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REVIEW TV: „Ohne Jede Spur – Der Fall der Nathalie B.“


Von Esther Rauch inszenierter True-Crime-Thriller nach dem wahren Entführungsfall der österreichischen Triathletin Nathalie Birli.

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„Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B.“ mit Luise von Finckh und Dominic Marcus Singer (Credit: ARD Degeto/ORF/Zeitsprung Pictures/Graf Film/Toni Muhr)

CREDITS:
Land/Jahr: Deutschland/Österreich 2025; Regie: Esther Rauch; Drehbuch: Jonas Brand, Lia Perez; Besetzung: Luise von Finckh, Dominic Marcus Singer, Stefan Gorski, Benjamin Sadler, Aglaia Szyszkowitz, Claudia Kottal, Robert Stadlober, Thea Ehre; Kamera: Mario Minichmayr; Musik: René Dohmen, Joachim Dürbeck; Casting: Marc Schötteldreier, Marion Rossmann; Kostüm: Veronika Albert; Szenenbild: Veronika Merlin; Schnitt: Cordula Werner; Produktion: Zeitsprung Pictures, Graf Filmproduktion; ARD Degeto; Sender: ORF/ARD; Ausstrahlung Das Erste: 29. Mai, 20.15 Uhr

REVIEW:
Ohne jede Spur“ basiert auf einer wahren Begebenheit, und zwar auf der Geschichte von Nathalie Birli, österreichische Radrennfahrerin und Triathletin, die 2019, während sie in der Nähe ihres Wohnortes bei Graz Rennrad fuhr, von einem Mann überfallen und entführt wurde. Er brachte sie mit seinem Auto in sein in der Nähe gelegenes Haus und hielt sie dort für mehrere Stunden fest. Während dieser Zeit versuchte er mehrmals, sie umzubringen. Nach sieben Stunden gelang es ihr, den Entführer zu überreden, sie freizulassen und zurückzufahren.

Als True-Crime-Thriller wurde dieser Stoff von den beiden Erfolgsproduktionshäusern Zeitsprung Pictures und Graf Filmproduktion für ORF/ARD Degeto verfilmt. Das Genre hat nach wie vor Hochkonjunktur. Die großen Erfolge, die Anbieter wie Netflix bzw. FX/Sky mit Kreativen wie Ryan Murphy feiern (siehe „Dahmer“, „Menendez-Brüder“ bzw. siehe „American Crime Story“), sind Beweis genug. Was die Streamer können, können die Öffentlich-Rechtlichen bzw. deutschsprachige Anbieter auch. Aus jüngerer Zeit stechen Angebote hervor wie „Die Affäre Cum-Ex“ (ZDF) oder natürlich die Arbeit, die die Beetz Brothers auf diesem Gebiet seit vielen Jahren machen (mehr Doku bzw. Dokutainment). 

Bei „Ohne jede Spur – Der Fall der Nathalie B.“ ist das Produzententeam mit viel Fingerspitzengefühl vorgegangen, weil die Geschichte von Nathalie Birli mit Respekt und Authentizität erzählt werden sollte. Obwohl es sich um eine fiktive Aufarbeitung handelt, weicht die Handlung laut der echten Nathalie Birli kaum von den realen Geschehnissen ab.

In der Hauptrolle brilliert Luise von Finckh, als ihr psychisch-kranker Peiniger tritt Dominic Marcus Singer auf, der zuletzt in „Hagen – Im Tal der Nibelungen“ auffiel. In einer sensiblen Regie gelingt es der vielbeschäftigten österreichischen Regisseurin Esther Rauch (Drehbuch: Jonas Brand, Lia Perez), keinen Opferfilm zu inszenieren. Es ist vielmehr eine Art genau beobachtetes Psychogramm, oft mit kammerspielartigen Szenen, nur mit von Finckh und Singer in diesem verwahrlosten Haus, in dem er sie festhält und sie seinen unkontrollierten Wutausbrüchen ausgeliefert ist, während draußen im Wald eine von Nathalies Mann (gespielt von Stefan Gorski) initiierte, groß angelegte Suchaktion läuft, bei der später auch die Polizei (Claudia Kottal als engagierte Beamtin, Robert Stadlober als zunächst eher unmotivierter Kollege). Rauch verlässt nie Nathalies Perspektive, dieser jungen Frau, die zwar wehr- und machtlos ist und vielen gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt ist, die aber immer erhobenen Hauptes ihrem Täter in die Augen blicken kann.

Es sind intensive Szenen (hier wurde mit einer Intimacy Koordinatorin gearbeitet), wenn ihr Peiniger, dessen psychische Störung offenbar als von seinen Eltern verstoßenes, nicht geliebtes Kind herrührt, sie gefügig machen will, schwankend zwischen „seiner neuen Freundin“, die freiwillig mitgekommen ist, von ihm bekocht und gebadet und in einen alten, vielleicht von seiner geliebten Oma stammenden Morgenmantel gehüllt wird, und Hassobjekt auf die ach so gemeine Welt. Die Kamera von Mario Minichmayr, mit dem Rauch schon bei „Der Kommissar und der See“ und gerade bei „Neues Land“ arbeitete, wird oft zu Nathalies Auge, wenn sie ihren Selbstgespräche führenden Entführer aus einem kleinen Spalt in der Küche beobachtet oder wenn sie am Tisch sitzt und man ihn sieht, wie er wie ein Kleinkind zu „Heile Heile Segen“ eine kleine Wunde verbindet, nur um dann wieder aufzuspringen und zitternd vor Wut mit seinen inneren Dämonen kämpft. Dann richtet sich die Kamera aber auch immer wieder nah auf Nathalie, lässt dabei tief in ihr Inneres blicken, zeigt dieses ruhige Gesicht von Luise von Finckh, die nur mit Blicken ihren aus den Fugen geratenen Seelenzustand spielt. Doch sie lässt die Angst nie Oberhand gewinnen. Sie ist am Ende die Heldin. 

Barbara Schuster