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REVIEW TALLINN: „No Dogs Allowed“

Hartes Drama über einen 15-jährigen Jungen mit pädophilen Neigungen, der eine Entscheidung treffen muss, als die Polizei seinem viel älteren Mentor auf die Spur kommt.

CREDITS:
Land / Jahr: Deutschland 2024; Laufzeit: 106 Minuten; Regie: Steve Bache; Drehbuch: Stephan Kämpf; Produzenten: Felix Ruple, Marcos Kantis; Besetzung: Carlo Krammling, Robin Sondermann, Katharina Marie Schubert, Sean Douglas, Bineta Hansen, Sithembile Menck; Festival: Tallinn Black Nights Film Festival; Sender: ZDF; Ausstrahlung: 19. November

REVIEW:
Der 15-jährige Gabo ist zum ersten Mal in seinem Leben verliebt. In den siebenjährigen Bruder seines besten Freundes. Er weiß, dass seine Neigung falsch ist, weiß aber nicht, wie er damit umgehen soll, wem er sich anvertrauen kann. In einem einschlägigen Forum lernt er den viel älteren Dave kennen, der Verständnis für den Jungen hat, mit ihm über seine Gefühle spricht, seinerseits aber offenbar Interesse an Gabo hat und dessen Unsicherheit ausnutzt. Das ist die Ausgangssituation für „No Dogs Allowed“, das Filmdebüt von Regisseur Steve Bache, produziert von Felix Ruple sowie Marcos Kantis mit seiner Schiwago Film, das auf dem Tallinn Black Nights Film Festival im Erstlingswettbewerb Premiere gefeiert hat und nun gleich beim ZDF – Das kleine Fernsehspiel zur Ausstrahlung kommt. 

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Steve Baches „No Dogs Allowed“ mit Robin Sondermann und Carlo Krammling (Credit: ZDF)

Es ist ein mutiger Film, weil er sich an ein gesellschaftlich aufgeladenes Reizthema wagt, dabei aber ganz ruhig bleibt, nicht den Stab bricht über seine Figuren. Er sieht zu und beobachtet, ist nah dran an seiner Hauptfigur, ein ganz normaler Jugendlicher, angesehen bei seinen Freunden, interessiert an 3D-Modellbau, bemüht, seine labile und generell überfordert wirkende Mutter zu unterstützen, bei der er lebt. Und der damit ringt, damit zurechtzukommen, dass da ein Bedürfnis in ihm ist, das er nicht haben will, dem er aber dennoch nicht entkommen kann. Das wiederum macht ihn anfällig für die Avancen des väterlichen Freund und Mentors, dessen Anteilnahme eben doch nur ein Mittel zum Zweck ist, Gabo gefügig zu machen: Biedermann und Predator. „No Dogs Allowed“ ist dennoch kein Täterfilm. Er entschuldigt nichts, er beschönigt nichts, er sucht keine Ausflüchte. 

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Steven Baches „No Dogs Allowed“ (Credit: ZDF)

Die Situation spitzt sich zu, als die Polizei sich bei Gabo meldet, es sei Anzeige erstattet worden gegen besagten David wegen pädophilen Missbrauchs, und sein Name sei in dessen Telefonkontakten gefunden worden. Zunehmend wird der Druck auf den Teenager erhöht, dessen gesamtes Leben aus der Spur zu laufen droht. In vielerlei Hinsicht ist „No Dogs Allowed“ ein Coming-of-Age-Film, orientiert sich an den Parametern des Subgenres: Erwachsenwerden, Pubertät, Schwärmerei, sexuelles Erwachen. Nur dass sich die sexuellen Gefühle durchaus zum Entsetzen der Hauptfigur in Richtung kleiner Jungs richten. Daraus entwickelt sich ein komplexes Geflecht, das keine Gewinner kennt. Wie auch, wenn man das Sujet so ernst nimmt, wie es das auf einem wahren Fall beruhende Drehbuch von Stephan Kämpf tut? 

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Steve Baches „No Dogs Allowed“ mit Carlo Krammling (Credit: ZDF)

Der Film nimmt kein Blatt vor den Mund, setzt sich ehrlich und aufrichtig mit seinem Thema auseinander, weiß auch, in der Bebilderung nicht übermäßig drastisch zu sein, und dennoch nicht wegzublicken. Vor allem ist die Auseinandersetzung nicht dogmatisch, verliert nie die menschliche Dimension aus den Augen. Beeindruckend die darstellerische Leistung von Carlo Krammling in seiner ersten Hauptrolle, ein 22-jähriger Schauspieler mit einem sehr jugendlichen Gesicht, dem man den 15-Jährigen ebenso abnimmt wie die tiefen seelischen Konflikte, die seine Figur in den 105 Minuten der Handlung mit sich auszufechten hat, die Erkenntnis, dass es keinen guten Ausweg gibt aus einer Veranlagung, die ihn sein ganzes Leben lang isolieren und zum Außenseiter machen wird – wenn er das Richtige macht in diesem Fall, dann erst recht. Alles kulminiert in einer Szene mit Gabos älterer Schwester, einem Geständnis und nackter Verzweiflung. Diesen Moment vergisst man nicht so schnell. . 

Thomas Schultze