Mann: der Sheriff der Stadt. Und doch ist es gar nicht so sehr eine Rachegeschichte, sondern eine Geschichte vom Schmieden der richtigen Allianzen, um das so unheilige Örtchen des Filmtitels erblühen zu lassen in bestem Ford’schen Sinne.
In flotter Abfolge lernt man mit dem jungen Mann namens Henry Broadway eine ganze Reihe von Figuren kennen, die eine Rolle spielen werden: den neuen Sheriff Gabriel Dove, gespielt von Pierce Brosnan, dessen verwittertes Gesicht sich blendend macht in diesem Film, seine Frau Sarah, gespielt von Veronica Ferres in einem erfrischend handfesten Auftritt, die nicht minder patente Indigene Running Club, gespielt von Q’orianka Kilcher, einstmals die Pocahontas in Terrence Malicks „The New World“, sowie eine Gruppe weniger vertrauensvoll wirkender Gestalten, die alle in der einen oder anderen Form Kontrolle ausüben wollen in der Stadt. Und dann noch ein mysteriöser Fremder, entspannt gespielt von Samuel L. Jackson, den man erstmals sieht bei der Hinrichtung zu Beginn des Films: Als der verurteilte Mann ihn unmittelbar vor Vollstreckung des Urteils sieht, weiten sich im letzten Moment seines Lebens noch einmal seine Augen vor Schreck. Da ahnt man schon, dass mit ihm womöglich nicht gut Kirschenessen sein mag.
Das Ganze strahlt eine wohlige Kompetenz aus, ohne Bäume ausreißen zu wollen. Richard Gray ist kein visionärer Filmemacher, aber arbeitet mit der Durchsetzungskraft eines Hollywood-Pro und liefert ab nach dem etwas holprigen Start. Gerade der Showdown lässt die Bad-Segeburg-Anmutungen vergessen, weist hinaus über eine Westernshow-Revue, macht den Film sehenswert, der nur eine Schwäche nicht wirklich kompensieren kann: Der Darsteller der Hauptfigur kann den anderen Profis einfach nicht das Wasser reichen: Brandon Lessard spielt stets mit in den Filmen von Richard Gray, hat aber einfach nicht das Charisma, die nötig wäre, um in der Rolle einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen: Er bleibt ein Fremdkörper in einem Film, dem man allemal gerne zusieht, wie sich seine Stars in offenbar bibbernder Kälte darum Mühen, aus Trinity eine ordentliche Gemeinde zu machen.
Thomas Schultze